Anlegen in Garantiezertifikaten:Mit Vollkasko an die Börse

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Garantiepapiere bieten einen kompletten Kapitalschutz und locken mit attraktiven Wertsteigerungen - doch das hat seinen Preis.

Thomas Öchsner

Das Geschäft mit Zertifikaten floriert. Im Juli 2006 steckten erstmals mehr als 100 Milliarden Euro in den Papieren. Besonders gefragt sind dabei Produkte, bei denen das eingezahlte Kapital garantiert ist. Mehr als jedes zweite Zertifikat, das in Deutschland verkauft wird, dürfte ein Garantiezertifikat sein. Thomas Nacke, Produktmanager bei der DZ Bank, begründet dies mit der Risikoscheu der Anleger.

Garantiezertifikate entwickeln sich zum neuen Sparschwein der Nation. (Foto: Foto: dpa)

"Viele Anleger wurden während der Börsenbaisse 2000 bis 2003 bitter enttäuscht und wollen jetzt lieber auf Nummer sicher gehen", sagt Nacke. Die Banken bieten deshalb Garantiezertifikate verstärkt als Ersatz für das Sparbuch an. "Aber nicht alles, was verkauft wird, bringt dem Anleger einen Mehrwert", warnt Michael Schmollgruber, Zertifikate-Experte bei dem Finanzdienstleister Financial Webworks. Er rät, sich die Produkte genau anzuschauen.

Keine jährlichen Zinsen

Die Funktionsweise: Bei Garantiezertifikaten garantiert der Emittent, also die Bank, dem Käufer, dass am Ende der Laufzeit 100 Prozent abgesichert sind. Die Bank steckt deshalb einen Großteil des Geldes in eine so genannte Nullkupon-Anleihe. Bei diesen Papieren fallen keine jährlichen Zinsen an (deshalb der Name Null-Kupon).

Die Zinsen gibt es erst am Ende der Laufzeit. So kann die Bank die vollständige Rückzahlung des Nennbetrags gewährleisten. Der Rest des vom Anleger eingezahlten Geldes wandert in Optionen. Die Bank schließt also am Terminmarkt eine Wette ab, etwa auf die Entwicklung eines bestimmten Aktienindex oder eines Korbs mit verschiedenen Aktien. Das ist der so genannte Basiswert.

Diese Komponente soll für den Gewinn sorgen, an dem der Anleger beteiligt wird. Geht diese Spekulation daneben, verliert der Kunde kein Geld. Er bekommt auf jeden Fall 100 Prozent des von ihm bezahlten Nennwerts zurück.

Die Laufzeit: Bei neu aufgelegten Garantiezertifikaten beläuft sie sich auf durchschnittlich fünf bis sechs Jahre. "Kunden, die die Papiere erwerben, sollten sich deshalb sicher sein, dass sie diese Laufzeit auch durchhalten können", sagt DZ-Banker Nacke.

(Foto: N/A)

Die Papiere lassen sich aber auch vorzeitig verkaufen. Mögliche Vor- und Nachteile: Während der Laufzeit können die Papiere unter ihren Ausgabepreis fallen, etwa weil sich der Basiswert schlecht entwickelt hat. Das ergibt beim vorzeitigen Verkauf einen Verlust. Umgekehrt können Anleger nach einem Kursanstieg durch einen vorzeitigen Verkauf Gewinne sicherstellen.

Schwer zu durchschauen

Die Mindestverzinsung: Es gibt Papiere mit und ohne Mindestverzinsung. Falls es einen garantierten Zins gibt, liegt dieser immer unter den üblichen Zinsen am Kapitalmarkt, also zum Beispiel derzeit bei 1,0 oder 1,5 Prozent (Tabelle). "Diese Zinskomponente lässt sich die Bank aber bezahlen, etwa indem sie den Käufer an einer positiven Entwicklung des Basiswertes weniger partizipieren lässt", sagt Experte Schmollgruber. Dies sei für den Bankkunden aber oft schwer zu durchschauen.

Die Einstiegssumme: In der Regel verlangen die Banken keine Mindestsumme.

Die Rendite: Es gibt keine komplette Statistik über die Wertentwicklung von Garantiezertifikaten. Eine Analyse der Stiftung Warentest von Garantiezertifikaten der WestLB ergab aber, dass drei von vier von der Landesbank aufgelegte Produkte außer der zugesicherten Mindestverzinsung nur marginale Zusatzrenditen brachten.

Warnung vor übertriebenen Erwartungen

Schmollgruber warnt deshalb auch vor übertriebenen Erwartungen: "Mit einer Rendite von fünf bis sechs Prozent im Jahr wäre der Kunde schon sehr gut bedient."

Die Steuer: Zertifikate sind rechtlich als Finanzinnovationen eingestuft. Die Spekulationsfrist von einem Jahr gilt deshalb nicht. Wer Kursgewinne erzielt, muss diese unabhängig vom Entstehungszeitraum voll versteuern. Im Vergleich zu Fonds sind Garantiezertifikate damit steuerlich deutlich schlechter gestellt.

Gewinne werden wie Zinseinkünfte behandelt. Ist der Sparerfreibetrag ausgeschöpft, kassiert der Fiskus mit. Das wirkt sich vor allem von 2007 an negativ aus, wenn der Freibetrag auf 750 Euro (Verheiratete: 1500) Euro gesenkt wird.

Der Basiswert: Bei Garantiezertifikaten lassen sich zwei Varianten unterscheiden. In der ersten Gruppe ist die Wertentwicklung an einen Index gekoppelt, wie zum Beispiel dem Deutschen Aktienindex (Dax), dem japanischen Nikkei 225 oder dem Euro Stoxx 50 für 50 wichtige Aktien aus dem Euroraum.

Ein Index ist für den Kunden transparenter

In der anderen Gruppe partizipieren die Käufer an der Entwicklung eines Korbes von Aktien, die die Bank ausgewählt hat. Schmollgruber favorisiert eindeutig die erste Gruppe. "Ein Index ist als Basiswert für den Kunden transparenter, weil er dessen Entwicklung leichter nachvollziehen kann." Der Experte, der früher selbst Zertifikate entwickelt hat, hat deshalb in der Tabelle für die Süddeutsche Zeitung ausschließlich solche Garantieprodukte ausgewählt.

Bei der zweiten Gruppe rät Schmollgruber zur Vorsicht. Wie die Anleger an der Entwicklung des Basiswerts beteiligt sind, sei oft sehr unterschiedlich. "Je komplizierter die Konstruktion, desto leichter kann die Bank Gebühren einbauen und ihre Gewinnmargen verstecken", warnt der Zertifikate-Experte. Außerdem bestehe die Gefahr, dass bei einem Sammelsurium von Aktien leicht durch die schlechte Wertentwicklung von einzelnen Papieren die Rendite für den Anleger auf Null sinkt.

Nach Ansicht von Schmollgruber sollte jeder Anleger vor dem Kauf eines Garantiezertifikats abwägen: Fest- oder Tagesgeld können derzeit 2,5 bis 3,5 Prozent bringen. Lohnt es sich für die Chance, vielleicht sechs Prozent herauszuholen, das Risiko einzugehen, überhaupt keinen Zins zu bekommen? "Nur wer diese Frage mit Ja beantwortet, sollte sich bei diesen Produkten engagieren." )

© SZ vom 30.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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