Bußgelder im Ausland:Zahlen oder aussitzen

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Teures Urlaubsfoto: Radarkontrolle auf der Inntalautobahn. Die österreichischen Behörden verschicken immer häufiger Vollstreckungspost. (Foto: Roland Mühlanger/imago)

Wer im EU-Ausland gegen Verkehrsregeln verstößt, kann dafür auch in Deutschland belangt werden - und die Bußgelder sind oft deutlich höher als hierzulande.

Von Felicitas Wilke

Falschparken in Paris oder der Anruf aus den Niederlanden bei den Lieben daheim: Es ist Urlaubszeit, und deutsche Touristen laufen Gefahr, bei kleineren und größeren Verkehrsverstößen im Ausland einen Strafzettel zu kassieren. Über deutsche Bußgeldsummen - zehn Euro fürs Parken ohne Parkschein oder 60 Euro für das Handy am Steuer - können die Behörden anderer europäischer Länder nur lächeln. So kostet es beispielsweise mindestens 230 Euro, wenn Autofahrer in den Niederlanden auf das Handy statt auf die Straße schauen.

Wie das Magazin Finanztest berichtet, können die meisten europäischen Länder Bußgelder auch in Deutschland eintreiben - nicht immer wird das aber auch getan. Wer in Griechenland, Irland und Italien einen Strafzettel an der Windschutzscheibe findet, kann sich bisher weitgehend zurücklehnen: Diese drei Länder haben einen EU-Rahmenbeschluss zu Bußgeldern nicht in nationales Recht umgesetzt.

Seit knapp fünf Jahren gilt in Deutschland der Beschluss der Europäischen Union, der festlegt, dass ausländische Geldbußen von einer Bagatellgrenze von 70 Euro an in Deutschland vollstreckt werden. Das heißt, die Behörden können das Geld eintreiben, wenn der Autofahrer nicht freiwillig zahlt. Und die Bagatellgrenze ist schneller überschritten, als man meinen mag: So kostet Falschparken in Dänemark umgerechnet 68 Euro, und weil die Verfahrenskosten zur Geldbuße hinzugezählt werden, ist auch bei einer vermeintlichen Kleinigkeit die "magische" Grenze schnell erreicht. In Österreich sorgt ein bilaterales Abkommen mit Deutschland dafür, dass Geldbußen schon von 25 Euro an vollstreckt werden.

Führerscheinentzug ist nicht möglich, ein Fahrverbot schon

Der Urlaub kann also schnell teurer werden, den Führerschein darf es die deutschen Autofahrer jedoch nie kosten, weiß Michael Nissen, Rechtsexperte beim ADAC. "Das Urlaubsland darf dem Autofahrer maximal ein vorübergehendes Fahrverbot aussprechen", erklärt er, in Deutschland sei dieses Verbot aber nie gültig. Und auch Punkte beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg gibt es für Verstöße im Ausland nicht.

Rahmenbeschluss hin oder her, in der Realität ist es für die EU-Länder gar nicht so einfach, ein Bußgeld einzutreiben. Polizisten oder Blitzer im Ausland halten meist nur das Kennzeichen fest. Um den Verkehrssünder anzuschreiben, benötigen die Behörden jedoch die Daten des Fahrzeughalters. Das Kraftfahrtbundesamt gibt diese Informationen nur bei größeren Verstößen wie Missachten einer roten Ampel oder Alkohol am Steuer heraus.

Ausländische Behörden sind bei Parkverstößen also oft machtlos - außer sie gelangen auf anderem Wege an die Halterdaten, zum Beispiel, weil der Fahrer ein Wiederholungstäter ist und seine Daten bereits vorliegen. Wer tatsächlich einen Bußgeldbescheid aus dem Ausland erhält, hat drei Optionen: zahlen, Einwände geltend machen - oder aussitzen. Ist der Vorwurf berechtigt und der Autofahrer will die ganze Angelegenheit schnell beenden, kann er direkt die geforderte Summe bezahlen. Manche Länder gewähren Schnellzahlern sogar Rabatte.

"In der Praxis sind viele Länder nicht konsequent"

Fühlt sich der Halter zu Unrecht bezichtigt, muss er seine Einwände vorbringen. Das gilt beispielsweise, wenn er gar nicht selbst gefahren ist. In vielen Fällen können Betroffene den Vorfall aber auch aussitzen. "In der Praxis sind viele Länder nicht konsequent, wenn es darum geht, Bußgelder einzutreiben", berichtet Jurist Nissen. Der Grund: Die eingetriebene Summe geht nicht zurück ins Ausland, sondern bleibt in Deutschland.

Der Aufwand, ein Ersuchen zur Vollstreckung an das zuständige Bundesamt für Justiz zu senden, übersteigt somit den Nutzen für die EU-Länder. Eine Ausnahme bilden die Niederlande: Mehr als 98 Prozent der Aufforderungen im vorigen Jahr kamen aus dem Nachbarland - wohl, um Konsequenz und Härte gegenüber Verkehrssündern zu zeigen, vermutet Nissen. Wegen des bilateralen Abkommens ist außerdem mit Post aus Österreich zu rechnen. Die gesonderte Regelung besagt, dass die Bußgeldsumme zurück nach Österreich überwiesen werden muss - das steigert die Motivation in Wien, Vollstreckungsersuche zu versenden.

Teuer kann es außerdem werden, wenn man als Urlauber in ein Land zurückkehrt, in dem im wahrsten Sinne des Wortes noch eine Rechnung offen ist. "Gerade Italien hat ein langes Gedächtnis", sagt Nissen. Wer dort in eine Verkehrskontrolle gerät, läuft Gefahr, alte Rechnungen begleichen zu müssen - auch wenn das Land, wie Italien, Forderungen im Ausland nicht vollstrecken kann. Gleiches gilt für das Nicht-EU-Land Schweiz. Aussitzen kann funktionieren, die sicherste Lösung bleibt aber, das Bußgeld zu bezahlen. Oder wie Michael Nissen sagt: "Wenn man einen Verkehrsverstoß begeht, sollte man eigentlich auch die Konsequenzen tragen."

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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