Zum Ende von Windows XP:Gelingt die Wende?

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Mit Windows XP haben sich viele Nutzer arrangiert. Schafft es Microsoft nun endlich, ein schlankes, schönes und sauber dahinschnurrendes Betriebssystem auf den Markt zu bringen?

Helmut Martin-Jung

Seit diesem Montag verkauft Microsoft das Betriebssystem Windows XP nicht mehr - außer an Firmenkunden und PC-Hersteller. Händler können ebenfalls noch XP-Lizenzen verkaufen. XP gibt es darüber hinaus für rechenschwache Mini-Laptops. Im Grunde ist also fast alles wie vor dem Stichtag, und ob es wirklich dabei bleiben wird, dass von Ende Januar 2009 an auch die zahlreichen Ausnahmeregelungen enden, wird sich zeigen.

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Die Frage ist aber eigentlich eine andere. Wird es der Supertanker Microsoft schaffen, in einer eleganten Wende endlich ein schlankes, gutaussehendes und sauber dahinschnurrendes Betriebssystem auf den Markt zu bringen? Die Chancen dafür stehen nicht gut.

"Hat jemand entschieden, den Teil von Windows in die Tonne zu hauen, den man benutzen konnte?", fragt ein genervter PC-Besitzer in einer Mail an Microsoft-Spitzenangestellte. "Die Programmliste war früher ganz vernünftig, aber jetzt ist sie totaler Schrott. Aber damit fängt der Mist erst an. Ich bekomme Anzeigen wie Windows XP Hotfix siehe Q329048. Was ist Q329048?"

So geht es weiter bis zur Feststellung: "Was für ein Riesen-Saustall." Es ist ein Leichtes, in Internet-Foren ähnliche Beschwerden über Microsofts wichtigste Software zu finden. Die Google-Suche nach Windows und crap (Mist) liefert 13,6 Millionen Treffer. Was die Mail aus der Masse hebt, ist der Absender: Bill Gates, der sich am vergangenen Freitag aus seiner aktiven Rolle bei dem Konzern zurückzog.

Zu fett für schwache Rechner

Worüber sich der Gründer und Vordenker des Software-Konzerns im Januar 2003 so erregte, war Windows XP. Mit der Zeit arrangierten sich aber die meisten Nutzer mit dem neuen Windows, das der Technik-Experte und Blogger Jason Perlow mit einem "Golfprofi in seinen besten Jahren" vergleicht: "Es hat gelernt, wo seine Macken und seine Schwächen sind und wie es sie kompensieren kann", sagt Perlow über das im Masseneinsatz zurechtgeschliffene Betriebssystem.

Der XP-Nachfolger Vista aber ist auf dem besten Weg, zumindest die professionellen Nutzer zu vertreiben. Während das Apple-Betriebssystem OS X so modular aufgebaut ist, dass es in abgespeckter Form auch auf dem Multimedia-Handy iPhone läuft, sieht sich Microsoft gezwungen, für weniger leistungsstarke Geräte wie den Eee-PC von Asus weiter XP anzubieten.

Der Grund dafür liegt auf der Hand, oder vielmehr: er lastet darauf. Vista ist einfach zu fett. Schwächere Rechner kommen damit nicht in die Gänge, und die schlechte Nachricht ist: Nachfolger Windows 7 soll auf derselben Basis aufbauen, damit die alten Programme auch künftig laufen.

Dass es viele dieser Programme oft nur in einer Version für Windows gab, war für viele Nutzer der Hauptgrund, sich einen PC mit Windows-Betriebssystem anzuschaffen. Wer Mainstream-Spiele auf seinen PC laden will wie "Die Sims" oder die Fußball-Simulation "Fifa", für den kommt nur Windows in Frage - oder eine Spielekonsole. Geschuldet ist das der Dominanz von Windows. Die ist so groß, dass es sich für viele Anbieter nicht lohnt, Spiele auch für andere Betriebssysteme zu entwickeln. Ob das so bleiben wird, ist fraglich.

Noch gibt es auf dem Markt der Betriebssysteme keinen Firefox. Eine Software also, die schlanker und besser wäre als das Microsoft-Pendant, frei verfügbar und von jedem zu installieren und zu erweitern. Die jüngsten Linux-Versionen sind schon nahe dran, aber noch nicht so weit.

Apples Betriebssystem OS X muss man hacken, um es auf anderen als von Apple vorgesehenen Rechnern einzurichten. Vielleicht aber erübrigt sich die Diskussion in ein paar Jahren sowieso. Dann wird die Mehrzahl der Rechner so schnell sein, dass sie Betriebssysteme virtuell nachahmen kann - ganz egal, welches Betriebssystem im Inneren tickt.

© SZ vom 1.7.2008/mri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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