Bilanzierungsregeln:Ende eines Sonderweges

Lesezeit: 1 min

Die Finanzkrise ist Schuld - und auch der Erfolg von IFRS: Schrittweise trennen sich die USA von ihren Buchführungsregeln - und ordnen sich dem internationalen Standard unter.

N. Piper

Die Vereinigten Staaten werden ihre bisherige Sonderrolle aufgeben und schrittweise internationale Buchführungsregeln einführen. Einen entsprechenden Plan hat die Börsenaufsicht SEC in Washington vorgelegt. Ziel ist es, Geschäftsberichte für Anleger transparenter zu machen und Wettbewerbsnachteile für amerikanische Firmen abzubauen. Voraussichtlich 110 Großkonzerne dürfen die neuen Regeln im Dezember 2009 einführen, bis 2016 soll der Übergang für alle Firmen abgeschlossen sein.

Wall Street in New York: Angst vor drohendem Bedeutungsverlust. (Foto: Foto: AP)

Die Entscheidung der SEC ist ein wichtiger Beitrag zur Globalisierung und ein Zeichen dafür, dass auch Amerika bereit ist, mehr und mehr multilateral vereinbarte Regeln zu akzeptieren. Die internationalen Buchführungsregeln (International Financial Reporting Standards, IFRS) werden von dem International Accounting Standards Board (IASB) festgelegt. Das IASB ist eine unabhängige Organisation mit Sitz in London, die von großen Unternehmen und Wirtschaftsprüfern getragen wird. Über 100 Länder, darunter sämtliche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, haben die IFRS-Regeln bisher eingeführt.

Systematische Standards

Amerikanische Firmen sind dagegen verpflichtet, nach den "Allgemein akzeptieren Standards" der USA (Generally Accepted Accounting Principles, US-Gaap) zu berichten. Der wesentliche Unterschied zwischen US-Gaap und IFRS liegt weniger in einzelnen Vorschriften als im Grundsätzlichen: US-Gaap besteht, gemäß der angelsächsischen Rechtstradition, aus einer sich ständig weiterentwickelnden Sammlung einzelner Vorschriften, die nicht immer systematisch geordnet sind.

Die IFRS-Regeln dagegen sind systematische Standards, an denen sich dann einzelne Vorschriften ausrichten müssen. Ziel ist vor allem die Transparenz der Unternehmensergebnisse für die Anleger. Wirtschaftsprüfer schätzen, dass US-Firmen nach IFRS im Durchschnitt höhere Gewinne ausweisen werden als nach US-Gaap.

Angst vor Bedeutungsverlust

Der Chef der SEC, Christopher Cox, glaubt, dass der Übergang zu weltweit gültigen Standards im Interesse der Vereinigten Staaten liegt: Grund für den Plan sei "die wachsende internationale Akzeptanz von IFRS und die Tatsache, dass immer mehr amerikanische Anleger Aktien ausländischer Firmen besitzen", sagte Cox. Unter anderem dürfte es auch der überraschende Erfolg von IFRS sein, der die SEC zum Umdenken bewegt hat. Möglicherweise spielt auch die Finanzkrise eine Rolle.

In den vergangenen Monaten ist an der Wall Street die Sorge gewachsen, dass der Finanzplatz New York gegenüber London ins Hintertreffen geraten könnte. Ausländische Unternehmen, deren Aktien an amerikanischen Börsen notiert sind, dürfen schon seit dem vorigen Jahr nach IFRS berichten.

Bisher wird der IASB-Ausschuss durch Beiträge von Privatfirmen finanziert. Um die Unabhängigkeit der Organisation zu sichern, will die SEC künftig eine steuerähnliche Finanzierung durchsetzen.

© SZ vom 29.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: