BGH-Urteil zu Schokoriegel-Aktion:Werbung für Kinder erlaubt

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Bundesrichter lehnen eine Klage gegen eine Nestlé-Werbekampagne ab: Werbeaktionen für Kinder und Jugendliche sind prinzipiell zulässig.

Marco Völklein

Viele Eltern ärgern sich über die Werbeaktionen von Unternehmen, die speziell Kinder ansprechen. Sammelbildchen in Cornflakes-Packungen oder Spielzeug als Dreingabe zum Joghurt sollen den Nachwuchs locken.

Das BGH hat entschieden: Kinder sind Schokoladenkenner. (Foto: Foto: dpa)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass gezielte Werbeaktionen für Kinder und Jugendliche prinzipiell zulässig sind. Nur wenn dabei die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausgenutzt wird, könnten solche Kampagnen wettbewerbswidrig sein.

Konkret hatte der Verbraucherzentrale-Bundesverband gegen eine Aktion des Nestlé-Konzerns geklagt. Für jeden gekauften Schokoriegel erhielt der Käufer einen Punkt. Bei 25 Punkten gab es einen Fünf-Euro-Gutschein, einzulösen beim Internet-Händler Amazon.

Ausreichende Marktkentnisse bei Schokoriegeln

Der BGH lehnte die Klage ab. Kinder hätten bei Schokoriegeln "ausreichende Marktkenntnisse". Die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Sammelaktion könnten auch von Minderjährigen überblickt werden (Az. I ZR 160/05).

In anderen Fällen hatten die BGH-Richter auch schon mal anders geurteilt: So entschieden sie 2006, dass eine Anzeige für Handy-Klingeltöne in der Zeitschrift Bravo Girl die geschäftliche Unerfahrenheit der Kinder ausnutze (Az. I ZR 125/03).

In der Werbung hatte der Anbieter nur angegeben, dass das Herunterladen 1,86 Euro pro Minute kostet. Im Schnitt dauert das Herunterladen 110 Sekunden, sodass Kosten in Höhe von 3,40 Euro anfielen. Diese tatsächlich entstehenden Kosten könne ein Minderjähriger nicht abschätzen, so das Gericht. "Außerdem geht die Handy-Rechnung erst ein bis zwei Monate später zu", erläutert Axel Zimmermann, Anwalt der Münchner Wirtschaftskanzlei Heisse Kursawe Eversheds. Aus Sicht des Gerichts sei dies gerade bei Minderjährigen problematisch. "Die müssen ja erst noch lernen, mit ihrem Geld umzugehen."

Klingelton im Kinderzimmer

Wichtig auch: Die Jugendlichen können die Klingeltöne an jedem Ort und zu jeder Zeit herunterladen, etwa auch im eigenen Kinderzimmer. Auch daran störte sich das Gericht. "Denn damit fehlt ein gewisser Abstand, der zu einer rationalen Entscheidung der Kinder erforderlich ist", erläutert Zimmermann.

Ganz anders hatte der BGH im Fall der Zeitschrift 16 entschieden. Die Jugendpostille hatte 2001 in ihrer August-Ausgabe eine "Designer-Sonnenbrille" beigelegt. Das Heft kostete damals 4,50 Mark. Ein Wettbewerber hatte geklagt und argumentiert, die Brille alleine habe schon einen Wert von 30 Mark. Das verleite die Jugendlichen zum Kauf.

Doch der BGH lehnte die Klage ab (Az. I ZR 28/03). Auch Jugendliche verleite die Brille nicht zu einer irrationalen Entscheidung. "Wichtig ist auch, dass der Preis der Zeitschrift mit 4,50 Mark im Taschengeldbereich der Kinder liegt", so Zimmermann. Bei solchen Preisen und Waren des täglichen Bedarfs wie Süßigkeiten oder einer Flasche Cola gehen die BGH-Richter davon aus, dass Kinder und Jugendliche selbständig entscheiden können. Dies war auch bei der Nestlé-Aktion der Fall.

© SZ vom 18.07.2008/jpm/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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