Greenspan und der Euro:Von wegen Leitwährung

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Der frühere US-Notenbankchef feiert den Euro - kann ihn sich sogar als weltweit führende Währung vorstellen. Doch es ist nur ein Lob. Mehr nicht.

Hans von der Hagen

Alan Greenspan war in seiner Zeit als US-Notenbankchef ein Star, die gefühlte Oase in der trockenen Welt des Geldes. Er setzte Instinkt neben Zahlen, konnte drohen, wenn Anleger euphorisch wurden, Hoffnung verbreiten, wenn Trübsal wucherte, und retten, wenn es ernst wurde in der Welt der Wirtschaft. Darum: Wenn Greenspan sprach, hörten die Leute hin.

In letzter Zeit ist das Publikum kleiner geworden, obwohl Greenspan mehr und deutlicher redet als je zuvor. Da tut es gut, noch einmal auf der großen Bühne zu stehen: Greenspan hat seine Lebenserinnerungen vorgelegt.

Der Verlag Penguin Press soll acht Millionen Dollar Vorschuss an Greenspan gezahlt haben. Nun muss der Verlag mit dem Buch auch Geld verdienen.

Hui und Pfui

Wie das geht? Man haut auf die große Pauke! Das kann Greenspan - auch da stimmen die Instinkte. So gab es unlängst ein lautes Pfui für die USA und nun ein Hui für Europa. Damit sind die Märkte abgedeckt, in denen sich das Buch am ehesten verkaufen könnte.

Das Pfui für die Vereinigten Staaten war eine Attacke gegen die Regierung Bush: Gesteuert von der Gier nach Macht habe sie opportunistisch und kurzsichtig gehandelt und damit die Staatsfinanzen zerrüttet. Schreibt Greenspan.

Das ist es, was die die Leute hören wollen, darum verkaufen sich solche Worte gut - vor allem, wenn sie von einem kommen, der den Republikanern nahe steht.

Der alte Kontinent erhält indes ein Hui für die Europäische Zentralbank und den Euro. Greenspan räumt ein, dass er anfangs nicht an den Erfolg der EZB geglaubt habe. Jetzt lobt er, weil er sich getäuscht hat. Und verschenkt ein Zuckerl obendrein: Der Euro, sagt Greenspan, könnte den Dollar sogar als Leitwährung ablösen. Wann - das sagt er klugerweise nicht.

Der Euro als Leitwährung? Das hören die Europäer gerne und es wird durch die Euro-Stärke scheinbar noch untermauert. Wer hätte nicht gerne die Weltleitwährung im Portemonnaie.

Es würde bedeuten, dass der Euro weltweit breitere Aktzeptanz fände als der Dollar, Rechnungen im internationalen Handel überwiegend auf Euro lauteten, Rohstoffe wie Rohöl und Metalle in Euro notierten und die Zentralbanken größtenteils Euro als Reservewährung hielten.

Nur: Nichts von dem ist Realität. Und nichts von dem ist absehbar.

Greenspan betont zwar, dass die Zentralbanken bereits ein Viertel ihrer Devisenreserven in der Gemeinschaftswährung halten. Doch damit liegt der Euro noch immer um Längen hinter der US-Währung: Zwei Drittel der weltweiten Devisenreserven lauten auf Dollar.

Und es sieht ganz so aus, als wollten die internationalen Zentralbanken das Verhältnis beibehalten: Der Euro-Anteil an den Devisenreserven hat sich seit einem kräftigen Anstieg 2002 in den letzten Jahren nicht mehr nennenswert geändert.

Auch im internationalen Handel dominiert nach wie vor der Dollar, allein schon, weil praktisch das gesamte Rohstoffgeschäft in Dollar abgewickelt wird.

Selbst wenn Länder wie Iran oder Venzuela aus politischen Gründen Öl in Euro verkaufen wollen - eine Wende hin zum Euro ist auch hier nicht in Sicht. Schon aus praktischen Erwägungen: Wer Dollar einnimmt, bezahlt auch in Dollar und spart sich damit den Umtausch.

Keine Frage: Das Ansehen des Dollar leidet unter den hohen Defiziten der US-Wirtschaft und der Immobilienkrise - der Euro hat im Gegenzug sein Image als Verliererwährung abgelegt.

Doch wenn Greenspan den Euro zur Leitwährung hochredet, darf man das nicht missverstehen: Es ist ein großes Kompliment für die EZB, ein kleiner Seitenhieb für die Regierung Bush - vor allem aber der Appetitanreger für ein Buch.

So gesehen war Greenspan noch einmal ganz der Alte: "Ich weiß, dass Sie glauben, Sie wüssten, was ich Ihrer Ansicht nach gesagt habe. Aber ich bin nicht sicher, ob Ihnen klar ist, dass das, was sie gehört haben, nicht das ist, was ich meinte."

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