Finanzkrise:AIG-Desaster belastet Luftfahrt

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Der größte Flugzeugleasing-Anbieter ILFC könnte mit seinem Mutterkonzern AIG in den Abgrund rutschen. Davor zittert die Luftfahrtbranche.

Jens Flottau

Als Steven Udvar-Hazy sein Flugzeugleasing-Unternehmen ILFC 1990 an den Versicherungskonzern American International Group (AIG) verkauft hat, glaubte er, das Geschäft seines Lebens gemacht zu haben. Mit den unschlagbaren Kreditbedingungen, die der Firma als AIG-Tochter zur Verfügung stünden, würde er Flugzeuge bald günstiger finanzieren können als jeder andere.

Die Finanzkrise sorgt auch in der Luftfahrtbranche für Turbulenzen. (Foto: Foto: dpa)

18 Jahre lang ging die Rechnung prächtig auf. Doch nun zittert der gebürtige Ungar um sein Lebenswerk - und mit ihm die ganze Luftfahrtbranche. Denn auch wenn der amerikanische Versicherungskonzern für den Moment durch einen 85-Milliarden-Dollar-Kredit der US-Regierung gerettet ist, so ist doch die Zukunft des mit Abstand größten Leasinganbieters in der Luftfahrt alles andere als gesichert. Die Boeing-Aktie verlor am Mittwoch fast acht Prozent, auch das Papier von Airbus-Mutterkonzern EADS ging seit Anfang der Woche um fast sechs Prozent zurück.

Lebenswerk in Gefahr

Für ILFC, als Teil von AIG, sind die Zinsen seit Jahresbeginn von vier auf acht Prozent gestiegen. Grund dafür ist die schlechte Finanzlage des Gesamtkonzerns. Die Flugzeugleasingfirma hat Verbindlichkeiten von mehr als 30 Milliarden Dollar. Bewerten die Ratingagenturen AIG nicht auf absehbare Zeit wieder wie früher, droht ILFC seine Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Hazy, der auch nach dem Einstieg von AIG Chef des Unternehmens geblieben ist, sucht bereits nach Investoren, die mit ihm gemeinsam ILFC aus dem schlingernden Konzern herauskaufen könnten.

Die Konsequenzen der Krise gehen weit über das Unternehmen hinaus. Hazys Leasingfirma, Marktführer in ihrem Bereich, ist für Airbus und für Boeing der größte Einzelkunde mit einer Flotte von mehr als 1000 Flugzeugen. Beide Hersteller haben bislang darauf setzen können, dass ILFC immer dann neue Maschinen bestellte, wenn es den Airlines gerade schlechtging.

Dieser Effekt dürfte nun ausbleiben. Denn ILFC hat sowieso noch Jets im Wert von 18 Milliarden Dollar bestellt und gerade andere Sorgen, als sich neue Flugzeuge zu beschaffen. Wenn ILFC ein schlechteres Kredit-Rating behält, müsste das Unternehmen die Leasingraten erhöhen. Doch die sind zuletzt um bis zu zehn Prozent gefallen.

Bei einem möglichen Verkauf hat ILFC zwei Probleme: Kaum einer der üblichen Finanzinvestoren kann in diesen Tagen die fünf bis acht Milliarden Dollar aufbringen, auf die der Preis für den Leasingspezialisten geschätzt wird. Und für seine Konkurrenten ist das Unternehmen schlicht zu groß.

© SZ vom 19.09.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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