Die EM-Spiele der Banken:Echte Lattenknaller

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Viele Kreditinstitute werben mit neuen Produkten zur Europameisterschaft. Finanzexperten warnen jedoch vor Fußballeuphorie bei der Geldanlage: Die Angebote sind - wenn überhaupt - nur etwas für echte Fans.

Thomas Öchsner

Noch 24 Tage, dann beginnt die Fußball-Europameisterschaft (EM). Für einige Banken ist aber schon längst Anstoß: Sie versuchen von der Fußballbegeisterung der Deutschen zu profitieren - und locken mit neuen Produkten, deren Konditionen irgendwie mit der EM zusammenhängen.

Die Banken versuchen mit dem Etikett Fußball den Verkauf anzukurbeln. Doch die angebotenen Produkte sind - wenn überhaupt - nur etwas für echte Fans. (Foto: Foto: dpa)

Der Clou dabei: Wenn die Deutschen Meister werden, gibt es meist Extra-Zinsen. Unabhängige Finanzexperten sind von den neuen Angeboten aber nur mäßig begeistert.

Bei der Fußball-WM war die Postbank im Wettlauf um neue Kunden besonders aktiv. Diesmal versucht vor allem die Dresdner Bank mit dem Etikett Fußball den Verkauf anzukurbeln.

Das Institut setzt dabei auf das Prinzip Hoffnung: Wenn die Deutschen den Titel holen, wird das Tagesgeldkonto statt mit den üblichen 3,75 Prozent mit 5,0 Prozent verzinst. Die Offerte hat allerdings einen Haken: Den Bonus von 1,25 Prozentpunkten gibt es nur bis 7. September.

Pokal auf der Kreditkarte

Bayern-München-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge sagt zwar: "Fußball ist keine Mathematik."

In diesem Fall lohnt es sich aber, zum Taschenrechner zu greifen: Angenommen ein Kunde eröffnet sofort das "Europameisterkonto", dann könnte er bei einem Sieg des Teams von Trainer Joachim Löw an 110 Zinstagen den Bonus kassieren. Auf ein Jahr gerechnet und unter der Voraussetzung, dass sich der variable Zinssatz von 3,75 Prozent nicht verändert, würde der Anleger damit auf einen Durchschnittszinssatz von 4,14 Prozent kommen.

Das ist deutlich mehr als die 3,25 Prozent, die der Marktführer ING-Diba derzeit für täglich verfügbares Geld zahlt. "Verglichen mit anderen Tagesgeldangeboten, bei denen die Konditionen nicht vom Abschneiden der deutschen Mannschaft abhängen, ist das Angebot aber nicht besonders attraktiv", sagt der Finanzexperte Horst Biallo, der seit vielen Jahren auch für die SZ die Konditionen der Banken vergleicht.

Ein weiterer Nachteil: Der Sonderzinssatz ist auf höchstens 50.000 Euro pro Person begrenzt. Trotzdem hat das Institut bereits knapp 300 Millionen Euro zusätzlich mit dem Europameisterschaftskonto gewonnen.

Eher etwas für überzeugte Fans ist auch die EM-Kreditkarte der Dresdner. Bei der auf 20.000 Exemplare limitierten Karte, die den silbernen EM-Pokal vor grünem Hintergrund zeigt, entfällt im ersten Jahr die Jahresgebühr. Vom zweiten Jahr an sind aber 30 Euro fällig - "das ist ein guter Zeitpunkt, um sich zu überlegen, ob man diese Kreditkarte noch weiter haben will", sagt Biallo.

Auch die Marketing-Strategen der Hypovereinsbank (HVB) lassen sich von der EM inspirieren. Das Institut wirbt derzeit kräftig für den "Champion Bond". Dahinter verbirgt sich eine Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer Mindestanlagesumme von 1000 Euro.

Die Kaufgebühr (Ausgabeaufschlag) beträgt 1,5 Prozent, statt 1000 sind also 1015 Euro fällig. Die Bank garantiert am Ende der Laufzeit eine Mindestrückzahlung von 100 Prozent. Diese erhöht sich auf 106 Prozent, wenn der Fußball-Europameister aus einem der neun Länder kommt, in denen der HVB-Mutterkonzern Unicredit vertreten ist.

Dazu zählen neben Deutschland zum Beispiel Italien, die Tschechische Republik oder die Türkei. Der Käufer hat zusätzlich die Chance auf eine noch höhere Rückzahlung. Diese hängt davon ab, wie sich die Aktienindizes DivDax (Deutschland), ATX (Österreich), S&P/Mib (Italien) und CECE (Osteuropa) entwickeln.

Andreas Beck, Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau, hat allerdings große Zweifel, dass Bankkunden mit dem "Champion Bond" zu einem Meister der Geldanlage werden. So dürfe man sich von dem Begriff "Kapitalschutzanleihe" nicht täuschen lassen.

Beck rechnet vor: Zwar bekommt der Kunde im schlechtesten Fall nominal 100 Prozent zurück. Der Ausgabeaufschlag von 1,5 Prozent ist aber weg. Außerdem wird das Papier dann nicht verzinst. "Bei einer Inflationsrate von drei Prozent hätte der Kunde nach fünf Jahren in Wirklichkeit einen Kaufkraftverlust von insgesamt etwa 18 Prozent", sagt Beck.

"Anleger sollten nur das kaufen, was sie wirklich verstehen."

Auch die mögliche Rückzahlung von 106 Prozent sei nicht besonders attraktiv. Nach Abzug der Kaufgebühr bringt dies einen Zinssatz von 4,5 Prozent, allerdings ohne jährliche Auszahlung von Zinsen, die wiederangelegt werden können - das werfen zum Teil auch Tages- und Festgeldanlagen ab. Beck rät grundsätzlich bei Produkten, hinter denen sich komplexe Strukturen verbergen, zur Vorsicht.

"Anleger sollten nur das kaufen, was sie wirklich verstehen." Das gelte auch für andere Offerten, die jetzt das Thema Fußball mit der Geldanlage verbinden. "Solche Produkte kommen aus der Marketingabteilung, sie sind lukrativ für die Bank, aber in der Regel nicht für den Kunden."

Verkaufsschlager bei der Fußball-WM vor zwei Jahren war zum Beispiel das "Weltmeisterzertifikat" der Postbank, dessen Verzinsung von der Entwicklung von 25 Aktien abhängt. Im ersten Anlagejahr zahlte die Bank die garantierten sechs Prozent. Davon blieben nach Abzug der Kaufgebühr aber nur drei Prozent übrig. Im zweiten Jahr brachte das Papier nur noch magere zwei Prozent - nicht gerade weltmeisterlich.

© SZ vom 15.05.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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