Neue Online-Soap auf MySpace:"Bist du noch Jungfrau?"

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Mit der Online-Soap "They call us Candy Girls" will MySpace neue Nutzer auf die Seite locken. Das Ergebnis ist bizarr.

Mirjam Hauck

Eine Blondine im hellen kurzen Trenchcoat läuft durch die Berliner Nacht. Zielsicher steuert die Schöne einen Klub an - nur begleitetet von dem Satz "Ich muss da rein". An der Tür dient sich ihr ein öliger Österreicher an, vergeblich. Die Frau darf rein, er muss draußen bleiben: Der Kreuzberger "103 Club" ist eine "No-Servus-Zone".

Bei den Candy-Girls dreht sich alles um das Leben zwischen Dancefloor, Beziehungen, Liebe, Lügen und Großstadtszene. (Foto: Foto: Ben Wolf)

So beginnt die erste deutsche Websoap " They call us Candy-Girls", die seit Montag zweimal in der Woche auf MySpace läuft. Die Clips haben eine nutzerfreundliche Länge von maximal fünf Minuten.

Neben der blonden Clementine betreten Türsteherin Lola, Klubbesitzerin Soffy, und Barfrau Kira sowie ein lethargischer DJ und ein paar wild zuckende Tänzer die Szenerie. In den fünf Minuten der ersten Folge stellen sich die Twentysomethings allesamt vor - mit Dialogen wie "Bist du noch Jungfrau?" - "Wenn du mein Sternzeichen meinst". "Alles Scheiße" oder "Ich will hier keine Drogen."

"They call us Candy Girls" hat also alles, was eine vernünftige Soap an Themen und Themendarstellern braucht: Herz, Schmerz, einen Hauch Randgruppenproblematik und unterirdische Schauspieler.

"Neue TV-Dimension"

"Die Serie ist eine neue Form des TV-Konsums", sagt Joel Berger, Managing Director von MySpace Deutschland. "'They call us Candy Girls' ist nicht nur zeit- und ortsunabhängig, der MySpace-Nutzer kann die Soap auch vernetzt erleben." Alle vier Mädels haben selbstverständlich ihr eigenes MySpace-Profil.

Die Nutzer dürfen sie zu ihren "Freunden" hinzufügen und deren Videoblogs und Fotos einbinden. Auch Kommentare auf den Seiten sind erwünscht. Sie schwanken derzeit zwischen "coole erste Folge - gefällt mir!!!!!" und "ich find euch kacke".

Produziert werden die 20 Folgen der Online-Soap von Me, Myself & Eye Entertainment. Laut deren Leiter, Georg Remme, betritt MySpace mit der Serie gar "eine neue Dimension des TV-Entertainments". Ob die Candy Girls tatsächlich Raum und Zeit erweitern, ist fraglich.

Zumindest sind sie aber ein Versuch der Social Community, sich von rein usergenerierten Inhalten zu lösen. Die Wachstumszahlen der sozialen Netzwerke stagnieren, für MySpace ermittelte das Marktforschungsunternehmen Nielsen gar einen Reichweitenverlust.

Das Vorbild der deutschen Candy Girls sind die amerikanischen "Roommates". Auch hier werden vier junge Frauen in Szene gesetzt. Anders als Clementine, Lola, Soffy und Kira verbringen diese ihre Zeit nicht in einer zum Szeneklub aufgemotzten Disco, sondern in ihrem gemeinsamen Uni-Apartment. Offenbar ist das derart erbaulich, dass bereits die zweite Staffel zu sehen ist. Wenn die Berliner Gören genügend virtuelle Freunde finden, könnte sie dasselbe Schicksal ereilen.

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