Energie-Experte:Grüne Pflicht

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Hausbesitzer sollten verpflichtet werden, erneuerbare Energien zu nutzen, sagt Volker Kienzlen.

Interview von Ralph Diermann

SZ: Das Land Baden-Württemberg verpflichtet Hausbesitzer, einen Teil des Wärmebedarfs mit erneuerbaren Energien zu decken, wenn sie ihre Heizung erneuern. Warum?

Volker Kienzlen: Mit den Förderprogrammen für Solarthermie, Wärmepumpen und Biomasse-Heizungen erreicht man längst nicht alle Immobilieneigentümer. Daher hat die vormalige Landesregierung nach weiteren Instrumenten gesucht, mit denen sich der Anteil der erneuerbaren Energien im Gebäudebestand erhöhen lässt, ohne die Hausbesitzer zu überfordern.

Kritiker argumentieren, das Landesgesetz halte Eigentümer davon ab, ihre Heizung zu modernisieren. Sie ließen stattdessen lieber ihre alten Kessel weiterlaufen. Das Gesetz schade daher dem Klimaschutz. Wie sehen Sie das?

Dieses Argument ist nicht belegbar. Im Gegenteil: Statistiken zeigen, dass in Baden-Württemberg genauso viele Heizungen modernisiert werden wie im Bundesschnitt, in einzelnen Segmenten sogar mehr. Daher unterstützen auch die Handwerksverbände das Gesetz - und die wären als Erstes auf den Barrikaden, wenn es zu rückläufigen Sanierungsraten käme. Richtig ist jedoch, dass es vor Inkrafttreten des Gesetzes einen Vorzieheffekt gab. Etliche Hausbesitzer haben damals schnell noch ihren Kessel ausgetauscht. Aber das war ja durchaus gewünscht. Denn schließlich ist eine neue Anlage auf jeden Fall klimafreundlicher als ein alter Kessel, auch ohne erneuerbare Energien. Richtig ist auch, dass Hausbesitzer anfangs oft nicht wussten, was genau das Gesetz für sie bedeutet. Da mussten die Handwerker häufig viel Aufklärungsarbeit leisten. Diese Unsicherheit hat sich aber inzwischen gelegt.

Der Landtag hat gerade beschlossen, das Gesetz zu novellieren. Was ändert sich?

Zentraler Punkt ist, dass die Eigentümer nach einer Heizungsmodernisierung in Zukunft 15 statt 10 Prozent des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien decken müssen. Zugleich bekommen sie aber mehr Spielraum, die Vorgaben zu erfüllen - etwa was Ersatzmaßnahmen wie die Wärmedämmung betrifft. Sie bekommen zum Beispiel mehr Möglichkeiten, einzelne Maßnahmen miteinander zu kombinieren. Zudem können sie Sanierungsfahrpläne erstellen lassen und diese anrechnen. Eine solche Analyse zeigt, welche Sanierungsschritte in welcher Reihenfolge für ein Gebäude sinnvoll sind. Neu ist auch, dass das Gesetz künftig ebenfalls für Nicht-Wohngebäude wie Bürohäuser, Schulen oder andere öffentliche Einrichtungen gilt.

Sehen Sie im baden-württembergischen Gesetz ein Modell für den Bund?

Ja, auf jeden Fall. Zumindest in dieser Legislaturperiode wird eine entsprechende Regelung auf Bundesebene aber wohl nicht kommen.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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