Mozilla-Chef John Lilly:"Der Firefox ist besser"

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Mozilla-Chef John Lilly über die neue Google-Konkurrenz, das Sammeln von Nutzerdaten und warum es den Firefox nicht für das iPhone geben wird.

Mirjam Hauck

Auf der Web 2.0-Expo treffen sich derzeit die klügsten Köpfe der Internet-Branche. Einer davon ist John Lilly, Chef von Mozilla, der Firma, die mit dem Firefox den erfolgreichsten freien Browser entwickelt hat. Bei den Marktanteilen liegt er derzeit weltweit auf Platz 2 mit knapp 20 Prozent. Platzhirsch ist unangefochten der Internet Explorer mit 71 Prozent.

Mozilla-CEO John Lilly (Foto: Foto: Mozilla)

sueddeutsche.de: Herr Lilly, im September hat der Suchmaschinengigant Google Chrome auf den Markt gebracht. Wird der neue Browser Ihrem Firefox mittelfristig den Rang ablaufen?

John Lilly: Ich habe mich über die Konkurrenz gefreut. Es ist gut für das Web und für die Menschen, wenn so eine große Softwarefirma einen Browser veröffentlicht, der komplett Open Source ist. Aber nur weil die Firma Google heißt, bedeutet das nicht, dass Chrome automatisch viele Nutzer haben wird. Apple etwa hat mehr Geld im Hintergrund als Mozilla, dennoch ist der Safari nicht besonders weit verbreitet. Googles Chrome ist ein guter Browser. Aber Firefox ist besser.

sueddeutsche.de: Mozilla verdient das meiste Geld durch Kooperationen mit anderen Unternehmen - vor allem mit Suchmaschinen. 2006 waren das 61,5 Millionen US-Dollar. 85 Prozent davon hat ihnen Google überwiesen. Brechen Ihnen demnächst die Einnahmen weg?

Lilly: Wir haben mit Google gerade eine neue Vereinbarung unterschrieben, sie reicht bis in Jahr 2011. Und so lange unser Marktanteil weiter wächst und die Leute weiter Suchmaschinen nutzen, mache ich mir hier keine Sorgen. Aber natürlich werden wir andere Einkommensquellen ausbauen.

sueddeutsche.de: Welche werden das sein?

Lilly: Google ist nicht das einzige Unternehmen, mit dem wir zusammenarbeiten. Es gibt Amazon, Yahoo und andere regional bedeutende Suchmaschinen. Wir sind schon seit langem profitabel. Zudem sind wir nur ein kleines Projekt mit weltweit lediglich 200 Mitarbeitern. Wir müssen nicht so stark wachsen wie andere Firmen. Unsere Mission ist das offene Web.

sueddeutsche.de: Im Sommer haben Sie mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, dass Mozilla Nutzerdaten sammeln will.

Lilly: Ja, aber das verstehe ich nicht. Viele Websites sammeln Daten, aber die wenigsten sprechen darüber. Mein Ziel war es. eine Diskussion anzustoßen, was ein Unternehmen sammeln und veröffentlichen sollte. Wir sammeln keine persönlichen Daten. Was privat ist, muss privat bleiben. Aber wir haben beispielsweise statistische Daten wie Informationen über das Nutzungsverhalten in verschieden Ländern. Diese sind für uns und andere Firmen nützlich.

sueddeutsche.de: Hat Mozilla die Diskussion geschadet?

Lilly: Das schlimme ist ja, dass es gar keine wirkliche Diskussion gab. Die Reaktionen waren sehr einseitig. Überall hieß es nur wie schlecht und schrecklich das sei. Wir haben versucht, über das Datensammeln zu reden, andere machen es einfach. Leider hat das unserer Wahrnehmung geschadet, auch in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass wir diese wichtige Diskussion nicht weiter führen wollen.

sueddeutsche.de: Trotz der Proteste halten Sie an dem Thema fest?

Lilly. Viele unserer Lebensbereiche sind inzwischen online. Meine E-Mails sind online, meine Krankenakte ist online. Gerade deshalb ist der Schutz der Privatsphäre wichtig. Wir können es uns nicht leisten, nicht darüber zu diskutieren, wie wir mir diesen Daten umgehen sollen.

sueddeutsche.de: Ihr größter Konkurrent, der Microsoft-Browser Internet Explorer enthält in der Version 8 die Möglichkeit des Privat Browsing - der Nutzer kann die Spuren seines Surfverhaltens verwischen. Wann ziehen Sie nach?

Lilly: Die Version 3.1 wird viele neue Funktionen enthalten, unter anderem auch diese. Wir werden ihn im ersten Quartal 2009 herausbringen.

sueddeutsche.de: Das Mozilla-E-Mail-Programm Thunderbird hat Mozilla ausgelagert. Ist er Ihr ungeliebtes Kind?

Lilly: Nein. E-Mail-Programme sind einfach etwas anderes als Browser. Das eine richtet sich mehr an Unternehmen, das andere ist eine Plattform für alle, was sich in den Nutzerzahlen ausdrückt. Das sind einfach zwei ganz verschiedene Dinge, deshalb haben wir Thunderbird ausgelagert.

sueddeutsche.de: Auch den Kalender Sunbird entwickeln die Mozilla-Programmierer in einem Extra-Projekt. Warum machen Sie kein Rundum-sorglos-Paket wie Outlook, in dem der User alles auf einmal bekommt?

Lilly: Outlook ist nicht das, was der User möchte. Nur weil Outlook so einen großen Marktanteil hat, denken alle, E-Mail, Kalender und beispielsweise ein Datei-Manager gehören zusammen. Wenn man es historisch betrachtet ist die Kombination aber seltsam. Viele möchten das gar nicht. Für alle, die aber einen im E-Mail-Programm integrierten Kalender möchten, haben wir Lightning entwickelt. Dieses Kalender-Programm wird es zusammen mit der nächsten Thunderbird-Version geben. Wer das nicht möchte, kann den Thunderbird aber auch einzeln haben.

sueddeutsche.de: Viele Leute surfen heutzutage nicht mehr mit PC und Laptop. Mobile Geräte wie Handys oder Smartphones erobern immer größere Marktanteile. Wann kommt der mobile Firefox?

Lilly: Wir haben letzte Woche die erste Alpha-Version des mobilen Browsers Fennec veröffentlicht. Er läuft auf einer Nokia-Plattform.

sueddeutsche.de: Für das iPhone von Apple oder Googles Android wird es also keinen Firefox geben?

Lilly: Nein, wir entwickeln nicht für das iPhone, weil Apple dafür keine offene, sondern eine geschlossene Plattform entwickelt hat. Und Google nutzt Java. Das ist auch nichts für uns. Aber auch wir sehen die Zukunft im mobilen Web.

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