Finanzinstitute:Kampf um Mittelstandskunden

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Große Pläne: Commerzbank-Vorstand Martin Blessing will den Sparkassen ihren Spitzenplatz mit neuen Produkten streitig machen.

Helga Einecke und Martin Hesse

Die Commerzbank sieht sich von einer möglichen Neuordnung der europäischen Bankenlandschaft in ihrem Kerngeschäft nicht beeinträchtigt. Sie will nach Angaben von Vorstandsmitglied Martin Blessing die beste Mittelstandsbank in Deutschland werden. ,,Wir wollen unter dem Strich jährlich 2000 neue Firmenkunden gewinnen'', sagte Blessing im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Entscheidend sei nicht die Menge, sondern der Gewinn dieser Geschäfte. 2006 steuerten die Gewinne der Mittelstandsbank, die Blessing verantwortet, ein Drittel zum Gesamtergebnis bei. Die Eigenkapitalrendite vor Steuern lag mit rund 27 Prozent deutlich höher als in der Gesamtbank (19,5).

In der Mittelstandsbank sind bei der Commerzbank alle Firmenkunden zusammengefasst, die mindestens 2,5 Millionen Euro Umsatz machen und nicht zu den 80 größten deutschen Konzernen gehören.

Flaue Kreditnachfrage

,,Wir müssen uns nicht verstecken'', verwies Blessing auf die guten Zahlen für das erste Quartal. Die Bank hat bereits einen unerwartet hohen Gewinn von 880 Millionen Euro genannt, der von Börsengeschäften getrieben war. Analysten stellten in Frage, ob die eher margenarmen Geschäfte mit Firmenkunden und privaten Kunden ebenfalls so gut gelaufen sind.

Marktführer und größte Konkurrenten im Werben um die mehr als 100.000 mittelgroßen Firmen in Deutschland sind die Sparkassen. Laut einer Studie der Managementberatung Zeb hat sich der Wettbewerb um Mittelstandskunden zuletzt deutlich verschärft, da sowohl Großbanken als auch Auslandsbanken und Spezialbanken verstärkt in den Markt drängen.

Die Commerzbank hat sich nach Angaben von Blessing zur Aufgabe gemacht, den Sparkassen die Verteidigung ihres Spitzenplatzes besonders schwer zu machen. ,,Wer jault, sind am Schluss die Sparkassen'', sagte er. Diese würden merken, wie ernst es seinem Haus mit dem Thema Mittelstand sei.

Die Zeb ist der Ansicht, die Banken könnten in dem Geschäft ihre Erträge im Durchschnitt um 50 Prozent steigern. Allerdings profitierten davon vor allem kleinere Mittelständler nicht unbedingt.

Blessing räumte ein, die Sparkassen könnten mit ihrem breiten Filialnetz durch räumliche Nähe zu den Kunden punkten. Die Commerzbank will dagegen ihre Kompetenz und neue Produkte ausspielen. Es gehe den Unternehmen nicht nur um das Kreditgeschäft, meinte der Bankier. Sie benötigten auch Angebote rund um den Zahlungsverkehr im In- und Ausland sowie Devisen-, Derivate-, Anlage- und Kapitalmarktprodukte. Mit einer guten Kombination sei gut Geld zu verdienen.

Der Verkauf von Kapitalmarktprodukten hatte bereits im vergangenen Jahr das Provisionsergebnis nach oben getrieben. Blessing will dieses Geschäft weiter ausdehnen.

Große Wachstumschancen außerhalb Deutschlands

Nach Angaben der Bundesbank haben Banken 2006 erstmals seit vier Jahren das Kreditvolumen wieder ausgedehnt. Dagegen hieß es bei der Commerzbank, das Geschäft mit Krediten laufe noch relativ langsam. Viele Kunden würden im Konjunkturaufschwung zunächst ihre Schulden abbauen und ihr Eigenkapital erhöhen.

Aus Sicht von Blessing ist dies zwar gut für die Volkswirtschaft, aber schlecht für das Kreditgeschäft der Banken. Erst zum Teil würden die Firmen jetzt wieder verstärkt Kredite aufnehmen. ,,Die Unternehmen befinden sich in einer sehr komfortablen Lage'', erläuterte Blessing. Viel Geld sei auf der Suche nach Anlage. Beispielsweise hätten die Landesbanken vor dem Wegfall ihrer Staatshaftung noch Geld aufgenommen, suchten nun nach Anlagen und drückten die Preise bei der Kreditvergabe.

Aber auch bei geringen Margen könne man wachsen, dürfe aber nicht alles mitmachen. ,,Wenn VW seine Autos verschenkt, kriegt es auch mehr Kunden'', sagte Blessing und fügte hinzu, dies könne nicht die Strategie sein. Man müsse genau schauen, was sich ökonomisch rechnet.

Blessing, der als möglicher Nachfolger von Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller gehandelt wird, sieht große Wachstumschancen außerhalb Deutschlands. Zwei Drittel des Geschäfts mit mittleren Firmen passiert im eigenen Land, ein Drittel außerhalb, vor allem in Mittel- und Osteuropa.

In Polen habe die Commerzbank mit der Tochter BRE Bank die Zwei-Millionen-Kunden-Grenze erreicht. In diesem Jahr wolle die Bank nach Tschechien und in die Slowakei expandieren. ,,Wenn das gelingt, werden andere Länder folgen'', sagte Blessing.

Dagegen hat die Bank Pläne auf Eis gelegt, ihre Beteiligung von 15 Prozent an der russischen Promsvyazbank zu einer Mehrheit auszubauen. ,,Die Preise für Mehrheitsbeteiligungen in Osteuropa sind zuletzt stark gestiegen'', begründete Blessing diese Entscheidung.

© SZ vom 2. Mai 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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