Folgen der Kreditkrise:Banken stecken Milliarden in Selbsthilfe-Fonds

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Einige der weltgrößten Banken wollen bis zu 100 Milliarden Dollar in einen Rettungsfonds stecken. Damit soll eine Finanzkrise verhindert werden.

Christian Wernicke

Einige Großbanken sind offenbar bereit, bis zu 100 Milliarden Dollar in einen Rettungsfonds einzuzahlen, um eine weltweite Kreditkrise abzuwenden. Nach Plänen des US-Finanzministeriums sollen damit notleidende US-Immobilienkredite und Derivate aufgekauft werden, um bedrohte Hedge-Fonds vor der Pleite zu bewahren.

In bislang geheimen Gesprächen sollen mehrere US-Großbanken ihre Bereitschaft erklärt haben, 80 bis 100 Milliarden Dollar bereitzustellen, um einen gemeinsamen Notfall-Fonds zur Abwehr einer globalen Finanzkrise zu gründen. Das wurde am Wochenende in New York und Washington bekannt.

Das US-Finanzministerium scheint derzeit bemüht, auch europäische Banken zu Einzahlungen zu bewegen. Wie es heißt, werden die Pläne auch von den britischen Finanzbehörden unterstützt.

Verhoben bei Commercial Papers

Einzelheiten des Projekts sollen zum Wochenbeginn bekanntgegeben werden. Übereinstimmend meldeten das Wall Street Journal und die Nachrichtenagentur Reuters, mit dem Rettungsfonds wolle die amerikanische Regierung die vom Einbruch der US-Immobilenpreise verursachte Verunsicherung an den Finanzmärkten unter Kontrolle bringen.

Der Fonds würde in erster Linie verbriefte Kredite und sogenannte Commercial Papers aufkaufen, deren Marktwert deutlich gesunken ist. Commercial Papers sind kurzfristige Schuldverschreibungen. Vor allem Hedge-Fonds, die in der Vergangenheit amerikanische Immobiliendarlehen aufkauften und damit Bankendarlehen refinanzierten, drohen andernfalls massive Abschreibungen.

Die US-Finanzbehörden befürchten, ein Preisverfall der Commercial Papers könnte mehrere dieser Fonds in die Pleite treiben und über eine allgemeine Kreditverknappung die Weltkonjunktur ersticken. Finanziert würde der Notfall-Fonds allein mit Einzahlungen internationaler Banken.

Die US-Regierung hat es mehrfach abgelehnt, auch Steuergelder für die Rettungsaktion bereitzustellen. An den bisherigen Gesprächen in Washington, die offenbar Mitte September begannen, waren unter anderem die Citigroup, JPMorgan Chase sowie die Bank of America beteiligt.

Vor allem die Citigroup sieht sich durch die Krise belastet: Die Großbank hatte bereits Anfang Oktober gewarnt, dass ihr Überschuss im dritten Quartal bis zu sechzig Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahreszeitraumes liegen würde. Die Citigroup will genaue Zahlen zum Wochenbeginn veröffentlichen.

Die Citigroup besitzt nach Informationen von Branchenexperten sieben sogenannte "Structured Investment Vehicles (SIVs)'', die mit einem geschätzten Volumen von etwa 100 Milliarden Dollar vor allem minderwertige Immobilienkredite von zweitrangigen US-Kunden (subprime mortgages) aufgekauft haben.

Genaue Aufteilung umstritten

Diese SIVs werden in aller Regel mit kurzfristigen Mitteln finanziert und haben nun Schwierigkeiten, Geld zur Deckung ihrer langfristigen Schuldtitel zu mobilisieren. Da auch traditionelle Investmentfonds und Pensionskassen diese Fonds gekauft haben, fürchtet das US-Finanzministerium offenbar einen gefährlichen Schneeballeffekt.

Umstritten ist zwischen den Großbanken noch die genaue Aufteilung der Last zur Finanzierung des neuen Fonds. Offenbar verlangen einige Banken, dass vor allem die Citigroup einen größeren Anteil trägt.

Der Notfall-Fonds folgt in seiner Grundstruktur einer ähnlichen Rettungsaktion im Jahr 1998: Damals hatten sieben Großbanken in einen Topf eingezahlt, um Papiere des Hedge-Fonds Long Term Capital Management zu stützen, der mit verfehlten Währungsspekulationen in eine Krise geraten war. Der so finanzierte Aufkauf der LTCM-Titel verhinderte, dass die Probleme eines Fonds andere Anleger in den Strudel einer Finanzkrise zogen.

© SZ vom 15.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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