Anlage:Alles auf die Deutschland-Karte

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Die Deutschen legen ihr Geld vor allem national an. Das ist sicher, denken sie. Stimmt aber gar nicht. In Wirklichkeit ist es sogar ziemlich riskant.

Markus Zydra

Rauchen ist gefährlich, trotzdem machen es viele. Der zutiefst menschliche Impuls, das Falsche zu tun, obwohl man es eigentlich besser weiß, kann bei der Zigarette tödlich enden. Beim Thema Finanzen drohen dicke Verluste. Genau das passiert ziemlich häufig, denn die meisten Deutschen entscheiden sich im Spannungsfeld von Verstand und Gefühl auch bei der Geldanlage falsch.

Deutsche Anleger investieren vorzugsweise in Deutschland. (Foto: Foto: dpa)

So investieren 83 Prozent der Deutschen ihr Kapital überwiegend in Deutschland: in Aktien deutscher Konzerne, in deutsche Anleihen und in Fonds, die ihren Anlagefokus in Deutschland haben. Das zeigt eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK im Auftrag der britischen Investmentfondsgesellschaft Schroders.

Diese Konzentration auf den Heimatmarkt mag verständlich sein. Man kauft, was man vermeintlich kennt, doch diese Strategie ist enorm riskant, weil der Anleger so alles auf eine - die Deutschland-Karte - setzt. Dabei predigt die Finanzwissenschaft seit Jahrzehnten, dass das Kapital gestreut werden muss: über verschiedene Länder, Branchen und Anlageformen (Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Immobilien). Nur Streuung bringt Sicherheit.

Dennoch machen es die meisten immer noch falsch, und das auch noch wider besseres Wissen. Immerhin 52,6 Prozent der Befragten nennen China als die ökonomische Supermacht von morgen, dennoch, so die Umfrage, waren nur neun Prozent sicher, dort in den nächsten zwei Jahren auch zu investieren. Diese Furcht vor dem Ausland zieht sich durch die gesamte Auswertung.

Schere im Kopf

Das größte Risiko für Investoren sehen die Bürger derzeit in den USA, Afrika und China. In Deutschland, so die Einschätzung, sei das Anlagerisiko nahe null. "Die Leute denken, Deutschland sei die Insel der Seligen, die sich von der Welt abkoppeln könnte", sagt Achim Küssner, Geschäftsführer von Schroders in Deutschland. "Doch das ist ein Trugschluss." Die Umfrage macht die Schere im Kopf auch in anderen Punkten deutlich: So rechnen 37,3 Prozent der Befragten derzeit mit einem Sinken der Aktienkurse weltweit, doch nur 12,2 Prozent glauben, dass die Kurse auch am deutschen Aktienmarkt nachgeben werden. 50 Prozent sagen, dass ihnen internationale Kapitalanlagen zu risikoreich sind, 43 Prozent meinen, dass sie sich damit zu wenig auskennen.

Schon länger ist bekannt, dass es mit der Finanzbildung in Deutschland nicht zum besten steht. Gleichzeitig ist die Materie komplex, und wer sich richtig schlaumachen will, braucht Zeit, was wiederum Interesse voraussetzt. Doch das fehlt. In diese Lücke müssten eigentlich die Finanzberater preschen. Sie müssten in den Kundengesprächen dafür sorgen, dass das Kapital breit gestreut und so sicher angelegt wird. Wie auch diese Umfrage zeigt, ist das Ergebnis bislang unbefriedigend. Zwei Erklärungen bieten sich an: Entweder die Kundschaft ist zutiefst beratungsresistent. Oder viele Berater machen keinen guten Job.

US-Amerikaner investieren übrigens auch zu 85 Prozent in ihrem Heimatmarkt. Das ist ebenfalls wenig optimal, aber aufgrund der Größe und Breite der dortigen Wirtschaft für viele Fachleute noch eher vertretbar.

© SZ vom 14.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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