Bima:Richtungswechsel

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Lange hat der Bund seine eigenen Grundstücke zu Höchstpreisen verkauft. Damit ist jetzt Schluss. Die zuständige Behörde Bima will bezahlbaren Wohnraum schaffen. Ihr Chef Christoph Krupp erklärt, warum.

Interview von Andreas Remien

Auch ein Projekt der Bima: die neue BND-Zentrale in Berlin. In Zukunft will der Bund auch wieder Wohnungen bauen. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Der Bund ist einer der größten Grundstückseigentümer in Deutschland. Die Verwaltung der Flächen und Gebäude ist Aufgabe der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Seit 1. Oktober 2018 ist Christoph Krupp Vorstandssprecher der Behörde. Der 59-Jährige war zuvor unter anderem Chef der Senatskanzlei in Hamburg und gilt als Vertrauter von Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Eine im vergangenen Herbst von der Bundesregierung beschlossene Richtlinie erlaubt es der Bima, Kommunen zu bevorzugen und Flächen deutlich günstiger zu verkaufen.

SZ: Die Bundesregierung will mehr bezahlbare Wohnungen schaffen, gleichzeitig ist die Bima dem Finanzministerium unterstellt. Was ist Ihre Aufgabe: Eine soziale Bodenpolitik umzusetzen oder Geld zu verdienen?

Christoph Krupp: Die Hauptaufgabe der Bima ist zunächst einmal, dem Bund die Liegenschaften zu verschaffen, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben braucht. Wir müssen zum Beispiel Ministerien, die Bundeswehr oder den Zoll mit Grundstücken und Gebäuden versorgen. Das wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft vergessen. Eines der jüngsten Großprojekte war zum Beispiel der Neubau der BND-Zentrale in Berlin. Wir sind Dienstleister des Bundes und kümmern uns neben der Bereitstellung von Flächen auch um alles, was zu einer Immobilienverwaltung dazugehört, von der Modernisierung bis zum Schneeräumen. Nur wenn der Bund ein Grundstück nicht mehr braucht, verkaufen wir es.

Ihrem Vorgänger ging es unter Finanzminister Schäuble dann vor allem darum, mit den Grundstücken möglichst viel Geld zu verdienen. Ist es damit nun vorbei?

Grundsätzlich ist der Ansatz richtig, dass der Staat Güter zu ihrem Marktpreis verkauft. Aber wir können eben auch nicht ignorieren, dass die Preise für Immobilien in vielen Städten so stark gestiegen sind. Wenn wir zum Höchstpreis verkaufen würden, wäre das mit einer sozialverantwortlichen Bodennutzung nicht vereinbar. Das passt auch nicht zu den wohnungspolitischen Zielen der Bundesregierung. Daher gibt es seit dem vergangenen Jahr einige Veränderungen.

Das heißt vor allem, dass Sie Grundstücke günstiger verkaufen?

Das heißt vor allem, dass wir Flächen immer zuerst den Kommunen anbieten. Es darf niemals so sein, dass ein Bürgermeister erst aus der Zeitung erfährt, wenn der Bund ein Grundstück verkauft. Den Erstzugriff haben die Kommunen nun bei fast allen Flächen. Wir wollen dann mit den Kommunen darüber reden, was aus den Flächen werden soll, wobei natürlich letztlich die Kommunen mit ihrer Planungshoheit bestimmen, was realisiert wird.

In der Regel werden also die Kommunen die Grundstücke des Bundes kaufen?

Es sind viele Modelle möglich. Die Kommune oder ein städtisches Wohnungsunternehmen kann das gesamte Grundstück erwerben und, sofern gewollt, weiterverkaufen. Auf einem Teil der Fläche könnte auch die Bima bauen. Es ist aber auch weiterhin möglich, dass wir die Fläche oder einen Teil davon am freien Markt verkaufen. Am Ende hängt es davon ab, was die Kommune will.

Christoph Krupp. (Foto: Bima)

Welches der Modelle ist besonders geeignet, um schnell günstige Wohnungen zu bauen?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Wir machen außerdem keine Kommunalpolitik und wollen den Städten keine Vorschriften machen. Aus meiner langjährigen Erfahrung in der Lokalpolitik weiß ich, dass es nicht förderlich ist, wenn eine übergeordnete Instanz meint, alles besser zu können.

Es sind also vor allem die Städte am Zug?

Natürlich kommt zunächst den kommunalen Wohnungsunternehmen eine besondere Bedeutung zu. Aber man sollte auch den Beitrag der privaten Unternehmen nicht gering schätzen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem in den Metropolen alle Kräfte gebraucht werden: kommunale Unternehmen, Genossenschaften und auch die freien Wohnungsunternehmen. Die Aufgabe, schnell Wohnungen zu bauen, können wir nur gemeinsam stemmen.

Damit auch günstige Wohnungen gebaut werden, gewährt die Bima seit vergangenem Jahr deutliche Preisnachlässe. Manche Gemeindevertreter halten das noch nicht für ausreichend. Sie fordern eine grundsätzliche Abkehr vom Marktwert. Können mit den jetzigen Regeln ausreichend günstige Wohnungen gebaut werden?

Wir verbilligen den Kaufpreis einer Fläche um 25 000 Euro pro geplanter Sozialwohnung. Je mehr günstiger Wohnraum geschaffen wird, desto stärker sinkt also der Kaufpreis. Im Einzelfall kann bei einer sehr hohen Anzahl von Sozialwohnungen das Grundstück sogar unentgeltlich abgegeben werden, also zum Preis von null Euro. Ein Unternehmen, das Sozialwohnungen bauen will, kann nicht viel mehr als 500 oder 600 Euro pro Quadratmeter Fläche bezahlen. Mit der geltenden Verbilligungsrichtlinie liegen nach unseren Berechnungen in 95 Prozent der Fälle die Preise für geeignete Bima-Liegenschaften darunter. In den Fällen, in denen das nicht so ist, wollen wir eine Lösung finden. Unser Ziel ist ganz klar: Wir möchten den Bau bezahlbarer Wohnungen dort, wo die Bima entsprechende Flächen hat, ermöglichen. Man muss sich dabei auch klarmachen, dass breite Bevölkerungsschichten berechtigt sind, eine Sozialwohnung zu beziehen. Das sind Menschen aus der Mitte der Gesellschaft.

Der Bima wurde immer wieder vorgeworfen, mit dem Verkauf zum Höchstpreis an private Investoren selbst ein Preistreiber zu sein.

Diese Kritiker führen alte Fälle an. Das ist nicht seriös. Die Bima hat auch schon früher Flächen für öffentliche Zwecke auf der Basis einer Wertermittlung an Kommunen verkauft. Noch einmal: Wir sind jetzt klipp und klar auf dem Kurs, unsere entbehrlichen Grundstücke zuerst den Städten und Gemeinden anzubieten. Unser Ziel ist es, möglichst schnell Flächen für bezahlbares Wohnen zu mobilisieren.

Manche Kommunen wie München würden sich wünschen, dass der Bund noch mehr Flächen verkauft.

Wenn wir Flächen als unentbehrlich einstufen, heißt das, dass der Bund dort Einrichtungen betreibt. Das liegt auch im Interesse der Stadt, denn so werden Arbeitsplätze erhalten und geschaffen. Speziell bei der Bundeswehr gibt es eine Trendwende beim Personal. Die Bundeswehr baut wieder Personal auf. Das bedeutet, dass sie auch mehr Flächen benötigt. Und da sind wir dann parteiisch: Die Erfüllung des Bundesbedarfes ist der gesetzliche Auftrag der Bima und hat für uns Vorrang.

Sie haben im Februar ein gemeinsames Papier mit den Kommunalverbänden veröffentlicht. Sollte das so etwas wie ein Neustart sein?

Es ging uns in erster Linie darum, gemeinsam über die Regelungen zu informieren. Es war aber auch ein großes und klares Signal, dass wir unsere intensive Zusammenarbeit mit den Kommunen weiter ausbauen wollen. Dieses partnerschaftliche Verhältnis ist mir wichtig.

In vielen Städten gehen die Flächen aus. Wo hat die Bima überhaupt noch Grundstücke, die sich für den Wohnungsbau eignen?

Wir sind gerade dabei, alle Flächen, die der Bund nicht mehr braucht, zu überprüfen. Wenn sich Grundstücke für den Wohnungsbau eignen, werden wir auf die Kommunen zugehen. Wir rechnen damit, dass dadurch in den nächsten Jahren der Bau von einigen Zehntausend Wohnungen ermöglicht wird. Allerdings sind in den angespannten Märkten nicht mehr allzu viele Grundstücke in unserem Bestand. In vielen Städten haben wir etwa die großen Kasernenflächen bereits verkauft. So konnten in München zum Beispiel mehr als 15 000 Wohnungen entstehen. Hinzu kommt, dass auch Bundesbedienstete wie Polizisten in vielen Städten immer größere Probleme bekommen, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Was wollen Sie dagegen machen?

Wir haben die frühere Politik aufgegeben, uns von Beständen zu trennen. Die 36 000 Wohnungen, die wir haben, behalten wir auch. Und wollen außerdem neue bauen.

Die Wohnungen sind ausschließlich für Bundesbedienstete gedacht?

Ja, da besteht ein riesiger Bedarf, vor allem auch in den mittleren Einkommensgruppen. Aber: Jede Wohnung, die wir bauen, entlastet am Ende den Markt und trägt zu den Zielen der Bundesregierung bei.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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