Windows7-Betaversion:Frühe Ablösung für Vista

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Heute veröffentlicht Microsoft die lang erwartete Vorabversion von Windows7. Erste Tests des Vista-Nachfolgers fallen positiv aus.

Helmut Martin-Jung

Selten war der Start eines mit Spannung erwarteten und mit allen Mitteln der Werbung hochgejazzten neuen Produkts so schiefgegangen: Das Betriebssystem Windows Vista, der im Januar 2007 vorgestellte Nachfolger von Windows XP, brachte dem weltgrößten Softwarekonzern Microsoft jede Menge Ärger ein, und bis heute verkauft sich Vista schlecht. Zum einen ist das Betriebssystem schlicht zu üppig geraten, um es auf kleineren Rechnern wie den zurzeit beliebten Mini-Laptops laufen zu lassen. Zum anderen befanden es Hersteller von Druckern und anderen Peripherie-Geräten nicht für nötig, ihre Software schon zum Verkaufsbeginn von Vista an das neue Betriebsystem anzupassen.

Window7: Die durchsichtigen Leisten kennen Vista-Nutzer von der Aero-Oberfläche. (Foto: Screenshot: Sueddeutsche.de)

Hinzu kam: Viele Nutzer wollen auch einfach lieber auf die übernächste Windows-Version warten, weil sie sich mit Vista nicht anfreunden können. So wie es nun aussieht, wird diese Wartezeit kürzer als gedacht sein, und jeder, der es sich zutraut, kann von diesem Freitag an das neue Windows schon einmal als praktisch ausgereifte Testversion vor dem eigentlichen Verkaufsstart ausprobieren: Die "Beta-Version" von Windows7, wie das neue Betriebssystem schlicht heißt, steht kostenlos zum Herunterladen bereit.

Aufgeräumte Benutzeroberfläche

Was das neue Windows vor allem auszeichnet, wird bereits deutlich, wenn man es installiert. Auf einem neueren Rechner dauert es nur rund 20 Minuten, bis sich Windows7 betriebsbereit meldet. Wo Vista mit ständigen Nachfragen, mit einem Gewimmel von Meldungen in der Taskleiste am unteren rechten Bildschirmrand nervt, läuft Windows7 einfach ruhig dahin. Die auffälligsten Veränderungen betreffen die Benutzeroberfläche. Nicht nur bietet Windows7 mehr Möglichkeiten, deren Gestalt mehr als bisher den persönlichen Vorlieben anzupassen. Es lässt sich - entsprechend ausgerüstete Bildschirme vorausgesetzt - auch mit den Fingern bedienen.

Man werde Tastatur und Maus zwar weiter einsetzen, wo es sinnvoll sei, sagte Microsoft-Chef Steve Ballmer an diesem Donnerstag auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas, aber es würden auch verstärkt "natürliche Eingabemethoden" wie die menschliche Stimme oder eben berührungsempfindliche Bildschirme dazukommen. Manche Tätigkeiten am Computer, etwa das Surfen im Internet oder das Blättern in Text-Dokumenten, kann das tatsächlich erleichtern.

Der Computerhersteller HP bietet bereits einen PC an, der in einem großen berührungsempfindlichen Monitor steckt. Damit zu arbeiten, erinnert an das iPhone von Apple - nur mit einem großen Bildschirm. Die Taskleiste am unteren Bildschirmrand von Windows7 schließlich zeigt nicht nur verkleinerte Vorschaubilder der Programme an, sondern öffnet auf Wunsch auch eine Liste der zuletzt geöffneten Dateien - was viel nervige Sucherei ersparen kann.

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Kürzere Installation, geringerer Energieverbrauch

Viele Neuerungen verbergen sich jedoch in den Tiefen des Betriebssystems. Windows7 geht mit den Ressourcen des Computers erheblich schonender um als Vista. So ließ sich das neue Windows beispielsweise auf einem drei Jahre alten Rechner mit einem nicht besonders schnellen Prozessor und nur 768 Megabyte Hauptspeicher nicht nur problemlos in weniger als einer halben Stunde installieren. Es läuft dort auch flüssig. Weniger hungrig zeigt sich Windows7 auch in punkto Energie. Laptops können damit länger ohne Steckdose durchhalten als wenn sie Vista befeuern müssen.

Windows7 - das betonte Steve Ballmer in seiner Rede von Las Vegas ausdrücklich - erhebt den Anspruch, das Zentrum einer Trias aus Computer, Handy und Fernsehgerät zu sein, die miteinander verbunden wird durch das Internet.

Konkret sieht das zum Beispiel so aus, dass Windows7 schon bei der Installation vorschlägt, ein Heimnetz einzurichten. In dieses können sich beispielsweise Familienmitglieder einklinken, wenn sie am Wochenende ihren Laptop aus dem Büro nach Hause mitbringen. Dateien aus dem Heimnetz lassen sich auf Fernsehgeräten (mit Netzwerkanschluss) anzeigen oder aber aus der Ferne über das Internet abrufen. So einfach verstehen sich aber nur Rechner, auf denen jeweils Windows7 läuft; ältere Windows-Versionen - und die Konkurrenz sowieso - sind von dieser Vernetzung ausgeschlossen.

Vereinfachte Gerätekonfiguration

Erheblich vereinfacht wurde auch die Inbetriebnahme neuer Geräte wie zum Beispiel eines Multifunktionsdruckers, der nicht bloß drucken, sondern auch scannen und kopieren kann. Auf einer grafisch dargestellten "Bühne" können die Hersteller dieser Geräte dem Nutzer alle Einstellungsmöglichkeiten ihrer Maschinen zur Konfiguration anbieten. Auch wenn verbesserte Software für die Geräte zur Verfügung steht, kann das dort angezeigt werden.

In der Fachwelt hat das neue Windows überwiegend Lob geerntet. Dass Microsoft die Vorabversion der Software bereits jetzt der Allgemeinheit präsentiert, ist ein Indiz dafür, dass Microsoft beabsichtigt, das neue Betriebssystem noch in diesem Jahr und damit früher als zum einst angekündigten Starttermin im Jahr 2010 auf den Markt zu bringen. Die vielen geplagten Vista-Anwender werden es kaum erwarten können.

© SZ vom 09.01.2009/tess - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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