Fahrtkosten und das Finanzamt:Pendlerpauschale ohne Gewähr

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Die Fahrtkosten zur Arbeit werden wieder ab dem ersten Kilometer erstattet - vorerst: Pendler können sich nicht sicher sein, ob sie das Geld behalten dürfen.

G. Bohsem

Wer in diesen Tagen seinen Steuerbescheid für das Jahr 2007 erhält, dürfte sich wundern. Das Finanzamt erkennt darin zwar alle Fahrtkosten zwischen Arbeitsstelle und Wohnort an, stellt das Ganze aber unter einen Vorbehalt. Der Steuerzahler kann sich also nicht völlig sicher sein, ob er das vom Fiskus erstattete Geld auch dauerhaft behalten darf.

Im Dezember 2007 verwarf das Bundesverfassungsgericht die Regelung der Großen Koalition zur Pendlerpauschale. (Foto: Foto: AP)

Große Verwirrung

"Sollte aufgrund der gesetzlichen Neuregelung dieser Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen wahrgenommen", heißt es in den Briefen vom Finanzamt.

Es ist diese Passage, die in den vergangenen Tagen einen Sturm der Empörung gegen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) entfesselt hat. Richter wie etwa der Vizepräsident des Finanzgerichts des Saarlandes, Peter Bilsdorfer, halten ihm vor, sich eine Hintertür offenzuhalten, um das Geld später wieder einzukassieren. Der Bund der Steuerzahler wirft dem Minister sogar vor, mit dem Vorläufigkeitsvermerk für große Verwirrung zu sorgen.

Hintergrund der Aufregung ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Karlsruher Richter verwarfen im Dezember die von der großen Koalition geänderte Regelung zur Pendlerpauschale. Um den Haushalt zu sanieren, hatten Union und SPD beschlossen, dass Arbeitnehmer von 2007 an ihre Fahrtkosten erst ab einer Entfernung von 21 Kilometern zum Arbeitsplatz anrechnen durften. Die obersten Richter hingegen entschieden, dass dies gegen das Grundgesetz verstoße und dass bis zu einer Neuregelung der Pendlerpauschale das alte Recht wieder gelten müsse. Sprich, jeder gefahrene Kilometer wird vom Finanzamt mit einer Pauschale von 30 Cent honoriert.

Die Koalition entschied sich jedoch gegen eine Neuregelung der Pendlerpauschale, weshalb jetzt der verfassungsgerichtlich verordnete Schwebezustand gilt. Zu groß sind die Meinungsunterschiede in der Koalition, als dass ein Kompromiss noch vor der Bundestagswahl im kommenden Herbst erzielt werden könnte. So besteht Steinbrück immer noch auf dem Werkstorprinzip. Aus seiner Sicht kann kein Arbeitnehmer seine Anfahrtskosten geltend machen, weil sie privat entstehen. Die CSU hält das immer noch für falsch. "Es ist eine bewusste Entscheidung gewesen, die Neuregelung der Pendlerpauschale der nächsten Bundesregierung zu überlassen", heißt es in Kreisen des Bündnisses.

Alte Rechtslage muss vorläufig eingehalten werden

Glaubt man Steinbrücks Sprecher, blieb dem Minister wegen des anhaltenden Streits und der fehlenden Neuregelung nichts anderes übrig, als die Steuerbescheide unter Vorbehalt zu stellen: "Das sieht das Urteil des Verfassungsgerichts so vor." Tatsächlich heißt es dort, dass bis zu einem neuen Gesetz die alte Rechtslage vorläufig einzuhalten ist. Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) kündigte deshalb am Donnerstag eine Gesetzesinitiative seines Landes an, mit der die alte Pendlerpauschale auch formal wieder in den Rang des geltenden Rechts gehoben werden soll.

Es stellt sich nun die Frage, ob sich die Steuerzahler tatsächlich Sorgen machen müssen, dass sie die Erstattungen der Pendlerpauschale 2011 oder später wieder zurückzahlen müssen. Sie müssen nicht, jedenfalls sehr wahrscheinlich nicht. Steinbrücks Sprecher will zwar nicht ausschließen, dass es zu einer rückwirkenden Regelung kommt: "Das können wir gar nicht, weil wir nicht wissen, wie die nächste Regierung beschließt." Als sicher gilt jedoch, dass entweder die SPD oder die Union, wenn nicht sogar beide, wieder an die Macht kommen werden. Und: Hochrangige Vertreter beider Gruppierungen haben bislang immer ausgeschlossen, die Pendlerpauschale rückwirkend ändern zu wollen.

© SZ vom 06.02.2009/iko/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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