Internet-Zeitung:Die Macht im Netz

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Arianna Huffington hat ihre linksliberale Internet-Zeitung in drei Jahren zu einem der einflussreichsten Medien in den USA gemacht - und zu einer Meinungsmacht im US-Wahlkampf.

Nikolaus Piper

Das Internet ändert die Spielregeln der Politik. Noch nie ist das so deutlich geworden wie während dieses Präsidentschaftswahlkampfes in den Vereinigten Staaten. Internet-Kolumnisten, sogenannte Blogger, umgehen die traditionellen Medien und mischen die Politik mit Meinungen, Gerüchten und Nachrichten auf.

Sie ist die derzeit einflussreichste Bloggerin Amerikas: Arianna Huffington. (Foto: Foto: AFP)

Die derzeit einflussreichste der Bloggerinnen Amerikas heißt Arianna Huffington. Ihr 2005 gegründeter Internet-Auftritt The Huffington Post ist in nur drei Jahren zum meistgeklickten politischen Blog Amerikas geworden: Mit 3,7 Millionen Besucher schlug Huffington im Februar erstmals das konservative Konkurrenz vom Drudge Report. Über ihre Meinung lässt die 57-Jährige niemandem in Zweifel: Die Huffington Post kämpft gegen George W. Bush und dafür, dass Obama Präsident wird. In dieser Woche zum Beispiel grub die Post eine alte Skandalpredigt des konservativen Predigers John Hagee aus, der den Republikaner John McCain unterstützt. Hagee hatte behauptet, dass Hitler in Gottes Auftrag gehandelt habe, weil der Holocaust zur Gründung Israels führte.

Solche Nachrichten können die Dynamik eines Wahlkampfs ändern. "Das Internet demokratisiert die Macht," sagte Huffington einmal in einem Interview. In ihrem Leben musste sich die Medien-Unternehmerin mehrmals neu erfinden.

Gebürtige Griechin

Geboren wurde sie 1950 als Arianna Stassinopoulos in Athen. Nach dem Putsch der griechischen Obristen 1967 wanderte die Familie nach London aus. Ihre Eltern trennten sich, weil die Mutter die vielen Affären ihres Mannes nicht mehr akzeptieren wollte. Diese Trennung sei eine der prägenden Erfahrungen ihres Lebens gewesen, sagte die Tochter später. Sie studierte Ökonomie in Cambridge und baute sich eine Karriere als Autorin und Journalistin auf. Lange lebte sie mit dem angesehenen britischen Journalisten Bernard Levin zusammen - "die große Liebe meines Lebens", wie sie bekannte. Sie trennte sich von Levin 1980, angeblich weil er sie nicht heiraten wollte, und ging nach Amerika. In Kalifornien engagierte sie sich erst beim linken Flügel der Demokraten und geriet dann unter den Einfluss von Roger Hinkins, dem umstrittenen Gründer der "Bewegung für innere seelische Aufmerksamkeit", einer esoterischen Sekte.

1985 lernte sie den Millionär Michael Huffington kennen, einen Konservativen. Die beiden heirateten und aus Arianna Stassinopoulos wurde Frau Huffington. Ergebnis der Ehe waren zwei Töchter, außerdem ein Flirt mit der politischen Rechten. Unter anderem arbeitete sie mit Newt Gingrich, dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, an dessen Plan, die staatliche Sozialhilfe abzuschaffen und durch ein Netz religiöser Fürsorgeeinrichtungen zu ersetzen.

1997 wurde die Ehe der Huffingtons geschieden, ein Jahr später bekannte Michael Huffington, dass er bisexuell ist. Arianna erfand sich noch einmal neu und wurde zur "linken Populistin", wie sie selbst sagt. Sie kämpfte gegen George Bush und den Krieg im Irak. 2003 kandidierte sie als Unabhängige für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien, wobei sie sich als ökologische Alternative zu Arnold Schwarzenegger profilierte.

"Die Zunkunt des Nachrichtengeschäfts"

Eine Woche vor dem Wahltermin gab sie das aussichtslose Rennen auf. Zwei Jahre später startete die Huffington Post. Wer die Internetseite www.huffingtonpost.com öffnet, fühlt sich an den Auftritt einer normalen Zeitung erinnert, und das ist durchaus Absicht: Die Huffington Post soll eine "Internet-Zeitung" sein. "Wir sind die Zukunft des Nachrichtengeschäfts", sagt die Gründerin. Es gibt richtige Ressorts: Politik, Wirtschaft und Unterhaltung; im nächsten Jahr sollen Lokalberichte aus einigen Metropolen dazukommen. Die Post wird von einem 43-köpfigen Team im schicken Manhattaner Stadtteil SoHo gemacht; Leiterin ist die Medienmanagerin Betsy Morgan, die Huffington im Oktober vom Fernsehsender CBS abwarb. Den Inhalt liefern meist unzählige "Bürger-Journalisten". So werden die Blogger oft bezeichnet, wenn sie ihre Meinung ohne Honorar und professionelle Ausbildung im Schreiben auf die Seiten stellen. Allerdings findet sich unter den Bloggern auch einige Prominenz, Ex-Senator Gary Hart etwa oder die Schriftstellerin Erica Jong.

Seele des Geschäfts ist die Gründerin selbst. Arianna Huffington fungiert als Chefredakteurin, Bloggerin und Markenzeichen. Mit ihrem rotblonden Schopf und dem markanten griechischen Akzent erinnerte sie einen New Yorker Journalisten einmal an die ungarisch-amerikanische Schauspielerin Zsa Zsa Gabor. Geschäftlich ist die Huffington Post ein voller Erfolg. Die Internet-Zeitung, die sich ausschließlich durch Werbung finanziert, war vom Start an profitabel. Bei einem Verkauf würde die Post nach Schätzungen 200 Millionen Dollar erlösen.

© SZ vom 23.05.2008/sam - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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