Finanzkrise: Was ein Banker Anlegern jetzt rät:"Das ist eine Chance"

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Philipp Vorndran ist Chefstratege der Credit Suisse Asset Management. Die Finanzkrise ist ernst, sagt er, doch die Panik habe zu einem Preissturz geführt, der fast schon wieder neue Möglichkeiten biete.

Markus Zydra

SZ: Herr Vorndran, die Siemens-Aktie stürzt zweistellig ab, weltweit sind die Börsenkurse eingebrochen, was sollen Privatanleger machen?

Philipp Vorndran, ist Chefstratege der Credit Suisse Asset Management. (Foto: Foto: Credit Suisse)

Vorndran: Ruhig bleiben. Panikgefühle sind zwar nachvollziehbar - schließlich geht es um das Ersparte. Doch eigentlich sind wir nun bei den Anleihe- und Aktienmärkten an einem Punkt angelangt, an dem man eher kaufen statt verkaufen sollte.

SZ: Dieser Hinweis dürfte viele Anleger überraschen.

Vorndran: Aber es ist so. Nehmen Sie Unternehmensanleihen. Es gibt zahlreiche Papiere von sehr solventen Firmen, die bewertet sind, als seien es Ramschanleihen mit hohem Ausfallrisiko. Wir erleben einen Ausverkauf ohne Unterscheidung. Das ist eine Chance, die Papiere sind jetzt billig.

SZ: Der Grund für die niedrigen Preise ist die wachsende Unruhe. Alle Investoren gehen nun in eine Richtung und suchen Schutz.

Vorndran: Ja, sie investieren in Staatsanleihen. Das hat dazu geführt, dass deren Realrendite unter Berücksichtigung der Inflation derzeit null ist. Kurzfristig sind solche Papiere vielleicht eine gute Idee, um sich sicherer zu fühlen. Aber Geld verdienen kann man so nicht.

SZ: Und wie beurteilen Sie die Aktienmärkte?

Vorndran: Auch hier sind die Bewertungen in vielen Bereichen sehr niedrig, sodass sich nach einem Gespräch mit einem kompetenten Berater auch Kaufgelegenheiten erkennen lassen. Wer unter 50 Jahre alt ist und ein ausgewogenes Portfolio aus 50 Prozent Aktien und 50 Prozent sicherer Assets hält, der kann die Krise aussitzen - oder wenn die Börsen noch weiter fallen, sogar Aktien nachkaufen.

SZ: Gold, Rohöl und andere Rohstoffe sind enorm teuer geworden. Wie geht es auf diesen Märkten weiter?

Vorndran: Weltweit gibt es immer mehr Menschen, die Nachfrage nach Rohstoffen wächst also langfristig. Ein kleiner Teil der jüngsten Preiszuwächse für Rohstoffe sind natürlich ein Ausdruck der Krisenangst.

SZ: Ist Gold ein Sonderfall?

Vorndran: Ja, der fallende US-Dollar beschleunigt den Preisauftrieb, gepaart mit der Angst vor der Katastrophe. Aber wenn man sich umhört, dann stelle ich fest, dass nur ganz wenige Anleger bislang Gold oder Silber halten - der Markt ist also nicht überhitzt.

SZ: Was unterscheidet die Kreditkrise 2008 von der Internetblase 2000?

Vorndran: So ernst beide Entwicklungen waren und sind - man kann sie nicht vergleichen. Die betroffenen Banken haben anders als die Technologieunternehmen damals eine direktere Verbindung zu den Zentralbanken, die im Ernstfall, wie die Fälle Bear Stearns und Northern Rock zeigten, bereit sind einzuspringen - zum Schutz der Sparer und des Systems. Die Zentralbanken können heute also wesentlich besser Einfluss nehmen als noch im Jahr 2000.

© SZ vom 18.03.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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