Börsenhändler Müller:Dirk und seine Freunde

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Witzchen über Blüm und die Finanzkrise: Der Börsenhändler und Bestseller-Autor Dirk Müller wandelt auf den Spuren des Komikers Mario Barth. Noch spielt der Händler eine Liga tiefer.

Markus Zydra

Da kommt er auf die Bühne, der große Mann mit dem gut gestutzten grauen Bärtchen ums Kinn. Aus den Lautsprechern dröhnt "Money for nothing" von den Dire Straits. Dirk Müller, Deutschlands berühmtester Börsenhändler, genießt den vorläufigen Höhepunkt einer ungewöhnlichen Karriere: Vom Börsenparkett auf die Bühne, vom Aktienhändler zum Abendunterhalter.

Immerhin 1000 Menschen sind an diesem Donnerstagabend in den Kölner Sartory-Saal gekommen, um ihn zu sehen. 29 Euro hat jeder Besucher bezahlt. Viele sind von weit her gereist, etwa aus Konstanz, Wien und München.

Müller geht die Sache launig an, nachdem er seinen musikuntermalten Einmarsch beendet hat. "870 Euro hat ein deutscher Rentner, damit kann er echt ein Fass aufmachen", sagt Müller und verzieht spöttisch die Lippen, was alle sehen, weil sein Auftritt auch auf eine große Leinwand übertragen wird.

"Diese tolle Rente reicht, um in das Fass dann auch einzuziehen, weil man sich die Wohnungsmiete nicht mehr leisten kann", pointiert er dann, bevor die berühmte Sentenz des früheren Bundesarbeitsministers Norbert Blüm eingespielt wird, nämlich dass die Renten sicher seien. "Ja", meint Müller, "aber über die Höhe hat er nichts gesagt. Einige im Publikum lachen.

Banker-Kritik kommt gut an

Der schlagfertige Börsenmakler merkt, dass es einen Unterschied macht, ob man dem Fernsehen in fünf Sekunden einen knackigen Spruch serviert, oder ob man 1000 erwartungsvolle Menschen stundenlang unterhalten muss.

Öffentliche Karrieren beginnen häufig mit einem Zufall. Bei Müller lag es am Arbeitsplatz. Er saß jahrelang unter der großen Dax-Tafel im Frankfurter Börsensaal. Wenn der Dax fotografiert wurde, dann wurde Müller mitfotografiert. So sah man ihn häufig in der Zeitung. "Mister Dax" hieß er fortan.

Der telegene Familienvater zeigte sich auch sehr wortgewandt und kritisierte in der Finanzkrise die Banker. Das kam gut an. Die Bevölkerung versteht seine klaren Worte. Dann schrieb Müller das Buch "Cashkurs", mittlerweile ein Bestseller.

Müller und das Vorbild Barth

Jetzt soll er zum großen Star aufgebaut werden: Mit einer Unterhaltungsshow zu Aktien, Börsen und Finanzen. Unterhaltsame Finanzen? Geldanlage gilt als dröge, das passt eigentlich nicht zusammen. Doch Müller will es passend machen, weil sich die Menschen viel mehr für ihre Finanzen interessieren müssten, meint er.

Müller will den Schwung aus seiner Popularität weiter nutzen. Ursprünglich war der Abend sogar deutlich größer angelegt, in der Kölnarena mit 3000 Besuchern. Das wäre die Liga des Komikers Mario Barth gewesen, doch soweit ist der Börsenprofi nicht.

Müller hat an diesem Abend Freunde mitgebracht, die der Show mehr Leben geben sollen. Oliver Roth etwa, er ist Chefhändler bei der Close Brothers Seydler Bank in Frankfurt und war früher Fußballprofi bei Borussia Dortmund. Roth berichtet, wie er einem Bankberater damals 5000 Mark anvertraute und das Geld verlor.

Robert Halver, ein Kapitalmarktexperte der Baader Bank, berichtet herzerfrischend von seiner Jugend auf dem Bauernhof, und schließt daraus, wie wichtig es ist, greifbares Vermögen zu besitzen. Der Fernsehmoderator Frank Meyer witzelte über seine Ossi-Herkunft, um dann irgendwie den Bogen zum Thema Gold und Silber zu spannen.

"Der Bankberater ist ein Bankverkäufer."

Im Kern geht es immer um eine Sache: Bürger sollen in Gelddingen nur sich selbst vertrauen. "Der Bankberater ist ein Bankverkäufer", sagt Müller. Schließlich nenne man ja den Autoverkäufer auch nicht Autoberater. "Lassen sie sich nichts aufschwatzen von den so genannten Experten", fordert Müller und spielt ein Filmchen ein, in dem ein Volkswirt im Herbst 2008 sagt, Deutschland bekäme keine Rezession. "Dabei waren wir damals schon längst in der Rezession."

Das kommt gut an bei den Zuschauern. Viele Frauen sind darunter, und alle Altersklassen. Wenn Dirk Müller eine bestimmte Zielgruppe erreicht, dann definiert sich diese Gruppe nicht über ähnliche Kleidung, Bartmoden und Handtäschchen. "Die musikalischen Einlagen waren überflüssig", sagt ein Besucher, der den Abend sonst gut fand.

Das Publikum darf über SMS nach der Pause auch Fragen stellen, und bis 23:30 Uhr geben Dirk und seine Freunde Antwort: Geduld, Geld und Disziplin brauche man an der Börse, man dürfe nicht alles auf eine Karte setzen. Das sind bekannte Tipps, aber es ist wichtig, wer etwas sagt, damit die Leute es glauben. Dirk Müller hat Guru-Status erlangt, die schwerste Aufgabe liegt aber vor ihm: Die Anhänger bei der Stange zu halten.

© SZ vom 08.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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