Energieverbrauch:Achtung, Ausweiskontrolle

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In Deutschland brauchen alle Wohnungen bald einen Energiepass. Anhand von Effizienzklassen können Mieter und Käufer dann erkennen, ob die Wohnung zu viel Heizenergie verschwendet.

Michael Bauchmüller

Drei-Zimmer-Wohnung zu vermieten? Küche? Diele? Bad? "3 Zi. KDB", so viel steht fest, reicht bald nicht mehr im anspruchsvollen Inserat. Künftig geht es der deutschen Wohnung wie dem Kühlschrank: Sie wird in Effizienzklassen eingeteilt, für jeden sichtbar im "Energiepass".

Die grüne Wohnung ist im Winter warm und braucht trotzdem nicht viel Energie, die rote wird nur warm, wenn alle Heizkörper heißlaufen - zu viel Wärme verschwindet durch Fenster, Wand und Dach. "Mieter und Käufer von Immobilien", schwärmt Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee, "können bald auf einen Blick einen Eindruck bekommen, welche Nebenkosten auf sie zukommen."

Die Weichen dafür stellte die Bundesregierung am Mittwoch. Monatelang hatten die Minister über Wesen und Kriterien des "Gebäudeenergieausweises" gestritten. Nun soll er schrittweise kommen, mit neuen Pflichten für die Besitzer von Wohnungen und Häusern, mit neuen Rechten für Mieter und Käufer.

Wer in ein älteres Gebäude einziehen möchte, hat künftig das Recht zur Ausweiskontrolle - und kann dann entscheiden, ob ihm die Heizkosten zu hoch sind. Vom 1. Januar 2008 an braucht jedes vor 1965 gebaute Haus einen Energieausweis, ein halbes Jahr später sind auch jüngere Häuser an der Reihe. "Die Energieeffizienz wird damit zu einem zentralen Entscheidungskriterium", hofft der Minister.

Häuser verbrauchen 40 Prozent der Energie in Deutschland

Dem deutschen Gebäudebestand kann das nicht schaden. Knapp 40 Prozent der gesamten deutschen Endenergie geht in Gebäuden drauf, im Wesentlichen für die Heizung. Und drei Viertel der deutschen Wohngebäude sind älter als 30 Jahre - und liegen damit außerhalb aller Wärmeschutzregeln; die wurden erst 1977 erlassen. Das wiederum geht auch am Klima nicht spurlos vorbei: In deutschen Heizungskellern entsteht annähernd so viel CO2 wie im Autoverkehr.

Zumindest in kleinen Mietshäusern und Eigenheimen steht nun ein Besuch vom Energieberater ins Haus. "Wir schauen uns die Dämmung an, die Fenster, die Heizung", sagt der Berliner Ingenieur Christof Dreßler, einer von Hunderten Spezialisten mit Lizenz zum Passausstellen. Kostenpunkt: von 350 Euro aufwärts. "Je nach Gebäude und Aufwand kann das auch durchaus bis 1500 Euro hochgehen", sagt Dreßler. Auf die Nebenkosten dürfen Vermieter dies übrigens nicht umlegen.

Billiger wird der Ausweis für Gebäude mit mehr als vier Wohnungen und für Häuser, die den Wärmeschutzregeln von 1977 entsprechen. Hier müssen die Energieberater nicht lange kontrollieren, sondern können den Energieverbrauch der Häuser anschauen und daraus auf deren Dämmung schließen. Kosten: geschätzte 60 bis 150 Euro pro Wohnung.

Zehn Jahre soll der Energieausweis dann gelten. Neben der Effizienzklasse steht in dem mehrseitigen Papier auch drin, mit welchen Nachrüstungen sich die Energiebilanz verschönern lässt. Die Berater - meist Handwerker mit Zusatzschulung - finden sich inzwischen überall in der Republik; das Geschäft mit dem Pass ist reizvoll.

Manche Experten zweifeln jedoch an der Wirkung des Passes. "Auf eine schöne Wohnung wird ein Mieter wohl kaum wegen schlechter Energiewerte verzichten", sagt Manuel Frondel vom Wirtschaftsforschungsinstitut RWI. So wichtig sei Mietern und Käufern die Energiebilanz auch wieder nicht. "Da entsteht viel Aufwand", findet Frondel, "aber nur wenig Nutzen."

© SZ vom 26.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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