Erstmals muss sich die angeschlagene Hypo Real Estate mit Klagen anderer Finanzdienstleister auseinandersetzen: Eine Tochtergesellschaft der BHF-Bank sowie die österreichische Fondsgesellschaft 3Banken Generali Investment haben Schadenersatzklagen gegen den angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) eingereicht.
Entsprechende Informationen der Süddeutschen Zeitung bestätigte das Landgericht MünchenI. Die Häuser werfen der früheren HRE-Führung vor, sie habe im vergangenen Jahr mehrfach die schlechte Geschäftslage verschleiert. Über die Höhe der geforderten Entschädigungen ist nichts bekannt, ebenso wenig, ob es sich um Sammelklagen handelt. Beide Institute wollten die Angelegenheit nicht kommentieren.
Neuer Trend?
Mit ihrem juristischen Vorgehen begehen die Institute einen ungewöhnlichen Tabubruch: Bislang war es nicht üblich, dass Kreditinstitute ihre Streitigkeiten vor Gericht klären lassen. Vor allem Privatanleger sind es, die zurzeit gegen die HRE klagen, deren Aktien in den vergangenen Monaten drastisch gefallen sind. Pikant an den Klagen ist außerdem: Sollten sie am Ende Erfolg haben, könnten Entschädigungen indirekt aus Steuertöpfen fließen.
Denn sobald Staatsgelder in die HRE-Bilanz fließen, dient das Kapital auch als Entschädigungsmasse. Die HRE war im vergangenen Herbst in erhebliche Finanznot geraten und kann zurzeit noch mit Hilfen von über 100 Milliarden Euro überleben. Eine Insolvenz des Immobilienfinanzierers würde zu schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten führen. Da die HRE als systemrelevant gilt, wird seit Wochen über den Einstieg des deutschen Staates diskutiert. Die Bank soll nun frisches Kapital erhalten, in Finanzkreisen heißt es, sie benötige bis zu zehn Milliarden Euro.
Die BHF betreut über ihre Tochtergesellschaft Frankfurter Service Kapitalanlage (FSK) so genannte Spezialfonds für institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherer sowie Produkte der hauseigenen Fondsgruppe Frankfurt Trust.
Persönlich bekannt
Größter Spezialfondsanbieter in Deutschland ist Allianz Global Investors mit einem verwalteten Vermögen von 102 Milliarden Euro, dahinter folgt die Universal Investment Gesellschaft mit 62 Milliarden Euro, so Daten des Branchenverbands BVI. Gerade für Spezialfonds im Versicherungssektor gibt es klare Renditeziele, die gerade im Fall HRE durch massive Kursverluste der Aktie gefährdet wurden.
Der Preis für das Wertpapier ist seit letztem Jahr von 24 Euro auf 80 Cent gefallen. Während in den USA Schadensersatzklagen zwischen Großunternehmen die Regel sind, war dieses Vorgehen im deutschsprachigen Raum bislang weitgehend unbekannt. Hintergrund ist, dass der Finanzplatz relativ klein ist und sich die Führungspersonen persönlich oft gut kennen. Das verstärke die Beißhemmung, sagen Brancheninsider. Andererseits aber sind Fondsgesellschaften die Treuhänder ihrer Kunden, sie haben daher die Pflicht, mögliches Unrecht zu verfolgen und Ansprüche zu prüfen.
Die Finanzkrise habe nun die Klagebereitschaft von Großinvestoren erhöht; nicht ausgeschlossen sei, dass weitere Institute nun folgen. "Der Trend ist da, allerdings wollen die Institute das nicht an die große Glocke hängen", sagt ein Banker, der einräumt, dass diese Einstellung ein wenig schizophren sei.
"Die wollen in der Öffentlichkeit nicht als jemand dastehen, der die falsche Aktie gekauft hat, obwohl bei der HRE womöglich geltendes Recht verletzt wurde." Erst vor kurzem hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Ex-Manager der HRE einzuleiten. Voraussetzung sei aber, dass die Untersuchung der Staatsanwaltschaft den Verdacht der Marktmanipulation erhärte.