Einheitliches Zahlungssystem in Euro-Zone:Superlange neue Kontonummern

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Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen werden in Europa vereinheitlicht, schneller und sicherer - aber nicht billiger.

Von Helga Einecke

Grenzenloses Bezahlen mit dem Euro von einem einzigen Konto aus: Das klingt einfach und plausibel, wird aber bisher durch viele nationale Bankensysteme im Euroraum bei Überweisungen, Lastschriften und Zahlen mit Bankkarten erschwert und verteuert. Sechs Jahre nach Einführung des Euro-Bargelds startet an diesem Montag das Projekt Sepa. Es bedeutet übersetzt einheitlicher europäischer Zahlungsraum.

Es soll das Zahlen ohne Bargeld bequemer, schneller, sicherer machen, in Deutschland nicht unbedingt billiger. Politik, Banken und Zentralbanken hoffen, neuen Schwung in den Währungsraum zu bringen. Sepa wird mindestens drei Jahre parallel zu den bestehenden nationalen Zahlungssystemen laufen.

Bankkunden können, müssen aber nicht sofort neue Formulare ausfüllen. Bei den Überweisungen gibt es neue internationale Kontonummern und Bankleitzahlen. Alle Kundenkarten der Banken sollen in zwei Jahren europaweit mit sicheren Chips ausgerüstet werden und im Handel und an Geldautomaten einsetzbar sein. Lastschriften werden mit zeitlicher Verzögerung, nämlich 2009, europaweit verbindlich.

Fehler selbst prüfen

Verbraucherschützer sehen die neuen Möglichkeiten skeptisch. "Welche Kosten auf die Verbraucher zukommen, können wir noch nicht einschätzen", sagte Manfred Westphal von der Verbraucherzentrale. Er fürchtet, die Kunden könnten anfangs mit den neuen, wesentlich längeren Nummern und Leitzahlen nicht zurechtkommen. Bisher hätten die Banken automatisch geprüft, ob Empfänger und Kontonummer übereinstimmen. Bei Fehlern müsste künftig der Kunde sehen, wie er sein Geld zurückbekomme.

Dagegen wollen die Zentralbanken die nationalen Zahlungsbarrieren rasch überwinden und preisen Sepa als einen großen Durchbruch. Bundesbankvorstand Hans Georg Fabritius sieht für die Verbraucher vier Vorteile.

Erstens könnten sie Lastschriften über die Grenzen hinweg vergeben, ihre Bankkarten an noch mehr Geldautomaten und Kassen einsetzen. Zweitens werde die Leistungspalette der Banken breiter und vielfältiger. Drittens hätten die Bankkunden mehr Auswahl und könnten ihren gesamten Zahlungsverkehr über ein Konto eines Kreditinstituts in Europa abwickeln.

Viertens sorge der steigende Wettbewerb in Europa für einen Preisdruck. Allerdings seien die Zahlungsdienste in Deutschland bisher schon preisgünstig. Banken machten Kontenverwaltung und Zahlungsverkehr besonders günstig, um neue Kunden anzulocken. Diese Dienste würden offensichtlich über andere Produkte subventioniert.

Fabritius weist auch darauf hin, dass die Umstellung mittelfristig angelegt ist, was bei 17 Milliarden Zahlungen pro Jahr allein in Deutschland auch nicht anders möglich sei. Für den Erfolg sei wichtig, so der Bundesbankvorstand, dass die öffentlichen Verwaltungen mitzögen. "Da Sepa politisch unterstützt wird, sollten öffentliche Stellen konsequent sein und möglichst zügig umstellen", sagte er.

Große Banken profitieren

Andreas Pratz vom Beraterunternehmen A.T. Kearney ist da skeptisch. Er traut der öffentlichen Verwaltung die Kontenumstellung erst zu, wenn sie politisch diktiert wird. "Also erst nach 2011", fügt er hinzu. Zum Beispiel habe die Bundesagentur für Arbeit ein uraltes System, scheue aber die Kosten einer freiwilligen Ausrichtung auf Europa. Strittig ist nämlich, ob die EU-Kommission die Freiwilligkeit zu Sepa in zwei bis drei Jahren beendet und den europäischen Zahlungsverkehr vorschreiben wird.

Nach einer Untersuchung von Pratz nutzt der neue Zahlungsraum vor allem großen Banken, Unternehmen und Abwicklern. Profitieren würden überdies Mobilfunkbetreiber, weil viel über Handys oder auch Internet-Zahlungssysteme abgebucht werde.

In Deutschland machen alle Banken beim einheitlichen Zahlungsverkehr mit. Fabritius fordert allerdings, die Institute sollten helfen, Einstiegshürden bei den neuen Kontonummern und Bankleitzahlen zu beseitigen. Der Bundesbankvorstand regt auch an, die Ermächtigungen im Lastschriftverfahren sepa-fähig zu machen. Millionen neuer Mandate würden die Umstellung sehr verzögern, daher sollten alle Lastschriftverträge auf einmal ins neue Recht übergehen können.

© SZ vom 28.01.2008/sho/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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