Hypo Real Estate:Ex-Chef klagt gegen den Rauswurf

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Der frühere Hypo-Real-Estate-Vorstand Georg Funke wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe die Bank zu riskant geführt.

Klaus Ott

Mit der Vergangenheit will die Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) nicht mehr viel zu tun haben. Sie taumelt von einer Krise zur nächsten und braucht mehr staatliche Hilfen als jedes andere Kreditinstitut in Deutschland.

(Foto: Foto: AP)

Der Vorstand ist mittlerweile komplett umbesetzt, nachdem zuvor bereits der Aufsichtsrat erneuert worden war. Doch die eigene Geschichte holt den international tätigen Finanzkonzern mit Stammsitz in München zwangsläufig immer wieder ein. Vieles ist noch aufzuklären, viele Fragen nach der Schuld für den Beinahe-Kollaps im Herbst sind noch zu beantworten.

Mit aller Macht gegen die Vorwürfe

Der langjährige, im Oktober 2008 zurückgetretene Vorstandschef Georg Funke mag auf keinen Fall die Rolle des Bösewichts spielen. Der neue Aufsichtsrat hatte im Dezember, kurz vor Weihnachten, den 53-jährigen Funke wegen vermeintlich gravierender Fehler nachträglich fristlos gekündigt, ebenso wie den bis dahin amtierenden Finanzchef Markus Fell.

Und ebenso wie Fell wird nach Informationen der SZ nun auch Funke gegen seinen Rauswurf beim Landgericht München Klage einreichen. Der frühere Vorstandschef möchte den Vorwurf aus der Welt schaffen, er und seine damaligen Kollegen hätten mit einer zu riskanten Finanzierung der HRE-Tochterbank Depfa in Irland den ganzen Konzern gefährdet und fast in die Pleite geführt. Wegen dieses Verdachts ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen Funke, Fell und weitere sechs Ex-Vorstände wie auch gegen den früheren Aufsichtsratschef Kurt Viermetz.

Öffentlich äußert sich Funke zu alledem und zu seiner Klage gegen die fristlose Kündigung nicht. Sein Anwalt Franz Heiss war nicht erreichbar. Auch Ex- Aufsichtsratschef Viermetz, 69, der im Oktober 2008 wenige Tage nach Funkes Abschied ebenfalls zurückgetreten war, schweigt derzeit.

Er gibt keine Stellungnahmen ab, auch nicht zu den rund 200.000 Euro, die ihm an Bezügen für 2008 vertraglich noch zustünden, die er aber vorerst nicht bekommt. Viermetz muss wohl noch lange warten, bis er Geld sieht, falls er überhaupt noch etwas erhält.

Nach Angaben aus HRE-Kreisen hat der neue Aufsichtsrat bei seinem Amtsantritt im Dezember sogleich die Modalitäten für die Auszahlung der Bezüge geändert, schnell genug, damit nichts mehr an Viermetz überwiesen werden musste.

Unter normalen Umständen, ohne die weltweite Finanzkrise und deren verhängnisvollen Auswirkungen, wäre Ende 2008 die erste Hälfte der Bezüge für das vergangene Geschäftsjahr auf dem Konto von Viermetz eingegangen - also rund 100.000 Euro, als eine Art Abschlagszahlung. Die andere Hälfte hätte Viermetz nach der nächsten Aktionärsversammlung im Frühjahr oder Sommer kassiert. Doch jetzt gibt es erst einmal gar nichts.

Offenbar will sich die neue HRE-Spitze nicht nachsagen lassen, bei den Vorgängern großzügig zu sein, zumindest solange wegen des finanziellen Desasters noch gegen Viermetz, Funke und andere Manager ermittelt wird. Nur dank Kreditlinien und Garantien in Höhe von 92 Milliarden Euro, die vor allem vom Staat stammen, kann das Geldinstitut überleben.

"Der gänzlich falsche Weg"

Der neue Aufsichtsrat hat nach Angaben aus HRE-Kreisen verfügt, dass es für die Mitglieder des Kontrollgremiums keine Abschlagszahlungen mehr gibt. Die Aufsichtsräte erhalten sämtliche Bezüge für das vergangene Geschäftsjahr künftig erst nach der nächsten Hauptversammlung der Aktionäre - vorausgesetzt, dass die Anleger den Kontrolleuren für die abgelaufene Amtszeit bescheinigen, ihre Arbeit ordentlich gemacht zu haben.

Damit ist bei Viermetz ohnehin so schnell nicht zu rechnen. Bei großen Unternehmen ist es mittlerweile üblich, keine Manager zu entlasten, gegen die ermittelt wird. Die Aktionäre entscheiden erst, wenn die Ermittlungsverfahren abgeschlossen sind. Und das ist im Fall HRE wegen der überaus komplizierten Materie so rasch nicht zu erwarten. Zuletzt kassierte Viermetz 232.000 Euro für das Geschäftsjahr 2007.

Der gebürtige Augsburger hat bei internationalen Geschäftsbanken Karriere gemacht und war einer der mächtigsten Aufsichtsräte in Deutschland, mit Mandaten bei Ruhrgas, der Deutschen Börse und anderswo. Er leitete das Kontrollgremium der Hypo-Vereinsbank, aus der 2003 die HRE hervorging.

Auch dort übernahm der Schwabe den Aufsichtsratsvorsitz, bis er im Oktober 2008 zurücktrat. Wenige Monate zuvor hatte Viermetz noch vor Politikern gewarnt, "die jetzt wieder die Stunde des Staates kommen sehen". Als HRE-Aufsichtsratschef wandte er sich bei einem Vortrag in Frankfurt gegen die Ansicht, die Märkte hätten versagt, jetzt müsse der Staat kommen und es wieder richten. "Das wäre in meinen Augen der gänzlich falsche Weg", sagte Viermetz.

Nun muss die HRE voraussichtlich verstaatlicht werden, weil wohl nichts anderes mehr übrig bleibt, um das Kreditinstitut zu retten und große Schäden vom deutschen Bankensystem abzuwenden.

© SZ vom 29.01.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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