HSH Nordbank:Die Wahrheit des Dirk Jens Nonnenmacher

Lesezeit: 3 min

Hat HSH-Nordbank-Chef Nonnenmacher mit dubiosen Methoden den Rauswurf eines Kollegen provoziert? Nun äußert er sich zu diesem Vorwurf.

Kristina Läsker

Eine halbe Stunde ist am Freitagmorgen vergangen. Konzentriert und ohne Lächeln hat Dirk Jens Nonnenmacher referiert, wie die verschuldete HSH Nordbank ihrem Ziel näher kommt, 2011 wieder Gewinne zu machen. Da wird es ganz still im Konferenzsaal im achten Stock der Bank, hoch über der City von Hamburg. Er wolle ein paar persönliche Bemerkungen machen, sagt der 47-Jährige. Das Tuscheln von Journalisten und Fotografen erstirbt.

"Das alles geht bis zur Grenze des Erträglichen und weit darüber hinaus", sagt Nonnenmacher. "Das geht auch an den Führungskräften nicht spurlos vorüber." (Foto: ddp)

Es ist das erste Mal, dass sich der Bankchef zu dem äußert, was sie außerhalb der Landesbank längst die Spitzelaffäre nennen. Eine Affäre, in der es um verwanzte Vorstandsbüros, gezinkte Papiere, abgehörte Telefonate und den Rauswurf von Ex-Vorstand Frank Roth geht. Wo es viele Wahrheiten gibt und wo ständig neue Papiere und ständig neue Anwälte auftauchen. An diesem verregneten Sommertag nun soll man sie erfahren: die Wahrheit des Dirk Jens Nonnenmacher.

In diesem Moment bröckelt die strenge, beizeiten arrogant wirkende Fassade. "Das alles geht bis zur Grenze des Erträglichen und weit darüber hinaus", sagt der Bankchef. "Das geht auch an den Führungskräften nicht spurlos vorüber." Er beschreibt, wie er 2007 als Finanzvorstand begonnen hat. Wie die Bank durch hochriskante Geschäfte, er nennt sie "prozessuale Schwäche", an den "Rand des Abgrunds" gerät. Wie er als neuer Chef eine "Radikalkur" einleitet, um das Institut zu retten. Nonnenmacher klingt wie einer, der sich nach Anerkennung sehnt, weil er doch so hart arbeitet.

Für die Ergebnisse hätte er Respekt verdient. Die Halbjahreszahlen überraschen: Wegen der niedrigen Risikovorsorge sank der Nettoverlust im Vergleich zum Vorjahr von 619 auf 380Millionen Euro. Doch so mancher hält die dafür nötige Radikalkur für zu drastisch. Die Staatsanwaltschaft etwa ermittelt gegen Nonnenmacher wegen des Verdachts der Untreue und des Bilanzbetrugs. Statt prozessualer Schwächen habe die Bank eher unter den Schwächen der Chefetage gelitten, argwöhnen die Fahnder.

Auch der Ex-Kollege Roth gehört dazu: Mit einer Schiedsklage will er eine Wiedergutmachung erreichen für seinen Rauswurf im April 2009. Die Bank wiederum will eine Beschwerde einleiten, weil die Kieler Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Roth einstellte - weil sich nichts beweisen ließ. Nonnenmacher zeigt sich unberührt. "Die Abberufung von Frank Roth ist inhaltlich wie formal nicht zu beanstanden."

Dann erzählt er, was längst durchgesickert ist: 2009 habe es "ein Leck" gegeben, aus dem "unendlich viel Material aus der Bank nach draußen gegangen ist". Gemeinsam mit Chefjurist Wolfgang Gößmann präpariert er nächtens ein Strategiepapier, jeder der vier Mitvorstände erhält ein anderes. Um das Leck zu finden. Fragen danach, ob nicht der Aufsichtsrat so etwas hätte machen müssen, wiegelt er ab. "Das ist ein rechtmäßig einwandfreies Verfahren."

Nonnenmachers Miene ist nun wieder streng. Sie lässt keine Fragen zu, was diese Aktion für die Unternehmenskultur der Bank bedeutet: Wenn einer dem anderen misstraut und ihm gezinkte Papiere unterschiebt. Nonnenmacher, das wird deutlich, hat diese Kultur des Misstrauens gepflegt: "Wir haben auch in anderen Gremien Unterlagen individualisiert."

Alle anderen Bespitzelungsvorwürfe weist er zurück. Von ihnen habe er Mitte August erstmals erfahren. Nachzulesen sind diese Vorwürfe im Protokoll eines Gesprächs, das der Betriebsratschef Olaf Behm mit einem ehemaligen Sicherheitsberater Ende Juli geführt hat.

Dieser hat demnach im Auftrag von HSH-Mitarbeitern gezielt an Roths Abgang gearbeitet. So verwanzte er laut Protokoll dessen Büro, brach in dessen Wohnung ein und verschickte in Roths Namen die gezinkten Papiere. Was zu dessen Abgang führte. Was nach zu viel Detail klingt, um gelogen zu sein, hat der 42-jährige Berater inzwischen widerrufen. Am Montag zog er seine Aussagen zurück; es ist eine der vielen seltsamen Volten der Affäre.

Nonnenmacher hält das Protokoll für ominös. "Ich habe niemals derartige Aufträge erteilt oder gebilligt." Die kraftvollen Worte mögen auf der Aufsichtsratssitzung vom Vortag beruhen. Dort hatte sich Chefkontrolleur Hilmar Kopper hinter ihn gestellt und Behm attackiert. Später ließ Kopper mitteilen, dass eine Wirtschaftsprüfung und eine Kanzlei die Vorgänge prüfen. Ihre Einschätzungen dürften spätestens zur nächsten Sitzung der Aufseher in vier Wochen vorliegen.

Der Affäre hat die Sitzung im Saal viele neue Fragen beschert. Bei dem sonst so kontrollierten Nonnenmacher lagen gegen Ende die Nerven blank. Ob der Aufsichtsrat wirklich voll hinter ihm stehe? Die Antwort ist zackig, der Ton eisig: "Seien Sie sich sicher", sagt der Bankenchef, "dass ich mir sicher bin, dass ich das uneingeschränkte Vertrauen des gesamten Aufsichtsrats habe."

© SZ vom 28.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: