Finanzinvestoren:Probleme mit der Beute

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In der Finanzkrise erweist sich: Die Finanzinvestoren haben zu teuer eingekauft, denn ihre Unternehmen verlieren rasend schnell an Wert. Jetzt muss drastisch abgeschrieben werden.

Martin Hesse

Das Urteil ist knapp und vernichtend. "Kurzfristig setzt SVG Capital den Wert der Beteiligung an ProSiebenSat1 mit null an, da eine Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektive nicht in Sicht ist", heißt es im Jahresbericht, den die Beteiligungsgesellschaft SVG Capital gerade veröffentlicht hat. SVG legt ihr Geld vor allem in Fonds des Finanzinvestors Permira an, der die Münchner Sendergruppe gemeinsam mit KKR Ende 2006 übernommen hatte.

Volles Risiko: Wie hier Die Simpsons, die unter anderem auf Pro Sieben zu sehen sind, balancieren auch manche Finanzinvestoren am Abgrund. (Foto: Foto: dpa)

ProSieben Sat 1 ist das prominenteste Beispiel für die Probleme, die Firmenjäger derzeit mit ihrer Beute haben.

Unternehmen, die in der Euphorie der Jahre 2006 und 2007 mit Hilfe hoher Schulden übernommen wurden, haben im Zuge der Wirtschaftskrise drastisch an Wert verloren. In ähnlichem Maße wie die Kurse börsennotierter Firmen gefallen sind, müssen auch private Beteiligungsgesellschaften (Private Equity) die Werte nach unten korrigieren.

Abschlag um ein Viertel

Der amerikanische Finanzinvestor Blackstone reduzierte beispielsweise den Wert seiner Firmen 2008 um 27 Milliarden Dollar, das ist etwas mehr als ein Viertel des Gesamtwertes.

Etwa um ein Drittel schrieb der größte Konkurrent KKR die Werte seiner Firmen nach unten. Permira ist wie KKR an ProSieben Sat 1 beteiligt. Auch Firmen, die wirtschaftlich besser dastehen, wie der Gabelstapler-Konzern Kion, verloren bei KKR stark an Wert. Die europäische Beteiligungsgesellschaft Candover schrieb rund 50 Prozent auf ihre Firmen ab. Mit dem Yacht-Bauer Ferretti hat Candover einen Totalausfall im Portfolio.

"Im Durchschnitt liegen die Wertberichtigungen für große Beteiligungen bei etwa 30 bis 40 Prozent", sagt Peter Laib, Dachfondsmanager bei der Beteiligungsgesellschaft Adveq.

Starker Rückgang der Gewinne

Bislang orientiert sich die Höhe der Abschreibungen überwiegend an der Entwicklung der Börse: Generell wird an den Märkten in der Krise ein geringerer Preis bezogen auf den Gewinn akzeptiert. Hinzu kommt jetzt, dass auch die Gewinne selbst stark zurückgehen.

Dieser Effekt auf die Firmenwerte wird sich erst dieses Jahr voll auswirken, erwartet Laib: "Wenn die schlechten Ergebnisse des vierten Quartals sich fortschreiben, reichen die bisherigen Abschreibungen nicht aus."

"Sowohl Finanzinvestoren als auch die finanzierenden Banken haben beim Kauf eine andere Geschäftsentwicklung bei den übernommenen Firmen erwartet, als jetzt eingetreten ist", sagt Hanns Ostmeier, Vorstand des Bundesvorstandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK).

Aber die Wertberichtigung stehe ja erst mal nur auf dem Papier. Ostmeier argumentiert, die Investoren hätten ja bis zu zehn Jahre Zeit, ehe sie ihre Firmen wieder verkaufen. Erst dann würde aus dem Papierverlust eine echte Abschreibung, wenn sich die Situation der Firmen nicht bessert.

Manch ein Experte bezweifelt aber, dass sich die Firmen erholen. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group konstatierte Ende 2008 in einer Studie, Investoren an den Kreditmärkten rechneten bei der Mehrheit der Unternehmen von Beteiligungsgesellschaften in den nächsten drei Jahren mit Zahlungsschwierigkeiten.

Womöglich Probleme mit den Geldgebern

Beim BVK heißt es dazu, dies sei kein spezifisches Problem der Finanzinvestoren, sondern gelte auch für Firmen anderer Eigentümer.

Selbst wenn sich die Unternehmen wieder erholen, dürfte es für die Finanzinvestoren schwer werden, sie mit Gewinn wieder zu verkaufen. "Die Bewertungen, die 2006 und 2007 für Firmen bei Übernahmen gezahlt wurden, sind vermutlich auf lange Sicht nicht wieder hereinzuholen", sagt Jens Tonn, Deutschlandchef der Beteiligungsgesellschaft Vestar Capital.

Die Beteiligungsfirmen bekommen dann womöglich Probleme mit ihren Geldgebern, meist amerikanische Pensionsfonds und Versicherungen. Schon jetzt erhalten sie von den Private-Equity-Fonds kaum Ausschüttungen. Außerdem dürfen viele Investoren nur eine bestimmte Quote in Private Equity investieren. Deshalb kommen sie jetzt unter Druck, weil sie ihre übrigen Anlagen wie Aktien und Anleihen schon stark reduziert haben.

Der Druck ihrer Geldgeber könnte auch die Bereitschaft der Beteiligungsfonds senken, frisches Kapital nachzuschießen, wenn ihre Firmen in Schwierigkeiten geraten. "Es wird Fälle geben, wo der Finanzinvestor Kapital nachschießt und die Bank auf einen Teil der Forderungen verzichtet, aber auch Beispiele, wo die Alteigentümer ganz herausgehen", sagt Ostmeier. Übernehmen könnten dann Finanzinvestoren, die auf Restrukturierungsfälle spezialisiert sind.

Im vierten Quartal 2008 war das Geschäft der Finanzinvestoren auch in Deutschland fast zum Erliegen gekommen, sie investierten nur noch eine halbe Milliarde Euro. Vor allem Investoren aus dem Ausland waren wie gelähmt, während deutsche Fonds im Gesamtjahr sogar acht Prozent mehr Eigenkapital investierten. Ende des Jahres waren 6200 Unternehmen mit 212 Milliarden Euro Umsatz und 1,2 Millionen Beschäftigten in Händen der Private-Equity-Branche.

© SZ vom 10.3.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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