Bausparen:Ein bedenklicher Boom

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Die Deutschen setzen auf Sicherheit und flüchten ins Kollektiv der Bausparer. Als Dauer-Parkplatz fürs Ersparte taugt das Produkt jedoch nicht

Simone Gröneweg

Digger sieht aus wie ein Rocker, trägt eine Lederweste und fährt eine Harley - die Werbefigur der Landesbausparkassen (LBS) würde man nicht gerade für den typischen Bausparer halten.

Neu errichtete Eigenheime in Pirna, südlich von Dresden: Bausparen lohnt sich nur, wenn man wirklich baut. (Foto: Foto: ddp)

Den gibt es vermutlich auch gar nicht, immerhin ist in Deutschland jeder Dritte Bausparer. Etwa 25 Millionen Menschen haben einen oder sogar mehrere Verträge. Und es werden nicht weniger. Im Gegenteil: Das Geschäft mit Bausparverträgen boomt. Die Kassen legen Rekordzahlen vor. Das Jahr 2008 lief ausgezeichnet. Das Fazit der Deutschen aus der Finanzkrise: Wenn nichts mehr sicher ist, rettet man sich mit einem Bausparvertrag.

Mancher Verbraucherschützer verfolgt den Trend kritisch. Etwa Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen: "Der größte Teil der Verträge wird über Banken verkauft. Man könnte provozierend sagen: Nun verkaufen die nicht Hähnchen, sondern Enten", sagt er.

Anders formuliert: Wer von verlustreichen Aktien, Zertfikaten und Fonds die Nase voll hat, dem kann der Bankberater vermutlich nur noch einen Bausparvertrag schmackhaft machen.

"Besser als Alpha-Zertifikate"

Gottschalk stimmt das nachdenklich: "Die Frage ist doch, ob so viele Leute einen Bausparvertrag brauchen." Die Verzinsung liege über Jahre bei vielleicht einem Prozent. Unter Umständen gibt es noch einen Treuebonus. Das eigne sich nicht als Geldanlage, sagt er.

Achim Tiffe, stellvertretender Direktor des Instituts für Finanzdienstleistugen in Hamburg, sieht den Bausparboom etwas gelassener: "Besser Bausparverträge als Alpha-Zertifikate." Beim Bausparvertrag könne man zumindest sicher sein, dass man das Geld wiederbekomme.

Und genau das ist vielen im Moment wichtig. Während ein Aktionär sich an einem Unternehmen beteiligt, und zwar mit allen Chancen und Risiken, wird der Bausparer Mitglied eines Kollektivs.

Das Ziel ist klar definiert: Gemeinsam will man für ein Haus oder eine Wohnung sparen. Darum überweist jeder Monat für Monat einen Betrag in einen großen Geldzopf und erhält dafür Zinsen. Wer genug gespart hat, bekommt ein Darlehen aus dem Topf und kann sich den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen.

Riskante Spekulationsgeschäfte sind tabu

Ist die Zahl der Sparer höher als jene der Darlehensnehmer, muss die Bausparkasse das Geld anlegen. Allerdings ist der finanzielle Spielraum dafür eng gesteckt, und zwar im Bausparkassengesetz. Aktien- und riskante Spekulationsgeschäfte sind tabu.

Dieses System zog die Anleger in den vergangenen Monaten magisch an. Matthias Metz, Chef der Schwäbisch Hall, sagte auf der Jahrespressekonferenz: "Tatsache ist, dass sich seit der Pleite von Lehman Brothers unser Wachstum spürbar beschleunigt hat. Im November und Dezember lag unser Geschäftsniveau 50 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum."

Lesen Sie auf der zweiten Seite, welche Fehler beim Bausparen häufiger gemacht werden.

Doch nicht nur die Finanzkrise, auch eine Änderung bei der Wohnungsbauprämie verursachte den Ansturm. Wer vom 1. Januar 2009 an einen Vertrag abschließt und die Prämie bekommt, muss das Geld in der Regel auch für eine Immobilie verwenden. Ansonsten streicht der Staat den Zuschuss. Das war vorher anders. Theoretisch hätte man sich mit dem Ersparten und der Prämie auch ein schickes Auto kaufen können. Wenig verwunderlich, dass viele Ende 2008 noch einen Vertrag abschlossen, um unter die alte Regelung zu fallen.

Das Problem: Niemand sollte eben mal schnell einen Bausparvertrag abschließen. Er lohnt sich, wenn man mit dem eingezahlten Geld irgendwann eine Immobilie kaufen, bauen oder renovieren möchte - aber nicht als Dauer-Parkplatz fürs Ersparte.

Wichtige Details

Hinzu kommt, dass die Verträge kompliziert sein können. Die Details sind wichtig. "Bausparer müssen darauf achten, dass ihr Vertrag zeitnah zum geplanten Bau oder Kauf zugeteilt wird", sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest.

Zuteilungsreif ist ein Bausparvertrag, wenn der Kunde Anspruch auf das Darlehen hat. "Man sollte sich genau erklären lassen, wann und unter welchen Bedingungen es ausgezahlt wird", rät Sahr. Anonsten könnte es passieren, dass jemand sein Traumhaus entdecke, aber noch nicht an sein Bauspardarlehen komme, meint Finanzexperte Tiffe. Und das sei ärgerlich. Wobei die Produkte bei weitem nicht mehr so starr seien wie früher, betont der Sprecher einer Bausparkasse.

Vorher rechnen spart Ärger

Ein häufiger Fehler beim Bausparen: Die Bausparsumme ist zu hoch. Sie setzt sich zusammen aus dem Bausparguthaben und dem Darlehen. Ein Beispiel: Die Bausparsumme liegt bei 50.000 Euro, wenn ein Kunde 25.000 Euro sparen muss, um ein Darlehen von 25.000 Euro zu bekommen.

Ganz klar: Wer an dieser Stelle einen hohen Betrag wählt, muss lange einzahlen, bevor er überhaupt an den Kredit kommt. Bei einigen Tarifen muss das Darlehen schnell zurückgezahlt werden. "Die monatliche Belastung ist dann trotz niedriger Zinsen viel höher als für ein normales Hypothekendarlehen - das können sich viele gar nicht leisten"", sagt Sahr. Da hilft nur, sich das Ganze vorher ausrechnen lassen.

Bei den Bausparkassen blickt man jedenfalls optimistisch ins nächste Jahr: Die Finanzkrise hält an - und dann gibt es ja auch den Wohn-Riester.

© SZ vom 07.02.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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