Börse:Banger Blick zur Wall Street

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Der Dax kämpft mit der 6000er-Linie: Nach anfänglichen Verlusten stoppt der deutsche Leitindex seine Talfahrt zunächst. Doch etliche Investoren befürchten den Kollaps weiterer Banken.

Die dramatischen Verwerfungen in der US-Finanzbranche schickten den deutschen Aktienmarkt auch am Dienstag zunächst auf Talfahrt, vor allem Finanzwerte gerieten abermals unter Druck. Viele Anleger befürchteten weitere Bank-Zusammenbrüche in den USA.

An der Börse geht es abwärts - stressige Zeiten für alle Broker. (Foto: Foto: dpa)

Der Dax fiel bis zum späten Vormittag in der Spitze um fast zwei Prozent auf 5950 Punkte. "Die Anleger sind extrem unsicher und nervös. Heute wartet hier alles auf die Zahlen von Goldman Sachs und die Zinsentscheidung der Fed am Abend", sagte ein Händler. Die inzwischen größte US-Investmentbank Goldman Sachs will ihren Quartalsbericht gegen Mittag veröffentlichen.

Gegen Mittag erholte sich der Leitindex leicht und stand am Mittag auf 6010 Punkten, während der MDax mit 0,79 Prozent auf 7824 Zähler ins Plus kletterte. Der TecDax stand 0,52 Prozent tiefer bei 734,65 Punkten.

Ein Händler sagte am Mittag: "Der aktuelle Erholungsversuch löst noch nichts und die Reaktion der Wall Street wird entscheidend sein." Der Dax kämpfe mit der 6000er-Linie und für eine nachhaltige Richtungsentscheidung fehle noch das Volumen. Es blieben noch zu viele Unsicherheiten im Markt.

Der unerwartete Anstieg des ZEW-Konjunkturbarometers hatte den Dax angeschoben."Der ZEW ist nicht so schlecht ausgefallen, wie einige befürchtet hatten. Deshalb erholen sich die Kurse leicht", sagte ein Händler. Das Konjunkturbarometer, das die Erwartungen der Finanzmarktprofis misst, war im September auf minus 41,1 von minus 55,5 Zählern gestiegen. Analysten hatten nur mit einer Verbesserung auf minus 53 Zähler gerechnet.

Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Fed wird nach Börsenschluss in Europa seine Zinsentscheidung bekanntgeben. Bis Ende vergangener Woche sah es so aus, als ob der derzeit gültige Leitzins nicht angetastet würde. Doch nun erwarten Analysten, dass die Notenbanker Zinssenkungen signalisieren und vor allem, dass sie sich zu den Ereignissen der vergangenen Tage äußern.

Vertrauen muss wieder hergestellt werden

"Die Fed muss vor allem das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherstellen", sagte Heino Ruland, Analyst bei FrankfurtFinanz. Die US-Zinsen liegen seit April bei zwei Prozent.

Die EZB stellte den Banken der Eurozone zusätzlich 70 Milliarden Euro, die Bank of England (BoE) 20 Milliarden Pfund zur Verfügung. Damit wollen die Währungshüter sicherstellen, dass die Banken sich untereinander weiter Geld leihen.

Die AIG-Aktien, die in New York am Vorabend erneut um gut 60 Prozent nach einem 30-prozentigen Einbruch am Freitag abgestürzt waren, behaupteten sich in Frankfurt auf dem niedrigeren Niveau. Die Ratingagenturen Moody's, Standard & Poor's und Fitch schlossen weitere Herabstufungen aber nicht aus.

Dadurch könnten sich für AIG die Kosten der Refinanzierung weiter erhöhen. "Wenn AIG zusammenbricht, dann wird es richtig schlimm. Dagegen waren Lehman und Bear Stearns gar nichts", sagte ein Händler. "Die Verwicklungen mit der Finanzwirtschaft sind viel größer als bei den Investmentbanken."

Die Anleger trennten sich in Frankfurt vor allem von Commerzbank-Aktien, die um bis zu 10,8 Prozent auf 14,19 Euro einbrachen. "Die Commerzbank leidet unter der Übernahme der Dresdner Bank. Denn bei dieser Transaktion hat sie sich deren Investmentbanking-Sparte Dresdner Kleinwort ins Boot geholt", sagte ein Händler. Die Aktien der Allianz - bisher Mutterkonzern der Dresdner Bank - fielen bis zum späten Vormittag um 4,3 Prozent. Die Titel der Deutschen Bank verbilligten sich um drei Prozent. Der Branchenprimus hatte sich erst vorige Woche zur Übernahme der Postbank durchgerungen. Deren Aktien fielen um mehr als fünf Prozent.

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