Einlagensicherung:Vor dem Crash den Gurt straffziehen

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Europa will die Guthaben von Sparern in der Finanzkrise besser schützen - doch es wird schwierig, das politisch durchzusetzen.

Alexander Hagelüken

Europas Geldhäuser werden internationaler. Crédit Mutuel übernimmt die deutsche Citibank, die Royal Bank of Scotland schluckte ABN Amro und die HVB gehört zur Unicredit. Doch was wäre, wenn die Finanzkrise eines dieser grenzübergreifenden Institute in den Abgrund stürzen würde? Was passiert mit dem Geld der Kunden? Als im vergangenen Herbst die Bank Northern Rock strauchelte, standen Kunden Schlange, um in Panik ihr Erspartes abzuholen - und dabei handelte es sich nur um ein rein britisches Institut ohne internationale Verflechtungen.

Anschnallpflicht: Die EU will die Einlagensicherung stärken. (Foto: Foto: ddp)

Seit dem Fall Northern Rock überlegen Europas Politiker, wie sie das Geld der Kunden besser schützen können. Bisher gilt ein EU-Gesetz, wonach nationale Systeme Einlagen des Kunden von 20.000 Euro schützen müssen. Dieses Geld bekommt er auf jeden Fall ausgezahlt. In Deutschland sichern die Banken durch individuelle Einrichtungen weit höhere Summen ab. Doch auch hier ist der Schutz nicht perfekt.

Bald 40.000 Euro gesichert?

Beim Anlagebetrugsfall Phoenix war die zuständige Einrichtung der Wertpapierhandels-Firmen überfordert. Und bei Banken würde der Kollaps eines großen Instituts mit großer Wahrscheinlichkeit den Sicherungsfonds platzen lassen, stellte ein Gutachter für Finanzminister Peer Steinbrück im März fest.

Die EU-Kommission erwägt nun, den Schutz auszubauen. Im Gespräch ist, den Kunden künftig europaweit 40.000 Euro zu garantieren. Außerdem könnten die Banken verpflichtet werden, diese Summe nicht wie bisher erst nach drei Monaten, sondern bereits nach ein paar Tagen auszuzahlen.

Verboten werden könnte auch die Praxis in elf EU-Staaten, wonach Kunden mindestens zehn Prozent ihrer Einlagen verloren geben müssen. Dies würde den Standard in einigen europäischen Staaten erhöhen. Profitieren würden davon aber auch Deutsche, obwohl die Sicherung in der Bundesrepublik ohnehin höher ist.

Viele Bundesbürger lassen sich durch attraktive Festgeld-Zinsen zu ausländischen Banken locken, die im Falle einer Pleite bisher nur 20000 Euro Erspartes garantieren. Künftig wären Deutsche höher abgesichert. Schon eine Erhöhung der nationalen Schutzgrenzen wird einigen Widerstand der Bankbranche erzeugen, die zusätzliche Kosten tragen muss. Politisch noch heikler ist die Frage, wie grenzüberschreitende Fälle geregelt werden.

"Muss die deutsche Einlagensicherung einspringen, wenn der Mutterkonzern Unicredit in Turbulenzen gerät, die deutsche Tochter HVB aber keine Problem hat?", fragt der EU-Abgeordnete Alexander Radwan (CSU). Und weiß zugleich: "Darauf gibt es bisher keine Antwort. Die Branche will ihre nationalen Sicherungssysteme behalten und ja nichts europäisieren".

Der Finanzexperte sieht Handlungsbedarf. "Wenn wirklich ein großes internationales Geldhaus in Schwierigkeiten gerät, wird es die Regierung des Heimatlandes auf keinen Fall pleite gehen lassen. Aber es sollte jetzt schon geregelt werden, wer in diesem Fall bezahlen muss".

Probleme sehen Fachleute darin, dass die Sicherungssysteme in den verschiedenen Staaten und damit die politischen Interessen sehr unterschiedlich ausfallen. In manchen Ländern stellen die Banken schon vorab Geld für eventuelle Notfälle bereit. In anderen zahlen die Institute erst, wenn eine Bank gestrauchelt ist - dann aber ist Streit ums Geld programmiert.

Insgesamt haben die Banken nach einem Bericht eines Gremiums der EU-Finanzminister nur 12 Milliarden Euro für Notfälle vorab eingesammelt. Das ist viel weniger als die Schulden der Institute. Reichlich Stoff für Streit zwischen den Regierungen - wenn Brüssel seine Pläne in ein paar Wochen offiziell vorstellt, wird es einen heißen Herbst geben.

© SZ vom 24.07.2008/jpm/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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