Folge der Wirtschaftskrise:Die Welt braucht weniger Öl

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Geschäfte wie geschmiert? Das war einmal. Die Nachfrage nach Öl ist so stark gefallen wie seit 1981 nicht mehr. Und ein Ende der Durststrecke ist nicht abzusehen.

S. Liebrich u. A. Oldag

Die weltweite Nachfrage nach Öl wird in diesem Jahr noch stärker sinker als bisher angenommen. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet mit dem stärksten Rückgang seit 1981. Der Ölpreis fiel daraufhin am Donnerstag deutlich unter sein Jahreshoch von 60 Dollar.

Ölfeld in Kalifornien: Die Welt braucht weniger Öl, und die Preise fallen. (Foto: Foto: dpa)

Laut IEA wird der weltweite Ölbedarf im Jahresverlauf deshalb auf nur noch 83,2 Millionen Fass pro Tag sinken. Im vergangenen Jahr lag der Verbrauch noch bei 85,8 Millionen Fass pro Tag. Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr musste die IEA damit ihre Prognose für den weltweiten Ölverbrauch nach unten korrigieren - ein Zeichen dafür, dass die Weltwirtschaft noch weit von einer Erholung entfernt ist. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) erwartet ebenfalls einen weiteren Rückgang der Rohölnachfrage. Allerdings schätzt die Opec in ihrem gerade veröffentlichten Monatsbericht die Lage nicht ganz so pessimistisch ein wie die IEA und geht von einem Bedarf von immerhin 84 Millionen Fass pro Tag aus.

Benzinpreise auf Achterbahnfahrt

Dabei sah es gerade in den vergangenen Tagen nach den Gewinnen an den Aktienmärkten so aus, als könnte es schon bald wieder aufwärts gehen. Am Montag waren die Ölnotierungen erstmals seit gut einem halben Jahr wieder über die 60-Dollar-Marke gestiegen. Doch die Ernüchterung folgte bereits drei Tage später. Am Donnerstag kostete ein Fass Rohöl (je 159 Liter) zeitweise nur noch 57 Dollar.

Für den jüngsten Aufschwung an den Rohstoffmärkten gebe es keine sachliche Begründung, stellte die Energieagentur nüchtern fest und dämpfte damit die Euphorie an den Börsen. Weder sei die Nachfrage gestiegen, noch hätten sich die Lagerbestände verringert. Ganz im Gegenteil: die Vereinigten Staaten, das Land mit dem höchsten Verbrauch überhaupt, ordert so wenig wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Auch die Autofahrer bekamen den vorübergehenden Anstieg der Rohölpreise zu spüren. Der Liter Benzin kostete vor wenigen Tagen noch bis zu 1,30 Euro und Diesel 1,10 Euro. Damit waren die Treibstoffe so teuer wie zuletzt im vergangenen Herbst. Zur Wochenmitte gaben die Preise jedoch wieder nach.

Preisaufschwung nur ein Strohfeuer

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) sieht in dem jüngsten Preisaufschwung an den Rohölmärkten allenfalls ein Strohfeuer. Der Ausschlag habe mehr mit der Stimmung als mit der Realität zu tun, sagt der HWWI-Experte Klaus Matthies. "Einige sehen einen Hoffnungsschimmer und denken, der Aufschwung ist schon in Sicht." Tatsächlich gebe die Weltwirtschaft aber noch höchst widersprüchliche Signale. "Ich sehe nicht, dass sich der Ölpreis nach haltig nach oben entwickelt." Sein Institut rechnet für die nächsten Monate mit einem Ölpreis zwischen 50 und 55 Dollar je Fass.

Rohstoffanalysten in London erwarten noch vor dem Opec-Treffen am 28. Mai in Wien ein Tauziehen um die nationalen Opec-Förderquoten. Die Förderstaaten hatten ihre Tagesproduktion zuletzt erstmals seit dem vergangenem wieder leicht erhöht, um 220.000 Fass. Zudem gibt es Hinweise, dass Iran, aber auch Angola die Ölproduktion in den vergangenen Monaten stark ausgeweitet haben. Der zweitgrößte Opec-Produzent Iran braucht dringend Devisen, um unter anderem sein geheimes Atom-Programm fortzuführen. Die tägliche Gesamtproduktion der Mitglieder des Ölkartells beläuft sich auf etwa 25,8 Millionen Fass. Die zwölf Opec-Länder beherrschen mehr als zwei Drittel der Erdölversorgung und verfügen über drei Viertel der weltweiten Erdölreserven.

Die mangelnde Fördersolidarität macht auch ein generelles Dilemma des Kartells deutlich: Viele Mitgliedsstaaten haben angesichts des Ölpreisbooms in den vergangenen Jahren ihre Staatsausgaben erheblich ausgeweitet. Nun schwinden die Einnahmen. Die Ausweitung der Produktion einiger Opec-Mitglieder führt wiederum zu einem Überangebot an den internationalen Märkten, die den Preisverfall noch beschleunigt.

© SZ vom 15.05.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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