Erst forderte EU-Kommissarin Viviane Reding die mächtigen Ratingagenturen zu zerschlagen. "Europa darf sich den Euro nicht von drei US-Privatunternehmen kaputtmachen lassen", sagte sie. Ihr Kollege, Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier, legt nach: Ratingagenturen sollen keine Staaten mehr bewerten dürfen, die Finanzhilfe aus internationalen Kreditprogrammen bekommen. Griechenland und Portugal könnten demnach nicht mehr weiter abgewertet werden.
Barnier kündigte an, er werde den amtierenden polnischen EU-Ratspräsidenten bitten, sein Vorhaben auf die Tagesordnung eines der kommenden Treffen der EU-Finanzminister zu setzen. "Natürlich müssten wir noch die Machbarkeit eines solchen Schrittes untersuchen", räumte der Franzose ein. "Es ist eine Schwäche des Finanzsystems, dass die Ratingagenturen zu viel Raum besetzen", sagte er vor kurzem der Zeitung La Tribune.
Die Ratingagenturen bekommen ihr Geld nicht von Investoren, die sich für die Aussichten eines Wertpapiers interessieren, sondern vom Emittenten neuer Wertpapiere. Nach Barniers Vorschlag dürften also Athen oder Lissabon keine Ratings mehr anfordern. Anleger lassen ihr Geld jedoch meist nur in solche Projekte fließen, die von den Agenturen eine Mindestnote bekommen haben.
Schäuble will Missbrauch untersuchen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat ebenfalls gefordert, die Macht der großen Ratingagenturen zu beschränken. Es müsste geprüft werden, "wie man das Oligopol der Ratingagenturen aufbrechen kann", sagte Schäuble vor einem Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel. Zudem solle geprüft werden, ob missbräuchliches Verhalten vorliege.
Besonders im Visier der Politik: Die Einschätzung von Moody's, Portugal-Anleihen seien Ramsch. "Es gab in der vergangenen Woche eine Mitteilung einer Ratingagentur, die allgemein auf völliges Unverständnis gestoßen ist in Bezug auf Portugal", sagte Schäuble. Der deutsche Finanzminister erklärte jedoch auch, dass eine Beschränkung der Macht der Ratingagenturen nicht einfach ist: "Wir können leider über die Ratingagenturen nicht alleine beschließen."
Linktipp: Der Markt der Bewertungsinstitute könne sich nur langfristig ändern, kommentiert Martin Hock auf faz.net . Staatlich geförderte Rating-Agenturen würden das Problem nicht lösen.
