Energiepass:Ausweis nach Wahl

Lesezeit: 2 min

Lange wurde gestritten, in welcher Variante es den Engeriepass geben soll. Nun steht fest: Eigentümer können den Energiebedarf ihres Gebäudes von Sachverständigen begutachten lassen oder anhand des Verbrauches messen lassen.

Michael Bauchmüller

Die Stunde der Gutachter schlägt künftig kurz vor dem Umzug. Wenn Wohnungen den Mieter oder Häuser den Besitzer wechseln sollen, brauchen sie demnächst einen Pass: den Energieausweis. So will es das EU-Recht seit längerem, und die Bundesregierung kommt der Sache näher - nach monatelangem Streit.

Staatsoper Hamburg: Das Foto wurde mit einem wärmempfindlichen Film aufgenommen. Die weißen Flächen zeigen, an welchen Stellen das Gebäude Wärme verliert. (Foto: Foto: dpa)

Mit dem nächsten Jahreswechsel soll der Ausweis auch in Deutschland anzeigen, ob ältere Gebäude gut oder schlecht gedämmt sind. "Immobilienkäufer sollen wissen, welche Energiekosten auf sie zukommen", lobt Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Nur: Ob sie es durch den Pass erfahren, bleibt abzuwarten.

Lange stritten Bau- und Wirtschaftsministerium darüber, wie streng die Kriterien für den neuen Ausweis sein sollen. Sollte er sich am Zustand des Gebäudes orientieren, wie es Verbraucherschützer forderten? Das hätte die Kosten des Ausweises in die Höhe getrieben: Gutachter hätten die Häuser genau inspizieren müssen. Schätzungen bezifferten die Kosten je Mietshaus auf bis zu 1000 Euro. Oder sollte der Pass den Energieverbrauch eines Hauses angeben, wie es Hausbesitzer wollten? Das könnte die Kosten auf unter 100 Euro erheblich senken - die Aussagekraft des Passes allerdings auch.

In ihrer Not verständigten sich Tiefensee und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nun auf die Mitte: Danach haben Haus- und Wohnungsbesitzer in Zukunft die Wahl zwischen beiden Möglichkeiten. Verbraucherschützer sind tief enttäuscht. "Faktisch verlagert diese Lösung das Problem auf den Mieter", klagt Holger Krawinkel, Energie-Experte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Investiert wird nur da, wo die Verbraucher am Mietmarkt mächtig sind."

Wo das Angebot groß ist und die Nachfrage gering, könnten Mieter oder Käufer in Zukunft auf die teurere Variante pochen - und erhielten Aufschluss über den tatsächlichen Zustand der Immobilie. In allen anderen Märkten - etwa im strapazierten Mietmarkt Münchens - stehen die Chancen schlechter.

Die Kritik am schlankeren Pass richtet sich vor allem gegen die Erhebungsmethode. Zwar kann der Energieverbrauch einiges über die Bauqualität des Gebäudes sagen - aber genauso gut auch über die Gewohnheiten der Bewohner. Wer eine Wohnung nur am Wochenende nutzt, hat einen günstigeren Verbrauch als ein Senior, der es gerne mollig warm hat. Dadurch verliere die Verbrauchs-Variante ihre Aussagekraft, warnen Mieterschützer. Auch das Umweltministerium, das den gemeinsamen Entwurf von Bau- und Wirtschaftsministerium nun beäugen muss, bleibt skeptisch. Man werde das Vorhaben "kritisch" überprüfen, sagt ein Sprecher.

Die Hausbesitzer dagegen sind mit der Doppellösung zufrieden: "Aufgabe des Passes ist es, die Sensibilität für die Energieeffizienz zu steigern", sagt ein Sprecher des Eigentümer-Verbandes Haus und Grund. "Das wird auch so gelingen." Die Hausbesitzer hatten neben den Kosten für den Gutachter-Ausweis vor allem eine Sorge: Das Urteil über ihre Gebäude könnte der Willkür von Gutachtern unterworfen sein - die nach Gusto gute oder schlechte Noten für ein saniertes Haus geben könnten. Diese Noten sollen dann, nach Vorbild der Regelung von Kühlschränken, Gebäude in Effizienzklassen einordnen.

"Ein Haus ist aber kein Kühlschrank", heißt es bei dem Verband, die Einstufung sei viel komplizierter. Auch die Ratschläge zur Sanierung, die Gutachter bei der ausführlicheren Pass-Variante geben sollen, könnten stark variieren.

Ursprünglich sollte es den Pass schon zu Beginn dieses Jahres geben. Doch wie alle anderen EU-Länder hinkt auch Deutschland dem Zeitplan hinterher. Nun soll der Pass zum 1. Januar 2007 kommen, so zumindest sieht es die Planung bislang vor. Aber auch dann bleibt den Eigentümern noch einige Zeit.

Hauskäufer und Mieter haben dem bisherigen Entwurf zufolge erst vom Sommer 2007 an ein Recht, vor dem Einzug einen Energiepass zu sehen, und das auch nur für Häuser, die mehr als 40 Jahre alt sind. Bei jüngeren Gebäuden bleibt Zeit bis Sommer 2008, bei Gewerbebauten bis Anfang 2009. Arbeit gibt es so oder so genug: Rund 100.000 Fachleute, schätzt das Bauministerium, werden sich künftig mit der Pass-Kontrolle beschäftigen.

© SZ vom 12.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: