Finanzkrise:Hedge-Fonds gegen Island

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Die isländische Krone hat dramatisch an Wert verloren, die hohe Inflation bereitet der Zentralbank Kummer. Nun sollen auch noch Hedge-Fonds absichtlich Gerüchte gestreut und Unsicherheit geschürt haben.

Gunnar Herrmann

Die isländische Zentralbank hat am Donnerstag erneut den Leitzins angehoben, um den Kursverlust der Krone zu stoppen und die Inflation zu dämpfen. Sie stellt sich damit gegen den Trend: London senkte gestern den Leitzins, die EZB behielt ihr Zinsniveau bei.

Die Blaue Lagune nahe Reykjavik. (Foto: Foto: AP)

Die isländische Volkswirtschaft steht seit Wochen unter starkem Druck. Beobachter spekulieren, die Insel könnte als erster Staat der weltweiten Finanzkrise zum Opfer fallen. Regierung und Banken Islands versuchen, diese Bedenken zu zerstreuen. Sie sagen, Hedge-Fonds würden gezielt auf eine Schwächung der Inselwirtschaft hinarbeiten, um aus einem Zusammenbruch Profit zu schlagen.

Die Zentralbank hob am Donnerstag in Reykjavik den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr 15,5 Prozent an. Damit überholt Island die Türkei, die bislang mit 15,25 Prozent den höchsten Leitzins Europas vorweisen konnte. Island hatte erst am 25. März seinen Leitzins um 1,25 Prozentpunkte angehoben. Allerdings war es mit diesem Schritt nicht gelungen, die Inflationsrate in den Griff zu bekommen. Sie lag zuletzt bei 8,7 Prozent, weit über dem Ziel von 2,5 Prozent.

Stärkung der Krone wünschenswert

Eine Eindämmung der Inflation sei zwingend notwendig, begründete die Zentralbank die erneute Anhebung der Zinsen. Auch sei eine Stärkung der Krone wünschenswert. Island importiert fast alle Konsumgüter. Die Schwäche der isländischen Krone gegenüber Dollar und Euro trifft die Haushalte schwer: Kursverluste machen sich sofort an der Ladenkasse bemerkbar. Die meisten Experten sind sich einig, dass Islands Volkswirtschaft abgesehen von den Währungsproblemen in recht gutem Zustand ist. Es gibt kaum Arbeitslose, das Land hat einen beispiellosen Boom hinter sich. Auf der früher völlig vom Fischfang abhängigen Insel entstanden große Handels- und Dienstleistungskonzerne.

Preiswerte Energie aus Geothermie und Wasserkraft lockte Aluminiumproduzenten an, was dem Aufschwung eine solide, industrielle Basis verschaffte. Islands drei große Banken - Glitnir, Landsbanki und Kaupthing - feierten Erfolge an den Finanzmärkten. Sie stehen nun im Mittelpunkt der aktuellen Krise.

Offizielle Untersuchung eingeleitet

Fast jeder in Reykjavik weiß inzwischen, was Credit Default Swaps (CDS) sind. Der Begriff bezeichnet eine Art Versicherung, die beim Konkurs einer Bank deren Schulden übernimmt. Die Preise für die CDS der isländischen Banken haben sich in den vergangenen Monaten vervielfacht - das wird am Markt als Warnsignal gewertet. Aber die Warnung sei unbegründet, versichert zum Beispiel Sigurdur Einarsson. Er ist Aufsichtsratschef bei Kaupthing und hat zu Beginn dieser Woche skandinavischen Zeitungen lange Interviews gegeben, um das Ausland von der Stabilität der Geldinstitute zu überzeugen. Die CDS-Kurse seien von Spekulanten manipuliert worden, sagte er.

Ebenso wie Einarsson haben zuvor schon Premierminister Geir Haarde und Zentralbankchef David Oddson Spekulanten unlauterer Methoden beschuldigt. Die Finanzaufsichtsbehörde Islands hat sogar eine offizielle Untersuchung eingeleitet. Mehrere Hedge-Fonds sollen demzufolge mit Falschmeldungen über Island für Unsicherheit gesorgt haben. Die Insel sei ein leichtes Ziel für solche Angriffe, meint Asgeir Jonsson, Chefvolkswirt bei Kaupthing: "Wir sind ein kleines, exotisches Land, über das man nicht viel weiß. Die Leute glauben fast alles."

Die Unsicherheit bei ausländischen Investoren schadet Islands Unternehmen - was den Hedge-Fonds nützt. Diese sollen den Anschuldigungen zufolge ihr Geld so angelegt haben, dass sie von einem Niedergang der Inselwirtschaft profitieren. Bei einem Kollaps würden sie auf einen Schlag um viele Millionen reicher.

© SZ vom 11.04.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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