Brüssels neue Pläne:Konten und Versicherungen sollen billiger werden

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Kaum ein Kunde wagt es, bei einer ausländischen Bank ein Konto zu eröffnen. Dabei könnten sie damit viel Geld sparen.

Alexander Hagelüken

Charlie McCreevy ist sich sicher: Europas Verbraucher zahlen oft mehr für Bank- und Versicherungsprodukte als nötig. Einen wichtigen Grund dafür hat der EU-Kommissar für Binnenmarkt ausgemacht: mangelnder Wettbewerb zwischen den Finanzdienstleistern. Vor allem über die Grenzen. Nur jeder hundertste Bürger wagt es, bei einer ausländischen Firma ein Konto zu eröffnen oder eine Versicherung abzuschließen. Die nationalen Anbieter dominieren. In den meisten Staaten gehen 90 Prozent aller Prämieneinnahmen an heimische Versicherer.

Jetzt will der irische Kommissar für mehr Wettbewerb sorgen. ,,Preise senken'', heißt ein programmatisches Kapitel in seinem neuen Strategiepapier zu Finanzgeschäften, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

,,Vor allem im Zahlungsverkehr und bei Finanzprodukten für Verbraucher gibt es zu wenig Konkurrenz'', schreiben McCreevys Fachleute. Ein Beleg dafür: Für normale Konsumentenkredite oder Girokonten bezahlen die Europäer ganz unterschiedliche Summen. Während ein Litauer nur durchschnittliche Kosten von 15 Euro im Jahr für sein Girokonto mit üblichen Bankleistungen hat, muss ein Luxemburger 17 Mal so viel aufwenden - was sich kaum aus dem Wohlstandsgefälle zwischen Ost und West erklären lässt. Im Schnitt bezahlt ein Europäer 120 Euro im Jahr.

Verdeckte Gebühren

Wem das angesichts all der Werbeangebote für kostenlose Girokonten in Deutschland sehr hoch vorkommt, den warnt Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen vor Fehlschlüssen.

,,Kostenlose Konten gibt es nicht'', sagt Pauli. ,,Auf die eine oder andere Weise holt sich die Bank ihr Geld.'' Insgesamt sei oft sehr intransparent, was ein Kunde letztlich für sein Konto zahle. ,,Bessere Information'' - das ist ein Ziel, das Kommissar McCreevy verfolgt. Womöglich soll ein standardisiertes Basis-Girokonto entwickelt und rechtlich festgeschrieben werden, dessen Kosten für den Verbraucher sofort nachvollziehbar wären.

Der Ire will generell sicherstellen, dass ausländische Anbieter sich ohne Hürden etwa auf dem deutschen Markt niederlassen können. Je mehr Anbieter um den Kunden buhlen, desto weniger muss er bezahlen, ist der Kommissar überzeugt. Ins Visier nimmt sein Strategiepapier (,,Grünbuch'') vor allem Barrieren für den Wechsel zu einer günstigeren Bank. Oft sei der Kontotausch ,,mit hohem Verwaltungsaufwand'' verbunden. Der Kunde muss viel Papierkram erledigen und unzähligen Adressen seine neue Bankverbindung mitteilen- weshalb mancher lieber bei seinem alten, teuren Kreditinstitut bleibt.

Um den Wechsel zu erleichtern, denkt McCreevy an EU-weite Regeln. Eine Expertengruppe wird kommenden Monat detaillierte Vorschläge machen. Verbraucherschützer Pauli unterstützt den Vorstoß: ,,Es gibt heute in Deutschland kein System, das Bankkunden den Wechsel erleichtert.'' Nur Strafgebühren sind anders als in manchem Nachbarstaat verboten.

Neben dem Verwaltungsaufwand gibt es noch eine andere Hürde: wenn das Konto etwa an Darlehen, Kreditkarten oder andere Finanzprodukte gekoppelt ist. McCreevy will untersuchen, wie Koppelungen bekämpft werden können, die die Flexibilität des Konsumenten einschränken. Generell erschweren es solche Bindungen, ein Konto aufzulösen, beobachtet Verbraucherschützer Pauli.

Wenn etwa ein Kredit an ein Girokonto geknüpft ist, muss er oft über dieses zurückgezahlt werden. Wer sein Konto zu einer anderen Bank verlagern will, steht vor Schwierigkeiten, die den Wechsel unattraktiv machen. Ähnliche Probleme können auftreten, wenn das Konto an eine Kreditkarte geknüpft ist. Pauli hält McCreevys Initiative für wichtig, weil solche Bindungen immer häufiger würden: ,,Die Banken versuchen verstärkt, Kunden durch Produktkoppelungen an sich zu binden.''

McCreevys 21-seitiges Strategiepapier liest sich wie ein Wunschkatalog, was alles im Bank- und Versicherungsbereich besser werden könnte. Nach Konsultationen mit der Branche sollen daraus konkrete Gesetzentwürfe oder Selbstverpflichtungen werden.

© SZ vom 24.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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