Bund nimmt Kredit auf:Neuer Schuldenrekord

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Wirtschaftsflaute und zwei Konjunkturpakete: Die Bundesregierung benötigt möglicherweise mehr als 50 Milliarden Kredit.

Thomas Öchsner

Wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise steuert der Bund auf die größte Verschuldung aller Zeiten zu. "Wenn man alles zusammenrechnet, sind wir zwischen 50 und 60 Milliarden Euro", sagte der Chef des Haushaltsausschusses im Bundestag, Otto Fricke (FDP).

Auch im Bundesfinanzministerium wurde nicht ausgeschlossen, dass in diesem Jahr die Marke von 50 Milliarden Euro überschritten wird. Bislang beläuft sich der Rekord bei der Neuverschuldung auf 40 Milliarden Euro. Dies war 1996 unter Finanzminister Theo Waigel (CSU) der Fall.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wird am Dienstag im Kabinett den Nachtragsetat für 2009 vorlegen. Die Neuverschuldung beläuft sich dabei auf 36,8 Milliarden Euro. Das ist etwa doppelt so viel, wie noch im Herbst 2008 vorgesehen war. Hinzu kommt der Investitions- und Tilgungsfonds für Konjunkturhilfen in Höhe von 21 Milliarden Euro. Auch dieser wird über Schulden finanziert. Die Mittel sind aber für zwei Jahre gedacht.

"Künftigen Generationen nicht mehr zumuten"

Der Fonds ist Teil des Konjunkturpaketes II, das zum Beispiel Entlastungen bei Sozialabgaben und eine Abwrackprämie für das Verschrotten von Altautos vorsieht. Insgesamt hat der Etat ein Volumen von 297,5 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmen sollen sich auf 233,2 Milliarden Euro belaufen. Das sind knapp elf Milliarden Euro weniger als bisher angenommen.

FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin warf Steinbrück vor, die Nettokreditaufnahme mit Hilfe des Tilgungsfonds künstlich kleinzurechnen. Das Finanzministerium wies dies zurück. Der Fonds habe einen konkreten Tilgungsplan, Ziel sei weiter ein ausgeglichener Etat. Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, sagte, die Schulden hätte eine Obergrenze erreicht. Mehr dürfe der Staat "zukünftigen Generationen nicht mehr zumuten".

Nach dem Grundgesetz soll die Neuverschuldung nicht höher ausfallen als die Ausgaben für Investitionen. Die Regierung kann aber höhere Schulden aufnehmen, wenn sie eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" abwehren muss.

Dies ist nun der Fall: Die Investitionen belaufen sich auf 28,7 Milliarden Euro. Die Neuverschuldung ist höher. Deshalb muss Steinbrück am Dienstag eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklären, um die höheren Schulden rechtfertigen zu können.

© SZ vom 26.01.2009/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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