Die Finanzkrise und ihre Folgen:Staat, Wirtschaft und Macht

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Die US-Regierung muss ihr Rettungspaket für die Banken nachbessern. Es geht dabei vor allem um zwei Themen: Begrenzung von Macht und Schutz der amerikanischen Steuerzahler.

Nikolaus Piper

Mit ihrem 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket hat die amerikanische Regierung eine Kernschmelze im Finanzsystem verhindert. Die Gefahr ist allerdings noch lange nicht vorüber, wie die extreme Nervosität an den Weltbörsen zeigt. Es waren vor allem Zweifel über das Gesetzgebungsverfahren im Kongress, die diese Nervosität zuletzt genährt hatten: Kann das Paket schnell beschlossen werden? Oder werden sich Demokraten und Republikaner gegenseitig blockieren?

US-Finanzminister Paulson, Notenbankchef Bernanke und der Chef der US-Börsenaufsicht, Cox (v.l.n.r.). (Foto: Foto: Reuters)

"Erinnert an den Marsch in den Irakkrieg"

Bei dem ganzen Verfahren hat Präsident George Bush ein Problem, und das lässt sich nicht besser beschreiben als mit den Worten des demokratischen Kongressabgeordneten Mike McNulty aus New York: "Das erinnert auf unheimliche Weise an den Marsch in den Irakkrieg. Diese Regierung hat uns immer wieder gesagt, die Wirtschaft sei fundamental gesund. Und plötzlich heißt es, die Wirtschaft stehe vor dem Zusammenbruch. Das ist nicht akzeptabel." Auf Deutsch: Wie soll man jemandem, der zuvor gelogen hat, vertrauen, wenn er beispiellose Vollmachten für Eingriffe in die Wirtschaft verlangt?

Nach der Anhörung von Finanzminister Hank Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke im Bankenausschuss des Senats ist klar: Das Rettungspaket kann, trotz aller Bedenken, schnell Gesetz werden. Aber es sind dazu ein paar entscheidende Änderungen notwendig. Die Demokraten drängen darauf, sie haben in der Sache recht. Es geht dabei vor allem um zwei Themen: Begrenzung von Macht und Schutz der amerikanischen Steuerzahler.

Stichwort Macht: Im Zuge der Rettungsaktion bekommt der US-Finanzminister einen so weitreichenden Einfluss auf die Geschicke privater Unternehmen, wie es ihn in einer Marktwirtschaft eigentlich nicht geben dürfte. Das ist nur dann hinnehmbar, wenn es glasklare Regeln für die Eingriffe gibt, wenn Interessenkonflikte ausgeschlossen sind und der Verdacht der Willkür gar nicht erst aufkommen kann. Die sauberste Lösung wäre es, einen Fonds zu gründen, der, wie in der Bankenkrise der achtziger und neunziger Jahre, unabhängig von Weisungen des Finanzministeriums arbeitet, oder aber wenn die bereits bestehende Regulierungsbehörde FDIC damit beauftragt wird.

Unter optimistischen Annahmen plus/minus null

Stichwort Steuerzahler: Bei dem Paket geht es, anders als in der öffentlichen Diskussion oft unterstellt, nicht darum, dass der Staat für 700 Milliarden Dollar wertlose Papiere kauft und dann behält. Ziel ist es, die Wertpapiere zu einem fairen Preis zu erwerben und weiterzuveräußern, sobald sich die Märkte normalisiert haben. Unter optimistischen, allerdings ziemlich unrealistischen Annahmen geht das Geschäft für den Fiskus mit plus/minus null aus. Notwendig ist eine Vorsorge für den sehr wahrscheinlichen Fall, dass dies nicht so sein wird. Dafür braucht der Finanzminister als Treuhänder der Steuerzahler Sicherheiten. Die könnten darin bestehen, dass der Staat Bezugsrechte auf stimmrechtslose Vorzugsaktien bei den Firmen erwirbt, die an dem Programm teilnehmen. Die könnte die Regierung notfalls einlösen.

Schließlich verlangen die Demokraten einen Deckel auf die Bezahlung von Managern. Das wäre zwar nur ein symbolischer Akt; das eigentliche Thema ist hier langfristiger Natur und nicht binnen einer Woche zu lösen: Wie kann künftig verhindert werden, dass finanzielle Anreize aus Bankmanagern Hasardeure machen? Doch in diesen Zeiten sind auch Symbole wichtig. Sinnvoll wäre es, Abfindungen für gescheiterte Manager in den beteiligten Firmen zu begrenzen.

Es bleibt die Frage, ob andere Länder ein ähnliches Rettungspaket brauchen. In Deutschland ist dieses Thema so diskutiert worden, als müssten die Europäer den Amerikanern bei der Lösung ihrer Probleme helfen. In Wirklichkeit geht es aber um etwas anderes: Haben die europäischen und konkret die deutschen Banken ihre Probleme so weit im Griff, dass der Bundesrepublik eine teure Lösung erspart bleibt? Bisher scheint dies der Fall zu sein. Die Bundesregierung sollte aber bei den Kreditinstituten auf umfassende Information dringen, um keine bösen Überraschungen zu erleben.

© SZ vom 25.09.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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