Griechenland: Finanzmärkte:Panik an den Börsen

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Milliardenhilfen? War da was? Die Kurse griechischer Anleihen sind am Freitag plötzlich abgestürzt - und die Aktien an den großen Börsen gleich mit. Die Angst ist wieder da.

Wieder beherrscht Angst das Geschehen an den Finanzmärkten: Der deutsche Aktienindex Dax gab am Freitag zeitweise um mehr als vier Prozent nach. Der Ölpreis (WTI) fiel um drei Prozent. Für zweijährige griechische Staatsanleihen waren die Kursverluste so groß, dass die Rendite auf kaum glaubliche 21 Prozent stieg. Zum Vergleich: deutsche Staatspapiere hatten nur eine Rendite von 0,5 Prozent.

Das auf 110 Milliarden Euro ausgeweitete Hilfspaket von Euro-Staaten und Weltwährungsfonds IWF die Anleger nur vorübergehend beruhigt. (Foto: Foto: AFP)

Das auf 110 Milliarden Euro ausgeweitete Hilfspaket von Euro-Staaten und Weltwährungsfonds IWF hatte die Anleger nur vorübergehend beruhigt. Zu Wochenanfang waren die Renditen zehnjähriger Papiere auf unter neun Prozent gefallen. Am Freitag stiegen sie auf einen neuen historischen Rekord von 12,7 Prozent - ein Niveau, das sonst nur bei afrikanischen Chaosstaaten oder Ländern wie Argentinien zu beobachten ist, die eine Staatspleite hingelegt haben.

Hässliche Szenen

Bereits am Donnerstag waren die Schuldenprobleme Griechenlands und anderer südeuropäischer Staaten für den historischen Kursrutsch an der New Yorker Börse verantwortlich gemacht worden.

Der Dow Jones rutschte zeitweise neun Prozent ab, es spielten sich Szenen wie nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers ab, die im Herbst 2008 die Finanzkrise eskalieren ließ, die weltweit Millionen Arbeitsplätze kostete.

Auch am Freitag konnte über die Gründe für den historisch einmaligen Kursrutsch spekuliert werden. Einig sind sich die meisten Händler darin, dass Sorgen über die Schuldenprobleme in Europa belasten. Doch niemand hatte für möglich gehalten, dass die Börsen derartig einbrechen könnten.

Als möglicher Auslöser des Crashs galt zunächst eine Panne beim Handel mit Aktien des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble, an sich einer der stabilsten Werte weltweit. Binnen zwei Minuten verloren die Papiere 35 Prozent. In New York kursierte das Gerücht, ein Händler habe versehentlich 16 Milliarden statt 16 Millionen Aktien des Konzerns verkauft. Diese Erklärung gilt inzwischen jedoch als falsch.

Um die wahren Gründe für den Kurssturz zu finden, haben die Börsenaufsicht SEC und die Wertpapierbehörde CFTC Ermittlungen aufgenommen. Die Börsen wollen zudem Transaktionen für ungültig erklären, die während des Crashs abgeschlossen wurden. Einzelne Aktien, etwa die Papiere der Beratungsfirma Accenture, verloren innerhalb weniger Augenblicke fast ihren gesamten Wert. Kurz darauf schoss ihr Kurs wieder nach oben.

Reaktion auf Stresssignale

Als wahrscheinlich gilt, dass die ultraschnellen Handelscomputer von Banken und Investmentfirmen eine erhebliche Rolle bei dem Absturz spielten. Die Großrechner sind so programmiert, dass sie auf Stresssignale reagieren. Am Donnerstagmittag registrierten die Systeme einen massiven Wertverlust des Euro gegenüber dem japanischen Yen. Dies werteten sie als Indikator dafür, dass Investoren riskante Handelspositionen auflösten. Schlagartig gaben die Computer Millionen von Verkaufsordern ab.

Als dann die Kurse unerwartet heftig einbrachen, schalteten sich einige Rechner aus, eigentlich eine Vorsichtsmaßnahme. Am Donnerstag führte dies jedoch dazu, dass das Handelsvolumen drastisch schrumpfte und sich praktisch keine Käufer mehr fanden. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass die Computer während einer Aussetzung für einzelne Aktien an der New Yorker Börse (NYSE) auf andere Handelsplattformen auswichen.

Am Freitag gaben die Börsen in Asien stark nach, die japanische Notenbank intervenierte. Später erholten sich die Aktienmärkte etwas, unerwartet gute Zahlen vom US-Arbeitsmarkt verbesserten die Stimmung der Anleger. Dann schlug nach 16 Uhr wieder die Nervosität wegen der Krise in Griechenland durch. Binnen weniger Minuten fielen die Kurse auch in Amerika drastisch. Nur der Euro stagnierte nach den großen Verlusten der vergangenen Tage auf niedrigem Niveau bei 1,26 Euro, ohne weiter zu fallen.

Die deutschen Finanzkonzerne präzisierten ihre Zusage vom Dienstag, in Griechenland engagiert zu bleiben. Deutsche Banken und Versicherer wollen im Volumen von acht Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren Kredite verlängern und Staatsanleihen halten, um Athen zu stützen. Allerdings halten sich die Finanzkonzerne offen, ob sie dies wirklich tun. Das gesamte Engagement der Banken in dem Land ist auch weit höher.

© SZ vom 08.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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