Bankgeheimnis:Schmutz und Schutz des großen Geldes

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Die EU-Finanzminister müssen über die Fragwürdigkeit des Bankgeheimnises entschiedener diskutieren: Nicht als Neid- sondern als Rechtsstaatdebatte.

Hans Leyendecker

"Pecunia non olet" - das ist das alte Zauberwort, das zu allen Zeiten den Kreislauf des Geldes beschleunigt hat. "Non olet" - diese Formel regte insbesondere in kleinen Ländern immer die Erwerbsinstinkte an.

"Non olet" - so hatte der römische Kaiser Vespasian einst seinen Sohn belehrt, als der ihn wegen der Steuer für die römischen Bedürfnisanstalten getadelt hatte: "Geld stinkt nicht." Und doch hat es zu allen Zeiten gestunken.

Wer weiß das besser als die 27 Finanzminister der EU, die in Brüssel über Spezialitäten wie Doppelbesteuerungsabkommen und Steueroasen verhandeln? Mit dreckigem Geld werden Terroristen finanziert, Drogengeschäfte gemacht und Geld stinkt auch, wenn sich einer nicht ums Gemeinwohl schert, sondern aus Eigennutz den Fiskus betrügt.

Zwei Lager

Genauer betrachtet, zerfällt die Ministerrunde in mindestens zwei Lager: Das eine Lager tanzt um das sogenannte Bankgeheimnis wie um das goldene Kalb. Das andere Lager glaubt zwar nicht an die Würde der Tresore, knackt die Kästen aber nicht.

Die Diskussion, die - ausgelöst durch das Dauerärgernis Liechtenstein - zaghaft in Europa begonnen hat, muss deshalb entschiedener geführt werden; nicht als Neid-, sondern als Rechtsstaatsdebatte.

Es gibt einen Steuerwettbewerb der Länder, und ganz vorne sind die, die sich besonders unsolidarisch verhalten. Sie verweigern Transparenz, schotten sich ab, weil sie von ihrer Geheimnistuerei profitieren. Sie geben sich, wie Liechtenstein oder die Schweiz, als etwas Besonderes und sind es oft gar nicht. Banken etwa, die nicht fragen, woher das große Geld kommt, verhalten sich auch im internationalen Wettbewerb unfair.

Häufig nur ein Popanz

Dabei ist das Allerheiligste der Geldbranche, das Bankgeheimnis, häufig nur ein Popanz, um die Kundschaft anzulocken.

In vielen Ländern war der kleine Kunde schon immer gläsern. Die deutsche "Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung" speichert Daten von mehr als 60 Millionen Personen und besitzt rund 384 Millionen Informationssätze. Sie erteilt jährlich fast 77 Millionen Auskünfte an 4500 Vertragspartner.

Das große Geld fließt, aus vielerlei Quellen gespeist, vor allem in die Schweiz. Und die Eidgenossen mühen sich, seine Herkunft und sein Wachsen durch das dortige Bankkundengeheimnis zu schützen. Die deutsche Steuergewerkschaft vermutet, dass etwa 150 Milliarden Euro deutscher Kunden in eidgenössischen Depots liegen.

Jedes Land macht sich seine Gesetze und bastelt sich auch sein eigenes Steuerrecht. Aber wer wie Liechtenstein und die Schweiz Steuerhinterziehung als Ordnungswidrigkeit betrachtet und allenfalls mit Geldbußen ahndet, sich ansonsten aber hinter dem Bankgeheimnis verschanzt und jegliche Rechtshilfe verweigert, macht sich der Beihilfe schuldig.

Brutale Interessenpolitik

Er entscheidet allein darüber, ob er ein in Deutschland begangenes Delikt für kriminell hält oder nicht. Das Geschäftsmodell "Wir verstecken dein Geld vor deinen Steuerbehörden" ist brutale Interessenpolitik.

Ein Zürcher Wochenblatt entdeckte in diesen Tagen den "neuen deutschen Imperialismus" und verglich das Vorgehen der deutschen Steuerfahndung mit dem Aufruf Chomeinis zur Ermordung des Schriftstellers Salman Rushdie. Dieser abstruse Vergleich zeigt die Maßlosigkeit der Verteidiger des alten Systems.

Das Bankgeheimnis der Schweiz wurde 1934 verschärft, um den NS-Behörden keine Auskunft über jüdische Konten geben zu müssen. Das war ein richtiger Schritt. Heute muss das Bankgeheimnis auch aus Gründen der Gerechtigkeit entschärft werden.

Die Zahl sieben kann verschwinden

Wer mit schmutzigem Geld hantiert, muss das Risiko kennen. "Unser Bankgeheimnis hat sieben Leben", sagte der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Die Zahl sieben aber steht nicht für ein Weltgesetz. Sie ist nichts Besonderes, sie kann verschwinden.

© SZ vom 05.03.2008/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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