Einspruch beim Finanzamt:Dranhängen an laufende Verfahren

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Bürger wehren sich oft vor Gericht gegen Steuergesetze. Wer beim Finanzamt Einspruch einlegt, kann von den Klagen profitieren.

Marco Völklein

Streit ums Geld gibt es immer wieder. Das gilt insbesondere auch für die Steuer. Vor den Finanzgerichten sind zahlreiche Verfahren anhängig, in denen sich Bürger gegen aus ihrer Sicht ungerechte Gesetze wehren.

Was viele Steuerzahler nicht wissen: Wenn sie Streit mit dem Finanzamt haben, können sich an laufende Verfahren dranhängen und so von einem Urteil eventuell profitieren. Für die Musterprozesse zum Aufspringen auf das Bild klicken. (Foto: Foto: AP)

Was viele Steuerzahler nicht wissen: Sie können sich an laufende Verfahren dranhängen und so von einem Urteil eventuell profitieren.

Das könnte der Fall sein, wenn Eltern Kinderbetreuungskosten geltend machen. Seit 2006 gelten neue Regeln: Danach können Ausgaben etwa für die Kinderbetreuung oder die Versorgung in einem Hort zwar als Sonderausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden, aber nur zwei Drittel der Ausgaben. Und nur höchstens 4000 Euro pro Kind.

Zudem spielt das Alter des Kindes eine Rolle sowie die Berufstätigkeit der Eltern. Alles sehr kompliziert. Und sehr begrenzt.

Klagen an verschiedenen Gerichten

Gegen diese Begrenzung haben Eltern vor verschiedenen Gerichten geklagt. Nach Angaben des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) beschäftigen sich mittlerweile die Finanzgerichte Sachsen (Az. 1 K 1240/07), Hessen (Az. 8 K 2151/07), Mecklenburg-Vorpommern (Az. 1 K 156/08) und Niedersachsen (Az. 10 K 200/07) damit.

Betroffene Eltern können sich nun an diese Verfahren anhängen und Einspruch einlegen gegen ihren Steuerbescheid. Sie sichern sich so ihre Chance, bei entsprechenden Entscheidungen der Gerichte eventuell zu viel gezahlte Steuern zurückzuerhalten.

Allerdings mahlen die juristischen Mühlen langsam - und das Einspruchsverfahren ist kompliziert. Es kommt nämlich darauf an, in welcher Gerichtsinstanz sich das jeweilige Verfahren gerade befindet.

Nur zwei Instanzen

In der Finanzgerichtsbarkeit gibt es, das macht es zumindest etwas einfacher, im wesentlichen nur zwei Instanzen. Da sind zum einen die Finanzgerichte, die auf Länderebene organisiert sind. Und als zweite Instanz der Bundesfinanzhof (BFH) mit Sitz in München, das oberste deutsche Steuergericht. Darüber existiert nur noch das Bundesverfassungsgericht und in speziellen Fällen noch der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Befindet sich ein Verfahren in der ersten Instanz, legt ein Bürger, der sich an eine laufende Klage dranhängen will, zunächst Einspruch gegen seinen Steuerbescheid ein. In dem Schreiben verweist er auf die Verfahren und nennt die Aktenzeichen.

Das Finanzamt muss daraufhin den Einspruch prüfen; es kann ihn auch ablehnen. Will der Bürger sicherstellen, dass er dennoch sein Recht erhält, müsste er nun theoretisch gegen die Ablehnung seines Einspruchs selbst klagen.

Nur eine Frage der Zeit

Das allerdings würde die Gerichte wie auch die Finanzämter arg belasten. "Deshalb ist es sinnvoll, zusammen mit dem Einspruch das Ruhen des Verfahrens aus Gründen der Zweckmäßigkeit zu beantragen", sagt NVL-Geschäftsführer Uwe Rauhöft. Vielleicht lässt sich das Amt überzeugen und hält den Bescheid offen, bis Gerichte ein Urteil gefällt haben.

In vielen Fällen ist es nämlich nur eine Frage der Zeit, bis die Streitfragen beim BFH landen. Sobald ein Verfahren in dieser Instanz ist, sind die Finanzämter in der Regel gezwungen, den Bescheid offen zu halten. "Einspruch einlegen muss der Bürger aber trotzdem", sagt Rauhöft.

Oft ist es daher auch sinnvoll, einen Einspruch einzureichen und dann darauf zu hoffen, dass das Verfahren möglichst rasch beim BFH landet. Urteilen die Richter abschließend zu Gunsten des Klägers, erhält nicht nur dieser Geld vom Fiskus zurück - sondern auch derjenige, der auf die Klage aufgesprungen ist.

Nicht viel Zeit

Bei wichtigen Entscheidungen halten die Behörden die Bescheide übrigens von sich aus offen, ohne dass der Bürger Einspruch einlegen muss. Dann erhalten die Steuerbescheide einen "Vorläufigkeitsvermerk".

Das war zum Beispiel bei der Pendlerpauschale so. Gegenwärtig umfasst der Vorläufigkeitskatalog des Bundesfinanzministeriums zwölf Verfahren - darunter auch der Streit darüber, ob Privatpersonen die Ausgaben für den Steuerberater geltend machen können. Und die Frage, ob Arbeitnehmer ein heimisches Arbeitszimmer absetzen dürfen.

"Die Zahl der beim BFH anhängigen Verfahren ist aber weit höher", sagt Gerhard Schapperer von der Steuerberatung Ecovis. "Auf diese Verfahren bezieht sich der Vorläufigkeitsvermerk nicht", sagt er: "Will der Bürger von Urteilen profitieren, muss er aktiv werden und Einspruch einlegen." Dafür bleibt ihm aber nicht viel Zeit: Die Frist beträgt lediglich einen Monat und beginnt mit dem Zugang des Bescheids. Wer später reagiert, hat keine Chance mehr.

© SZ vom 06.04.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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