Gewerbesteuer-Reform scheitert:Kommunen klammern sich an ihren Schatz

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Der Finanzminister hat verhandelt, verhandelt, verhandelt - doch nun ist die Reform der Gewerbesteuer geplatzt. Die Kommunen wollen sich nicht darauf einlassen, dass ihnen ihre wichtigste Einnahmequelle genommen wird. Der Bund hatte ihnen einen Ersatz versprochen, der nicht so stark von der Konjunktur abhängig ist. Doch das Misstrauen war zu groß.

Claus Hulverscheidt, Berlin

Es ist eines der Dauerthemen der Republik: Seit langem verhandeln Bund, Länder und Gemeinden über eine Reform oder Abschaffung der Gewerbesteuer. Und nun - ist alles gescheitert. Wie aus Verhandlungskreisen verlautet, konnten sich die Unterhändler nicht auf eine gemeinsame Position für die abschließende Sitzung der Gemeindefinanzkommission am kommenden Mittwoch im Bundesfinanzministerium verständigen. Damit bleibt bei der Gewerbesteuer aller Voraussicht nach alles beim Alten.

Rathausanbau in Neuenhagen bei Berlin im Mai 2011. (Foto: dapd)

Die Steuer ist mit einem Aufkommen von voraussichtlich knapp 39 Milliarden Euro in diesem Jahr die wichtigste eigene Einnahmequelle der Kommunen. Sie ist bei den Bürgermeistern beliebt. Das Aufkommen wächst über die Jahre, auch wenn es 2009 und 2010 zu einem Einbruch kam.

Seit mehr als einem Jahrzehnt wird in Deutschland um die Steuer gerungen: Die Wirtschaftsverbände, die FDP und Teile der Union wollen sie abschaffen, für sie handelt es sich um einen "Fremdkörper im System". Fast alle Städte und Gemeinden - auch die unionsregierten - halten dagegen an ihr fest. Sie misstrauen dem Angebot des Bundes, der für ein Entgegenkommen eine andere, weniger konjunkturanfällige Geldquelle erhalten will, etwa eine höhere Beteiligung am Einkommen-, Körperschaft- oder Umsatzsteueraufkommen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte den Städten und Gemeinden im vergangenen November ein konkretes Modell vorgeschlagen. Danach hätte jede Kommune künftig einen Zuschlag auf die Einkommensteuer erheben dürfen. Die Höhe dieses Zuschlags sollte jede Gemeinde innerhalb einer Bandbreite selbst festlegen dürfen. Damit wäre es möglich geworden, dass ein Arbeitnehmer in Köln einen anderen Steuersatz zahlt als einer in München, obwohl beide das gleiche Gehalt erhalten. Dass sich dieses Modell nicht durchsetzen lässt, hatte Schäuble bereits eingeräumt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte daraufhin Anfang Mai bei der Jahresversammlung des Deutschen Städtetags, dass die Bundesregierung ihr Bemühen um eine Abschaffung der Gewerbesteuer eingestellt habe - "aus Einsicht", wie sie sagte, "und aus Einsicht in die Machtverhältnisse".

Beide hofften aber bis zuletzt darauf, dass zumindest eine Reform der Steuer gelingen werde. Konkret war vorgesehen, wie schon in früheren Jahren, nur den Gewinn, nicht aber sogenannte ertragsunabhängige Elemente wie Zins-, Miet- und Leasingzahlungen mit der Abgabe zu belegen. Die zu erwartenden Steuerausfälle von bis zu 1,5 Milliarden Euro wollte der Bund den Gemeinden ersetzen. Mieten und Zinsen werden derzeit belastet, weil sie das Gewerbesteueraufkommen weniger anfällig für Konjunkturschwankungen machen - und weil viele Firmen solche Zahlungen konzernintern allein mit dem Ziel eingeführt hatten, Erträge steuersparend zu verschieben.

Auch diese Reform ist nach Angaben aus Verhandlungskreisen vom Tisch. Damit bleibt als einziger größerer Erfolg der Gemeindefinanzkommission die Zusage Schäubles, dass der Bund den Kommunen künftig die Zahlungen an Ruheständler abnimmt, die gar keine oder eine zur Sicherung des Existenzminimums nicht ausreichende Rente erhalten. Die Ausgaben für die sogenannte Grundsicherung im Alter belasten die Städte und Gemeinden derzeit mit fast vier Milliarden Euro pro Jahr, mittelfristig werden die Kosten aller Voraussicht nach auf sieben Milliarden Euro anwachsen. Schäuble war koalitionsintern vorgeworfen worden, den Kommunen dieses Zugeständnis gemacht zu haben, ohne von ihnen ein Entgegenkommen bei der Gewerbesteuer zu verlangen.

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), sagt der Süddeutschen Zeitung, er sei "nach den strapaziösen Irrungen und Wirrungen in der Gemeindefinanzkommission froh und erleichtert, dass die Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird". Die Gewerbesteuer sei eine gute Steuer, ohne die es den Kommunen nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise eindeutig schlechter ginge. Allein lösen könne die Steuer die gravierenden Finanzprobleme vieler Kommunen allerdings auch nicht, da die finanzielle Belastung der Gemeinden weniger der Einnahmenseite als vielmehr den zu hohen Ausgaben geschuldet sei. "Deshalb ist unsere Forderung, den Kommunen das schwere Gepäck der Sozialausgaben zu erleichtern, so entscheidend und die zugesagte Entlastung bei der Grundsicherung im Alter ein wichtiger Schritt", betont Ude.

© SZ vom 09.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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