Zukunft der Computergrafik:Den Lichtstrahlen auf der Spur

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Dreidimensionale Objekte in Computerspielen sollen bald noch realistischer werden - Forscher in Saarbrücken arbeiten an neuen Darstellungsverfahren in Echtzeit.

Helmut Martin-Jung

Die virtuelle Kamera fährt auf die Nase des Passagierflugzeugs zu, schwenkt dann ab in Richtung eines der Triebwerke. Taucht ein in das Gewirr aus Metallteilen, Kabelbäumen und Schläuchen, verfolgt eine Leitung bis zu einer Schelle, die von einer Schraube und einer Mutter gehalten wird.

Noch brauchen Computer viel zu lang, um Bilder mit zahllosen Details wie dieses darzustellen - für ultrarealistische Spiele müsste das in Echtzeit geschehen. (Foto: Foto: Universität des Saarlandes, Computergrafik)

Bildschirmfüllend sind die nur zentimetergroßen Bauteile zu sehen, physikalisch korrekt dargestellt, egal von welcher Perspektive man sie auch betrachtet. Möglich macht das eine Technik namens Ray-tracing. Flugzeug- oder Autobauer nutzen bereits seit Jahren eine Software, die inTrace, eine Ausgründung des Saarbrücker Lehrstuhls für Computergrafik, entwickelt hat.

Wenige Programmzeilen, viel Grafik

Nun zeigten die Saarbrücker auf der Cebit die nächste Stufe: wie Ray-tracing bald auch die virtuellen Umgebungen in Computerspielen realistischer gestalten könnte.

Für jeden Bildpunkt wird beim Ray-tracing ein imaginärer Lichtstrahl (ray) durch den dreidimensionalen Raum geschickt und verfolgt (tracing), wie sich der Strahl aus der Sicht eines Beobachters verhält: Wird er von den Gegenständen im Raum reflektiert, ist die Reflexion eher diffus oder spiegelartig, wohin werden die Strahlen gelenkt?

Die Algorithmen zur Berechnung der Strahlengänge an sich umfassen nur wenige Programmzeilen. Das Problem war bisher, dass realistisch aussehende dreidimensionale Räume für den Computer aus gigantischen Mengen an Vielecken (Polygonen) aufgebaut sind. Die Berechnungen etwa für Spiele, bei denen die Akteure sich in Echtzeit frei im Raum bewegen können, dauerten deshalb zu lange.

Ruckelfreie Bilder auf der Cebit

Mit neuen Algorithmen und anderen Anpassungen gelang es den Saarbrücker Computergrafikern nun erstmals, die mittlerweile enorm angestiegenen Rechenleistungen von Grafikprozessoren zu nutzen. Grafikprozessoren stecken auf Erweiterungskarten und arbeiten unabhängig vom Hauptprozessor des Computers.

Philipp Slusallek, Professor für Computergrafik in Saarbrücken, zeigte auf der Cebit einen noch eher einfach gehaltenen dreidimensionalen Raum, durch den man sich in Echtzeit bewegen konnte. Schon dabei muss der Grafikprozessor die Lichtverhältnisse von 90 mal 10 hoch 12 Dreiecken berechnen, schafft dies aber so schnell, dass das Bild nicht ruckelt.

Mit dem Computer-Giganten IBM, der maßgeblich am Mehrkernprozessor Cell für Sonys Playstation 3 mitgearbeitet hatte, wird inTrace die Möglichkeiten ausloten, die in der Ray-tracing-Technik für die Spieleindustrie stecken. Schon jetzt ermöglicht sie, aus den Konstruktionsdaten, die ohnehin in EDV-tauglicher Form vorliegen, das fertige Produkt, etwa ein Auto, darzustellen, inklusive kleinster Reflexionen auf dem Lack und mit Einblicken ins Innere des Motors. Solche Präzision werden bald auch Spiele bieten, glaubt Slusallek: "In einigen Jahren wird Ray-tracing die Szene beherrschen."

© SZ vom 21.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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