Banken: Aktionäre verlieren Einfluss:Teilweise enteignet

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Aktionäre von geretteten Kreditinstituten haben derzeit nichts zu lachen: Ihr Einfluss schwindet, die Kurse fallen trotzdem. Immerhin: Die Gefahr einer Pleite ist weitgehend gebannt.

Catherine Hoffmann

In Berlin gibt es ein klares Ziel: Es wird keine Bank mehr umfallen, und dazu ist jedes Mittel recht - auch die Verstaatlichung. In der vergangenen Woche ging es los. Der Staat ist bei der Commerzbank eingestiegen. Der Bund übernahm 25 Prozent plus eine Aktie an der zweitgrößten deutschen Bank. Im Gegenzug erhält die Commerzbank weitere Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds, um den Kauf der Dresdner Bank und weitere Belastungen aus faulen Kreditpapieren abzusichern.

Der Staat ist bei der Commerzbank eingestiegen - die bisherigen Aktionäre des Instituts verlieren an Einfluss. (Foto: Foto: AP)

Die erste große Privatbank in Deutschland wurde teilverstaatlicht, die Aktionäre ein Stück weit entmachtet. Das Beispiel macht Schule. In der Koalition wird schon die Übernahme des angeschlagenen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) diskutiert.

Wie ist es überhaupt möglich, dass der Bund über Nacht ein Viertel der Aktien übernimmt, ohne die Hauptversammlung zu fragen? Das "Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an Unternehmen des Finanzsektors" erlaubt es. Es ist am 18. Oktober vergangenen Jahres in Kraft getreten. "Das neue Gesetz sieht eine umfassende Aufweichung der Aktionärsrechte vor", sagt Christoph Schalast, Juraprofessor an der Frankfurt School of Finance & Management.

Hoher Preis für schützende Hand

Es ermächtigt den Vorstand eines Bankhauses, das Grundkapital um bis zu 50 Prozent zu erhöhen: Das Institut verkauft neue Aktien an den Rettungsfonds für die Finanzwirtschaft, den der Bund und die Länder im November aufgelegt haben, und bekommt dafür Geld vom Staat. Gefragt werden muss lediglich der Aufsichtsrat, die Hauptversammlung muss nicht zustimmen. Und die bisherigen Aktionäre erhalten noch nicht einmal das Recht, neue Aktien zu beziehen. Wenn der Staat einsteigt, werden ihre Stimmrechtsanteile also verwässert, sie verlieren an Einfluss. Man könnte auch sagen: Sie werden teilweise enteignet.

Die Commerzbank-Aktionäre freut das nicht, das sieht man schon am Kursverfall: Der Kurs stürzte auf den tiefsten Stand in der Geschichte. Am Freitag kostete eine Commerzbank-Aktie noch 3,44 Euro, halb so viel wie vor dem Staatseinstieg. Aktionärsschützer sehen trotzdem keinen Grund, empört zu sein. "Es gab keine Alternative zum Einstieg des Staates", sagt Klaus Schneider, Vorstandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). "Für die Aktionäre ist die Staatsbeteiligung gut, weil die Bank praktisch nicht mehr pleitegehen kann."

Doch der Preis für die schützende Hand ist hoch. Die Aktionäre leiden nicht nur unter dem Kursverfall. Durch die Teilverstaatlichung ist ihr Anteil an der Bank gesunken. Weil sich die Zahl der Aktien kräftig erhöht hat, sinkt der Gewinn je Unternehmenspapier und damit auch die Dividende. Die Chance auf steigende Kurse schwindet erst recht. Insgesamt hat der Staat 18,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Für 1,8 Milliarden Euro hat der Fonds Aktien gekauft und das Eigenkapital der Bank gestärkt. Der größere Rest der Hilfen (16,4 Milliarden Euro) wurde in Form von stillen Einlagen gewährt.

Kein Geld für Aktionäre

Das Geld des Staates wird mit neun Prozent verzinst, was rechnerisch Kosten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro im Jahr entspricht. Zwar ist der Vorstandssprecher der Commerzbank, Martin Blessing, zuversichtlich, dass die Verzinsung der stillen Einlagen die Bank nicht überfordern werde. Doch das klingt nach Zweckoptimismus: In ihrem besten Jahr (2007) hat die Commerzbank einen Vorsteuergewinn von 2,5 Milliarden Euro erzielt.

Damit ist klar: Es bleibt wohl kein Geld übrig für die Aktionäre. Und schlimmer noch: Der Anteil des Staates dürfte schleichend wachsen, weil die Bank vermutlich noch immer jede Menge toxische Wertpapiere in der Bilanz hat, die sie in Zukunft abschreiben muss. Damit das Eigenkapital der Bank nicht zu sehr schrumpft, dürfte der Staat seinen Anteil weiter erhöhen.

Kritiker fürchten, dass sich der Staat künftig einmischt. "Der Bund verfolgt eine Geschäftspolitik, die den Interessen der restlichen Eigner entgegensteht", sagt Dieter Hein, Experte des Analysehauses Fairesearch. "Er hat die Gesamtwirtschaft im Blick und will nicht die Gewinne einer einzelnen Bank maximieren." Der größte Aktionär wolle vor allem die Kreditversorgung am Laufen halten, doch für die Bank sei es sinnvoller, im Abschwung mit Darlehen zu geizen. "Das wird die privaten Aktionäre letztlich ebenfalls Geld kosten", glaubt Hein.

Schwacher Trost für die verbleibenden Privataktionäre: Die Alternative zum Staatseinstieg wäre wohl Kursziel null gewesen.

© SZ vom 17.01.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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