Linux:Der Pinguin-Bändiger

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Klaus Knopper hat eine Linux-CD entwickelt, die es auch Laien ermöglicht, das alternative Betriebssystem zu nutzen. Jetzt arbeitet er an einer Linux-CD für Sehbehinderte.

Helmut Martin-Jung

Es muss so etwas gewesen sein wie Liebe auf den ersten Blick. Bevor Klaus Knopper im Elektrotechnik-Studium zum ersten Mal mit vernetzten Rechnern in Kontakt kam, hatte er "mit Computern eigentlich gar nichts am Hut". Doch dann war er so fasziniert von den Möglichkeiten des Internet, dass er zwar sein Studium noch abschloss.

Knoppix-Erfinder Klaus Knopper (Foto: Foto: oH)

Seine Leidenschaft aber gehörte Programmen, die zum Herunterladen ins Netz gestellt werden und die jeder seinen Bedürfnissen entsprechend anpassen darf: Open Source Software. "Man ist Erfinder und will etwas verändern", beschreibt Knopper seine Motivation. Die freie Software sei "wie ein Baukasten, mit dem man alles zusammensetzen kann".

Zur Berühmtheit wurde der 39 Jahre alte Knopper aber erst mit "Knoppix". Das klingt wie der Name für einen Schokoriegel, einfach aufreißen und reinbeißen. Und ein wenig stimmt die Analogie sogar.

Vollwertiges Linux-System

Denn das Entscheidende an Knoppix ist, dass es in den vergangenen sieben Jahren radikal vereinfacht und populär gemacht hat, was davor überwiegend Computerspezialisten bekannt war: das alternative Betriebssystem Linux und die riesige Vielfalt an Open-Source-Programmen. Knopper packte es so auf eine CD, dass man damit ein vollwertiges Linux-System starten kann, ohne etwas darüber zu wissen und ohne den Computer, auf dem das geschieht, zu verändern.

Wie viele Millionen Computernutzer so erstmals mit Linux, dem Betriebssystem mit dem Pinguin als Maskottchen, in Berührung kamen, Knopper weiß es nicht. Sicher ist nur: Computerzeitschriften legen sie ihrem Heft bei, und derzeit laden etwa 23 000 Benutzer von seiner Webseite das Abbild der jüngsten Knoppix-CD herunter - pro Tag. Ständig erscheinen neue Versionen des Betriebssystems, das sich jeder kostenlos aus dem Internet herunterladen kann.

Wovon leben eigentlich die Menschen, die es programmieren? Viele sind bei großen Firmen wie IBM oder Sun Microsystems angestellt, die längst erkannt haben, welches Potential in der sogenannten freien oder Open-Source-Software steckt. Frei heißt hier aber nicht in erster Linie, dass dafür meist keine Nutzungsgebühr verlangt wird.

"Mit freier Software ist die Freiheit gemeint, die der Empfänger der Software erhält", sagt Knopper. Denn der dürfe die Software kopieren, weitergeben und verbessern, sofern er sich an eine Bedingung hält: Dass andere mit dem so entstehenden Produkt dasselbe tun dürfen.

Zum anderen schließt die Lizenzvereinbarung bei freier Software aber auch das Recht ein, mit der Software selbst sowie mit Dienstleistungen rund um diese Software Geld zu verdienen - und davon leben Klaus Knopper ebenso wie ganze Zweige von IT-Konzernen. An Knopper wenden sich etwa Firmen, die sich mit spezieller Software gegen Angriffe aus dem Internet schützen wollen oder die eine CD bestellen, mit der sich Mitarbeiter von jedem PC aus über eine verschlüsselte Verbindung ins Firmennetz einwählen können.

An der Fachhochschule Kaiserslautern, Standort Zweibrücken, unterrichtet Knopper zudem einen Tag pro Woche Programmiersprachen, Software-Technik und Software-Engineering. Dabei lässt er seine Studenten auch Roboter programmieren, die sich dann in einer Arena beweisen müssen. "Auch dort verschafft mir Open Source einen Vorteil", sagt Knopper. "Ich muss weniger Geld für Software ausgeben und kann den Studenten eine DVD in die Hand drücken mit der kompletten Software, die sie für meine Fächer brauchen."

Anderer Umgang mit Kritik

An proprietärer Software, Programmen also, deren ursprünglicher Code vom Hersteller nicht veröffentlicht wird, stören ihn nicht nur die Nutzungsgebühren und die fehlende Möglichkeit, den Code auf seine eigenen Bedürfnisse hin anzupassen. Knopper: "Bei nicht quelloffener Software kann man nie wissen, wer noch Zugriff auf den Rechner hat." Außerdem garantiere auch der oft hohe Preis keine Fehlerfreiheit. Bei Open Source werde mit Kritik anders umgegangen: "Fehler schnell zu beheben und die Software immer weiter zu perfektionieren, ist Motivation und Herausforderung".

Knopper ist sich sicher, dass viele Open-Source-Produkte "längst schon besser funktionieren als herstellerspezifische Anwendungen". In vielen Geräten wie Zugriffspunkten für drahtloses Internet oder digitalen Videorekordern arbeite längst Linux. Das Bewusstsein, dass eine Software, die weniger kostet, trotzdem leistungsfähiger sein kann, sei aber noch nicht überall vorhanden, glaubt er.

Knopper und seine Frau probieren derzeit etwas anderes aus: Adriane Knopper ist blind, so arbeiten sie an einer Linux-CD, die es Sehbehinderten ermöglichen soll, Computer ohne spezielle Hardware wie einen Taster für Braille-Schrift zu nutzen. "Das hat meiner Frau ganz neue Möglichkeiten im Internet eröffnet".

© SZ vom 16.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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