Streit um Manipulationen:Das Kreuz mit dem Computer

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Der Chaos Computer Club beanstandet bei der Hessenwahl gravierende Probleme beim Einsatz der Wahlcomputer. Der Landeswahlleiter widerspricht.

Mirjam Hauck

Die umstrittenen Wahlcomputer, die am Sonntag bei der hessischen Landtagswahl erstmals zum Einsatz kamen, sorgen weiterhin für Diskussionen. Nach Beobachtungen des Chaos Computer Clubs (CCC) kam es zu gravierenden Problemen und Unregelmäßigkeiten mit den Wahlcomputern. In mindestens einer Gemeinde seien die Computer über Nacht in den Privatwohnungen von Parteimitgliedern gelagert worden, erklärte die Organisation in der Nacht zum Montag.

Weiterhin umstritten: Wahlcomputer in Hessen. (Foto: Foto: ddp)

Dies sei "gängige Praxis", bestätigten Mitarbeiter des Ordnungsamtes den Wahlbeobachtern des CCC. So seien alle neun Wahlcomputer der Gemeinde Niedernhausen in privaten Wohnungen aufbewahrt worden.

"Die Lagerung der Wahlcomputer über Nacht zu Hause bei Lokalpolitikern ist das Albtraum-Szenario für eine Innentäter-Manipulation, auch nach der Logik des hessischen Innenministeriums. So etwas haben selbst wir uns nicht vorstellen können", sagte der Sprecher des Chaos Computer Club, Dirk Engling.

In zwei Wahllokalen waren Wahlbeobachter des CCC den Angaben zufolge für längere Zeit alleine mit den bereits angelieferten Wahlcomputern, bevor der Wahlvorstand eintraf. Manipulationen hätten problemlos vorgenommen werden können. In mindestens einem Wahllokal habe die sogenannte NEDAP-Technik versagt: Ein Wahlcomputer in Viernheim habe nach Inbetriebnahme um kurz vor 8.00 Uhr nur eine Fehlermeldung angezeigt. Eine normale Wahl sei somit unmöglich gewesen. Erst nach einer Stunde sei ein Ersatzcomputer im Wahllokal eingetroffen. In dieser Zeit hätten viele Wähler ihr Wahlrecht nicht ausüben können.

Hilfestellung bei der Stimmabgabe

Die Beobachtungen von mehr als 50 Wahlbeobachtern des CCC hätten weiterhin ergeben, dass ein großer Teil der älteren Wähler Probleme hatte, die Stimme an den Computern abzugeben. Viele seien so überfordert gewesen, dass Wahlhelfer ihnen bei der Stimmabgabe Hilfestellung hätten geben müssen.

Der hessische Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel hält den Einsatz der Wahlcomputer bei der gestrigen Landtagswahl für unproblematisch. "Es ist nicht zu Manipulationen gekommen", sagte er zu sueddeutsche.de. "Die Ergebnisse in den Wahllokalen, in denen per Computer abgestimmt wurde, liegen voll im Trend. Laut den Wahlgerätegegnern hätte Roland Koch dort hohe Gewinne einfahren müssen, das ist aber nicht passiert."

Dass die Wahlcomputer in einem Fall in einem Privathaushalt gelagert worden seien, findet Hannappel aber durchaus fragwürdig. "Das ist in der Tat ein Problem. Das darf nicht wieder vorkommen".

Ein anderes Argument der Wahlcomputer-Gegner hält er dagegen für falsch: "Ich war am Sonntag selbst vor Ort in zwei Wahllokalen, in denen per Computer gewählt wurde. Das dort, wie gerne behauptet wird, ältere Menschen Probleme bei der Stimmabgabe hatten, konnte ich nicht feststellen."

Wolfgang Hannappel glaubt nicht, dass ein Einspruch gegen die Wahl, wie es der Chaos Computer Club bereits im Vorfeld angekündigt hat, Erfolg haben wird. "Der Einspruch ist legitim, aber ich sehe keine Anhaltspunkte, die auf eine Manipulation hinweisen.

Ob bei der nächsten Landtagswahl wieder Computer zum Einsatz kommen, mag Hannappel nicht vorhersagen. "Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit von Wahlcomputern steht noch aus. Dann werden wir wissen, ob wir die elektronischen Wahlhelfer weiterhin verwenden können."

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