Neuer Browser von Google:Chrome. Schlicht. Schnell.

Lesezeit: 3 min

Schon mit der Betaversion seines Browsers Chrome hat Google gehalten, was die Entwickler versprochen haben: Es surft sich schnell, einfach und ohne Schnickschnack.

Verena Wolff

Schlicht, aber ziemlich ergreifend ist das neue Machwerk von Google. Schlicht - das kennt man schon. Denn auch auf der Seite der Suchmaschine ist kaum Firlefanz. Eine weiße Seite, ein buntes Logo und das, worauf es ankommt: die Suchmaske.

So sieht er aus - der neue Browser von Google. (Foto: Foto: AP)

So sieht es dann auch aus beim neuen Browser von Google: Chrome. Installiert in Sekundenschnelle. Tatsächlich. Nicht nur nach den Angaben des Unternehmens aus dem Silicon Valley. Wer einen Mac nutzt oder Linux als Betriebssystem hat, schaut derzeit noch in die Röhre - denn aktuell gibt es nur eine Version für Windows XP und Vista. Das ist die Betaversion, die zum Testen am Dienstagabend um kurz nach 21 Uhr in 100 Ländern auf der Welt freigeschaltet wurde.

Auf der Überholspur

Die Schnelligkeit beeindruckt - denn sie ist das erste, was auffällt. Sie begeistert auch die Blogger, die gespannt auf die Browser-Konkurrenz für Microsoft gewartet haben. "Google Chrome ist nicht nur einer der schnellsten Browser, die ich jemals benutzt habe - sondern sicher auch einer der besten", schreibt etwa Don Reisinger auf TechCrunch.

486 Kilobyte - größer ist das Programm nicht. Schnell und einfach also funktionieren das Herunterladen und die Installation. Und dann geht's auch schon los: Schneller surfen auf nahezu leeren Seiten. Das Wichtigste sind die Tabs - also die einzelnen Registerkarten, auf denen sich immer neue Seiten öffnen lassen. Die funktionieren unabhängig voneinander - und genau das ist ein großer Vorteil: Denn wenn ein Tab abstürzte, war bislang die gesamte Sitzung verloren. Anders bei Chrome: Muss ein Tab geschlossen werden, funktionieren die anderen weiterhin.

Fenster zum Netz

Ebenfalls sinnvoll: Neue Seiten werden neben denen geöffnet, von wo aus sie angeklickt wurden - und nicht am Ende der gesamten Leiste. Und die Tabs funktionieren auch jenseits des Browsers - sie können nämlich als eigenes Fenster auf den Desktop gezogen werden - oder aus einem eigenen Fenster in eines, in dem schon verschiedene Reiter geöffnet sind.

Auch kann etwa die Startseite des Mailproviders auf den Desktop, ins Startmenü oder auf die Anwendungsleiste gelegt werden - und dann ist genau das passiert, was immer wieder als Hintergrund der "Chrome"-Offensive von Google genannt wurde: die Grenzen zwischen Internetanwendungen und klassischer Software verschwimmen zu lassen. Die Entwickler haben zudem die sogenannte Gear-Platform integriert, die Usern das Arbeiten an netzbasierten Anwendungen auch offline ermöglicht.

Und dann gibt es da noch die Omnibox - die Verbindung des Browsers und der Suchmaschine. Wer in das Adressfenster ein paar Buchstaben eingibt, wird mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen versorgt. Sowohl von Seiten, die als Favoriten erkannt wurden und immer wieder besucht werden, als auch von Seiten, die die Suchmaschine im Programm hat und als Möglichkeiten offeriert. Diese Funktion ist vor allem angenehm, wenn man Chrome über eine längere Zeit nutzt - denn das Programm merkt sich alles und lernt. Schnell.

Die Frage nach dem Datenschutz

Hier allerdings könnten alle aufhorchen, die ohnehin kritisch zu Google stehen - denn diese Funktion könnte nicht laufen, wenn nicht Daten über das Userverhalten gesammelt würden. Und genau dafür ist das Unternehmen ebenso berühmt wie berüchtigt. Die aufgerufenen Seiten werden analysiert und ins Protokoll aufgenommen - allerdings nur auf ein lokales auf dem Rechner des Nutzers, wie Google versichert. Und: Google hat einen Modus eingebaut, mit dem es sich angeblich anonym surfen lässt. Als "Porn mode" bezeichnen manche Blogger dies.

Google hat mit seinem Browser nicht nur eine aufgeräumte Seite im Angebot - das Unternehmen räumt auch mit so mancher Gewohnheit der Internet-Nutzer auf. Beispiel Lesezeichen: Sie werden nicht über die bislang bekannte Ansicht verwaltet, sondern über Stichworte. Dazu muss der Nutzer anderer Programme umdenken.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig: Öffnet man Chrome, zeigt das Fenster gleich die am meisten besuchten Seiten im Miniformat an - dadurch findet man oft besuchte Adressen ohne Umweg über die Adressleiste. Aber die findet eben nicht nur der Nutzer selbst, sondern auch all jene, die ihm dabei gegebenenfalls über die Schulter schauen.

Aufgeräumte Seite

Chrome hat also eine Menge Features in einem Browser vereint, die das Surfen vereinfachen und fixer machen. Viele dieser Eigenschaften gibt es schon - aber nicht in einem Browser. Und schon gar nicht in einem, der so schlicht daherkommt. Die New York Times bemerkt dazu spitz: "Chrome ist voller gescheiter Features, die von anderen Browser inspiriert scheinen. Oder ihnen weggerissen wurden."

Google hat mit Chrome noch etwas geschafft: Das Unternehmen hat einen Bedarf geweckt, von dem viele User noch gar nicht wussten, dass sie ihn hatten: Den Bedarf nach einem schnellen Browser, der ohne Schnörkel das Surfen erleichtert und - fast wie von virtueller Geisterhand - gelegentlich genau die richtige Hilfestellung leistet.

Ob sich der Browser gegen seine - zumindest dem Anschein nach - übermächtige Konkurrenz aus dem Hause Microsoft durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Der Internet Explorer kommt mit einer Version 8. Serienmäßig ist dieser Browser auf nahezu allen neuen Windows-PCs vorinstalliert. Apple rüstet seine Macs serienmäßig mit dem Safari-Browser aus. Und jetzt kommt Google.

© sueddeutsche.de/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: