Ackermann-Nachfolge:Auftritt der Kronprinzen

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Ein Jahr vor dem Abschied von Josef Ackermann bereitet die Deutsche Bank den Führungswechsel vor. Geeignetster Nachfolger scheint Risiko-Vorstand Hugo Bänziger zu sein.

M. Hesse

Vor zwei Jahren, als die Bankenwelt noch in Ordnung war, hat Josef Ackermann sich einmal einen Witz auf Kosten seines damals wichtigsten Mitarbeiters erlaubt. "Sie sehen, er kann kein Deutsch, und er nimmt auch keine Deutschstunden", sagte der Chef der Deutschen Bank bei der Bilanzpressekonferenz 2007 über Anshu Jain.

Ein Risikomanager passt in die Zeit: Hugo Bänziger gilt als plausibelster Nachfolger von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. (Foto: Foto: Deutsche Bank)

Der Co-Chef des Investmentbanking hatte der Bank mit seiner Handelsabteilung gerade einen Gewinnrekord beschert und wurde, nicht zum ersten Mal, als Ackermanns Kronprinz gehandelt. Er lerne bereits fleißig Deutsch, hatte es geheißen.

Komplizierte Wörter wie "Kreditkrise" und "Bankenrettungsfonds" beherrscht der Inder Jain heute vermutlich auch ohne Deutschkurs. Doch bei der Frage, wer bei der Deutschen Bank auf Josef Ackermann folgt, wenn der heute 61-Jährige im Mai 2010 abtritt, spielen längst andere Fragen als die Muttersprache die entscheidende Rolle. Die Krise hat die Bankenwelt und die Deutsche Bank verändert. Auch deshalb scheint Ackermanns Nachfolge offener denn je.

Alter Wegbegleiter

An diesem Dienstag macht der Aufsichtsrat dennoch den ersten Schritt, um das Erbe Ackermanns zu regeln. Das Kontrollgremium um Clemens Börsig wird beschließen, den Vorstand auf acht Manager zu verdoppeln.

Mit auf der Bühne steht künftig die Riege der möglichen Kronprinzen. Da ist wie gehabt Risikochef Hugo Bänziger, 53, ein alter Wegbegleiter, mit dem Ackermann schon in der Schweizer Armee diente. Am längsten im Vorstand sitzt Hermann-Josef Lamberti, 53, der das operative Geschäft und das Personalwesen leitet. Neuestes Mitglied im Führungsgremium ist Stefan Krause, 46, der mitten in der Finanzkrise im fliegenden Wechsel das Finanzressort von Anthony di Iorio übernahm.

So wichtig die drei für den Erfolg sein mögen, das Geld verdienen oder verlieren andere für die Bank. Anshu Jain, 46, und Michael Cohrs, 52, zum Beispiel, die das Investmentbanking leiten, oder Rainer Neske, 44, der das Privatkundengeschäft führt.

Doch sie waren bisher ebensowenig im Vorstand vertreten wie Deutschlandchef Jürgen Fitschen, 60. Sie saßen im sogenannten Group Executive Committee (GEC), das deswegen als das wichtigere Führungsgremium in der Bank galt. Nun aber rücken sie in den Vorstand.

Maßgeschneidert für den Chef

Der Umbau hat natürlich mit der Finanzkrise zu tun. Angesichts des Desasters ist der Ruf nach mehr Kontrolle und Transparenz in den Banken laut geworden. Ein größerer Vorstand wird diesen Anforderungen besser gerecht. Während das GEC keiner direkten Kontrolle durch den Aufsichtsrat unterliegt, muss der Vorstand den Kontrolleuren Rechenschaft ablegen.

Noch wichtiger dürfte die Neuordnung der Führung aber mit Blick auf Ackermanns Nachfolge sein. Wie kein Bankchef vor ihm hatte er den Konzern dominiert. Als er 2002 die Spitze von Rolf Breuer übernahm, schlingerte die Deutsche Bank nahe der Verlustgrenze dahin, im ständigen Richtungsstreit zwischen Investmentbankern und Traditionalisten, Globalisierern und Nationalisten.

Ackermann entschied den Richtungsstreit zugunsten der Investmentbanker und Globalisierer, schaffte es aber, die verschiedenen Gruppierungen in der Bank wieder besser unter eine Klammer zu bringen. Um das zu erreichen, konzentrierte er die Macht stark auf sich.

Doch nun, da Ackermanns Abschied naht, ist da niemand, der diese Klammer wie er bilden könnte. Deshalb dürfte sein Nachfolger wieder eher ein Primus inter Pares sein. Börsig und Ackermann werten den Vorstand auf, damit der künftige Chef sichtbar von einem breiteren Führungsgremium unterstützt wird.

Manch einer hält sogar eine Doppelspitze für denkbar. So könne die Bank auch der Frage ausweichen, ob künftig ein Investmentbanker oder der Chef eines stabileren Geschäftsbereichs den Konzern führen soll. Fiel den Investmentbankern Jain und Cohrs bis 2007 dank der hohen Gewinne, die sie erzielten, fast natürlich die größte Macht im Konzern zu, haben nun Neske und Fitschen Oberwasser.

Den einen natürlichen Nachfolger Ackermanns gibt es nicht, heißt es in Bankenkreisen. Das Image der Investmentbanker ist angeschlagen. Zudem gilt heute mehr denn je, dass der künftige Chef deutsch sprechen sollte.

Alles scheint möglich

Kaum einer aber glaubt, dass ausgerechnet der jüngste Vorstand Neske das Rennen macht, Fitschen wiederum nähert sich bereits der Altersgrenze und wäre wohl nur ein Übergangskandidat. Finanzvorstand Krause ist noch nicht lange genug in der Bank, zumal der frühere BMW-Manager aus der Autobranche kommt.

Manch einem gilt daher Hugo Bänziger als plausibelster Kandidat, zumal ein Risikomanager in die Zeit passen könnte. Andererseits gilt der zweite Schweizer im Vorstand anders als Ackermann nicht als großer Stratege. Und so kursiert am Finanzplatz Frankfurt hartnäckig eine weitere Lösung: Immer wieder heißt es, Aufsichtsratschef Clemens Börsig könnte selbst für eine Übergangszeit den Chefposten übernehmen.

Alles scheint möglich, und eine Weile werden Börsig und Ackermann das Rennen sicher noch offen halten. Denn als Chef im Vorruhestand möchte der dominante Ackermann ausgerechnet in der Finanzkrise ganz sicher nicht gelten.

© SZ vom 17.03.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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