Allianz:72.166 Euro für jeden Kläger

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Die Bildung einer Europa AG ist bei vielen Allianz-Aktionären auf Widerstand gestoßen. Ein gerichtlicher Vergleich beschert 13 Klägern jetzt eine stolze Summe.

Caspar Busse und Daniela Kuhr

Gegen 23 Uhr schließt Versammlungsleiter Henning Schulte-Noelle an diesem 8. Februar endlich die außerordentliche Hauptversammlung der Allianz in Düsseldorf. 13 nervenaufreibende Stunden liegen hinter ihm. Um zehn Uhr hatte der Aufsichtsratschef des Versicherungskonzerns das Aktionärstreffen eröffnet.

Hauptversammlung der Allianz Anfang Mai in München. (Foto: Foto: ddp)

Zunächst ging alles seinen gewohnten Gang. Doch ab 16 Uhr 30 verzögerten mehrere Aktionäre durch eine Vielzahl von Detailfragen immer wieder die Abstimmung. Schließlich geben einige aus formalen Gründen Widerspruch zu Protokoll.

Ein Rechtsstreit war die Folge, mit dem sich das Landgericht München beschäftigen musste. An diesem Donnerstag wollte der Vorsitzende Richter eine Entscheidung verkünden. Doch die 13 klagenden Aktionäre und die Allianz einigten sich kurz zuvor auf einen gerichtlichen Vergleich: Gegen Erstattung der Anwaltskosten durch die Allianz nehmen die Kläger alle Anfechtungsklagen zurück.

Weg für die Europa AG frei

72.166 Euro, eventuell plus Mehrwertsteuer, erhält jeder Kläger. Dazu kommen nach Angaben einer Allianz-Sprecherin die Gerichtskosten. Der Weg zur Bildung einer Europa AG ist für den Münchner Versicherer damit frei.

Kein Einzelfall: Immer wieder versuchen Aktionäre, mit Klagen wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse zu blockieren. Oft spekulieren sie darauf, dass sich die entnervten Unternehmen mit den Klägern einigen, möglicherweise sogar Zahlungen leisten.

Die Allianz ist nun ein besonders prominentes Beispiel. Sie lässt sich die Einigung insgesamt etwa eine Million Euro kosten - nicht viel im Vergleich zu den Gesamtkosten. Die Schaffung der Europa-AG und die Fusion der deutschen und italienischen Allianz verschlingen 95 Millionen Euro.

Details im Internet

"Wir wollten Transparenz schaffen", heißt es bei der Allianz dazu. Der Vergleich sowie eine genaue Aufschlüsselung der Summen sind im Internet veröffentlicht worden.

Die Transparenz ist allerdings nichts, was sich der Versicherer freiwillig vornimmt - die Unternehmen sind gesetzlich seit Ende 2005 zur Offenlegung der vereinbarten Details verpflichtet. Denn das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (kurz Umag), das im vergangenen November in Kraft getreten ist, schreibt vor, dass alle Leistungen und Nebenabreden im Zusammenhang mit der Beendigung von Anfechtungsklagen veröffentlicht werden müssen.

Leicht verdientes Geld?

"Für 72.166 Euro je Person müssen ehrliche Menschen lange arbeiten", kommentierte die Börsen-Zeitung den Vorgang. Kritik an der Summe weist man auf Seiten der Kläger jedoch zurück.

"Das richtet sich ganz normal nach den Gebührensätzen des Rechtsanwalts-Vergütungsgesetzes", sagt der Dortmunder Anwalt Siegfried Lewinski der SZ. Er hat einen der 13 Kläger vertreten. Einen Spielraum gebe es nicht.

Auch der Streitwert, der im Vergleich mit acht Millionen Euro beziffert wurde, sei "eher im unteren Bereich". Schließlich habe die Allianz argumentiert, "dass bei ihr durch die Verzögerung der Eintragung der Europa AG Transaktionskosten in Höhe von rund 93 Millionen Euro entstehen würden", so Lewinski.

Viele hundert Seiten starke Schriftwechsel

Leicht verdientes Geld seien die 72.166 Euro jedenfalls nicht gewesen, betont der Jurist: "Das zog sich über Monate hin mit einem viele hundert Seiten starken Schriftwechsel." Zu der Frage, ob die Kläger denn auch etwas von dem Geld erhalten, sagte Lewinski: "Es ist nicht standesgemäß, wenn ein Anwalt das Honorar in voller Höhe an den Mandanten weiterleitet.

Wenn aber die beiden vor dem Vergleich schon ein bestimmtes Honorar vereinbart hatten, zum Beispiel einen Stundensatz, dann ist es zulässig, wenn der Anwalt den jetzt erstatteten Betrag an seinen Mandanten weiterleitet." Welche Vereinbarung er konkret getroffen hatte, sagte er mit Hinweis auf die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht.

"Nullsummenspiel für Kläger"

Damit ist offen, ob sich die Klage für die 13 Aktionäre auch persönlich auszahlt. "Das ist ein Nullsummenspiel für Kläger", glaubt man in Allianz-Kreisen. Rechtsexperten verweisen aber darauf, dass durchaus die Möglichkeit besteht, dass Kläger und Anwälte vorab Absprachen über die Aufteilung eines Erlöses getroffen haben.

© SZ vom 21.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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