Günstige Kredite:Guter Schuldner... schlechter Schuldner

Lesezeit: 2 min

Obwohl die Leitzinsen steigen, machen nur wenige Banken Ratenkredite offiziell teurer. Gut für Kunden, sollte man meinen. Doch es drohen verdeckte Preisanstiege - etwa durch eine plötzlich schlechtere Bonität.

Caspar Dohmen

Immer weniger Banken verteuern Ratenkredite nach Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB). Egal ob Citibank, Norisbank oder Santander Consumer Bank - fast alle behalten die Konditionen bei.

Dies entspricht einem Trend, den auch Marcus Preu vom Verbraucherportal www.biallo.de beobachtet. Nach seinen Worten verhalten sich die Banken bei Ratenkrediten anders als etwa bei den Konditionen für Baufinanzierungen oder Überziehungskredite. Dort würden Kunden relativ rasch mit den Folgen von Zinserhöhungen konfrontiert.

Preu verweist auf den hohen Wettbewerbsdruck bei Konsumentenkrediten. Gleichzeitig warnt er vor versteckten Anpassungen, beispielsweise durch eine Veränderung der Bonitätsberechnung. Dann werden Kredite trotz vermeintlich gleicher Zinssätze teurer, weil Kunden schlechter eingestuft werden.

Teilweise bieten Institute sogar Ratenkredite billiger als noch vor kurzem an. So plant die schwedische SEB Bank in Deutschland eine Aktion mit Nullzins-Krediten, erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Bankenkreisen.

Ein Ratenkredit mit null Prozent Zinsen

Neue Kunden sollen einen Konsumentenkredit von maximal 2000 Euro zu einem Zinssatz von null Prozent erhalten. Ein Sprecher der Bank wollte das Angebot nicht kommentieren, verwies aber auf regelmäßige Sonderaktionen des Instituts.

Die EZB hatte vergangene Woche die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte auf vier Prozent angehoben. Viele Analysten rechnen mit einem weiteren Zinsschritt der EZB im September, ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte.

Seit Ende 2005 hat die EZB die Zinsen in sechs Schritten angehoben. Allerdings gaben die Konditionen für Konsumentenkredite laut Preu teilweise noch bis Mitte 2006 nach. Seitdem verteuerten sich die Kredite.

Als wichtigste Ursache für die zeitverzögerte Anpassung sehen Experten den Wettbewerb unter den Banken, von denen viele das Konsumentenkredit-Geschäft forciert haben.

Dieses stabile Geschäft ist für die Banken mit vergleichsweise geringen Risiken verbunden, zumal viele Banken sich komplett absichern, indem sie einen Großteil der Konsumentenkredite mit Restschuldversicherungen verkaufen.

Die günstigsten Anbieter sind laut Preu immer schwerer ermittelbar. Vergleichen ließen sich die Angebote immer weniger, weil die Anbieter immer stärker nach der Bonität der Kunden differenzierten.

Der Experte bemängelt, Testpersonen hätten trotz bester Bonitätsangaben nie die günstigsten Konditionen angeboten bekommen. Dies deckt sich mit den Erfahrungen der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Das tatsächliche Kreditangebot weiche häufig von den Werbeaussagen ab, warnt vzbv-Finanzexperte Manfred Westphal. Selbst in einem Nullzins-Angebot könnten Verwaltungskosten enthalten sein.

Anders als in anderen Ländern dürften die Banken in Deutschland mit Kreditkonditionen werben, die nur ein Bruchteil der Kunden am Ende in Anspruch nehmen könne, kritisiert Westphal.

Anders sei dies etwa in Großbritannien. Dort dürfe eine Bank nur Angebote bewerben, die zwei Dritteln der Kunden offenstehen. In die Irre führten den Verbraucher auch lukrative Kreditangebote mit kurzen Laufzeiten.

"Wer schließt denn schon einen Kredit über 10.000 Euro für ein Jahr ab?'' fragt Westphal. Er warnte außerdem, die massive Werbung für Konsumentenkredite führe zu einer unvorsichtigeren Inanspruchnahme der Verbraucher und damit zu einer höheren Verschuldungsgefahr.

Vorwurf des Wuchers

Insgesamt beläuft sich das Volumen von Ratenkrediten in Deutschland auf rund 130 Milliarden Euro. Der Großteil wird in bar ausgezahlt, der Rest dient zur direkten Finanzierung größerer Anschaffungen wie Autos oder Elektrogeräte.

Besonders beklagen Verbraucherschützer, dass Kunden meist teure Kreditversicherungen abschließen sollen. Die Kopplung von Ratenkrediten und Restschuldversicherungen hatte die vzbv-Chefin Edda Müller Anfang des Jahres als neue Form des Kreditwuchers beschrieben.

Berechne man die Kreditkosten einschließlich der Kosten für die Restschuldversicherung, betrage die effektive Kostenbelastung bis zu 40 Prozent. Diese Aussage stützte der vzbv auf eidesstattliche Versicherungen von Kunden und forderte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zum Einschreiten auf.

Bislang gebe es keine Hinweise auf eine unrechtmäßige Kopplung zwischen Krediten und Restschuldversicherung, sagte ein Sprecher der Finanzaufsicht auf Anfrage.

Allerdings habe die Aufsicht die betroffenen Banken bislang nicht mit den konkreten Fällen konfrontieren können, weil sie dazu eine Einwilligung der einzelnen Kunden brauche, die sie noch nicht erhalten habe.

© SZ vom 15.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: