Abgeltungsteuer:Wer zu früh kommt, den bestraft der Kontostand

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Die Finanzbranche wirbt für Produkte gegen die Abgeltungsteuer - Verbraucherschützer warnen aber davor, unüberlegt abzuschließen.

Thomas Öchsner

Gut elf Monate noch, dann hat Deutschland eine neue Steuer: 2009 tritt die Abgeltungsteuer in Kraft. Viele Sparer suchen deshalb nach Anlagemöglichkeiten, um ihre Kapitalerträge möglichst vor dem Zugriff des Fiskus zu schützen. Die Finanzbranche hofft deshalb in diesem Jahr auf das ganz große Geschäft - mit Angeboten, die die Kunden vor der einheitlichen Pauschalsteuer in Höhe von 25 Prozent auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne verschonen sollen. Banken, Versicherungen und Finanzvertriebe haben bereits begonnen, für mehr oder weniger neue Steuersparprodukte zu werben. Doch Verbraucherschützer warnen davor, bei Geldanlage und Altersvorsorge nur auf die Besteuerung zu schauen.

Gebündelte Zehn-Euro-Banknoten: Viele Sparer suchen deshalb nach Anlagemöglichkeiten, um ihre Kapitalerträge möglichst vor dem Zugriff des Fiskus zu schützen. (Foto: Foto: dpa)

"In Deutschland ist der Steuerspartrieb stärker als der Fortpflanzungstrieb." Dieser Spruch des bayerischen Finanzministers Erwin Huber (CSU) mag übertrieben sein, ist für Finanzverkäufer aber nach wie vor ein Leitmotiv. "Erfahrungsgemäß sprechen die Leute hierzulande auf alles an, was mit Steuern zu tun hat", sagt Volker Pietsch, Chef des Deutschen Instituts für Anlegerschutz (Dias) in Berlin. Wer Finanzprodukte verkaufe, argumentiere daher gerne mit dem Steuersparargument. Das aber sollten Anleger prüfen - einige Fallbeispiele:

Private Rentenversicherungen: Die Anbieter locken bei solchen Verträgen mit dem Hinweis, dass die Versicherung die Erträge vollständig ohne Steuerabzug wieder anlegen kann. Hinzu kommt: Am Ende der Laufzeit wird bei der Auszahlung der monatlichen privaten Rente nur der Ertragsanteil besteuert. Dieser liegt für einen 65-jährigen Rentenempfänger bei 18 Prozent. Bei einer Privatrente von zum Beispiel 1000 Euro wären also 180 Euro die Basis für die Berechnung der Steuer, die vom persönlichen Steuersatz abhängt. Das ist auf den ersten Blick attraktiver als die Abgeltungsteuer. Trotzdem warnt Merten Larisch, Altersvorsorgeexperte der Verbraucherzentrale Bayern, vor einem voreiligen Abschluss. Er hält die Produkte für extrem unflexibel. Wer vorzeitig kündigen müsse, laufe Gefahr, von seinem Geld nur noch wenig wiederzusehen. Larisch hält es außerdem für problematisch, sich in jungen Jahren jahrzehntelang an einen Versicherer zu binden und auf dessen Solidität und gute Anlagepolitik quasi zu wetten. Der Experte sieht auch keinen Grund, sich jetzt schon auf ein Verrentungsmodell festzulegen. "Das kann ich zum Beispiel mit 63 Jahren auch noch tun", sagt der Verbraucherschützer.

Kapitallebensversicherungen: Diese Policen werden in der Regel auf einen Schlag ausbezahlt. Versteuern muss der Versicherte, der nach 2004 einen Vertrag abgeschlossen hat, aber immer nur die Hälfte der Erträge mit seinem persönlichen Steuersatz. Voraussetzung: Der Vertrag läuft mindestens zwölf Jahre, die Auszahlung erfolgt nach dem 60. Geburtstag. Derzeit liegt der maximale Steuersatz bei 45 Prozent, selbst ein Spitzenverdiener müsste also höchstens 22,50 Prozent zahlen. Larisch warnt davor, diesen Vorteil überzubewerten. Auch wer normalerweise keinen hohen Steuersatz habe, werde im Jahr der Auszahlung wahrscheinlich zum Spitzenverdiener und sei damit von den 25 Prozent Abgeltungsteuer nur noch wenig entfernt. Außerdem sollte der Kunde immer die Gegenrechnung aufmachen und sich die Frage stellen, ob die internen Kosten für einen Versicherungsvertrag und die mangelnde Flexibilität eine mögliche Steuerersparnis aufwiegen.

Dachfonds: Sie investieren in verschiedene andere Fonds und versuchen so, das Risiko für die Anleger zu reduzieren. Gerade bei diesen Produkten hofft die Fondsbranche nun auf einen Boom wegen der Abgeltungsteuer. Der Grund: Ein Fondsanleger, der sein Vermögen regelmäßig umschichtet, muss den Gewinn von 2009 an jedes Mal mit 25 Prozent zu versteuern. Der Manager eines Dachfonds kann dagegen umschichten, etwa wenn er einen Fonds für nicht mehr gut hält, ohne dass eine Steuerpflicht anfällt. Der Manager kann also mit dem vollen Kapital weiterarbeiten - und der Kunde vom Zinseszinseffekt profitieren. Für Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen, ist dieses Argument aber nicht kaufentscheidend. "Die meisten Fonds sind nicht besser als ihr Vergleichsindex, also etwa der Dax." Das gelte für Dachfonds erst recht, weil die Kosten hier tendenziell höher sind als bei anderen aktiv gemanagten Fonds. Gottschalk empfiehlt als Alternative - auch zu den Versicherungen - kostengünstige Indexfonds, die die Wertentwicklung eines Aktienindex oder Anleihenindex abbilden.

Riskante Beteiligungen: Anlegerschützer Pietsch befürchtet, dass in diesem Jahr verstärkt unseriöse Firmen Geldanlagen in Unternehmensbeteiligungen oder geschlossene Fonds mit dem Etikett "abgeltungsteuerfrei" anbieten. Er rät von solchen Angeboten ab. "Hier ist sogar ein Totalverlust des Geldes möglich." Die Abgeltungsteuer sei "kein Anlass für hektische Entscheidungen oder gar zum Aufkündigen bestehender Verträge", sagt Pietsch.

© SZ vom 08.01.2008/sma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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