Internet-Tauschbörsen:Eine Welle von Strafanzeigen

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Bisher hat die Software-Industrie dem Tausch ihrer Programme über Netzwerke tatenlos zugesehen. Nun geht sie in die Offensive: 20.000 Tauschbörsen-Nutzer erreicht in den nächsten Tagen Post von der Staatsanwaltschaft.

Alexander Stirn

Zehntausende Nutzer von Internet-Tauschbörsen müssen damit rechnen, demnächst Post von der Staatsanwaltschaft zu bekommen. Ihnen wird vorgeworfen, Software zum Download bereitgestellt und damit gegen das Urheberrecht verstoßen zu haben.

Softwarefirmen setzen sich gegen Nutzer von Tauschbörsen zur Wehr. (Foto: Foto: ddp)

Bislang hatte die Softwareindustrie dem Tausch ihrer Programme über Netzwerke wie eDonkey und Kazaa tatenlos zugesehen, nun geht sie in die Offensive. "Der Schaden, der durch Dateitausch entsteht, ist immens - das können wir uns auf die Dauer nicht gefallen lassen", sagt Dirk Hassinger, Vertriebsleiter des Karlsruher Spieleherstellers Zuxxez.

Rund 13700 Kopien des Zuxxez-Strategiespiels "Earth 2160" standen zuletzt in den Internet-Tauschbörsen zum Download bereit. Entsprechend viele Strafanzeigen hat die Firma gestellt - zunächst gegen Unbekannt.

Daten zur Strafverfolgung aufbereitet

Denn die Anbieter der Programme sind nicht so einfach zu ermitteln. Wer sich ins Internet einwählt, ist dort nicht unter dem eigenen Namen unterwegs. Vielmehr bekommt von seinem Provider eine so genannte IP-Adresse zugeteilt, ein bis zu zwölf Ziffern langes Kennzeichen, das bei allen Aktionen im Netz protokolliert wird.

Um zumindest die IP-Adressen der Tauschbörsen-Nutzer zu ermitteln, hat Zuxxez die Schweizer Firma Logistep eingeschaltet: Das Unternehmen überwacht nach eigenen Angaben "kontinuierlich" den Datenverkehr in Tauschbörsen. Dabei werde protokolliert "welche Inhalte über welchen Zeitraum und mit welcher IP" geladen werden. Anschließend würden die Daten zur Strafverfolgung aufbereitet und an Anwaltskanzleien weitergegeben.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Karlsruhe musste inzwischen eine eigene Ermittlungsgruppe einrichten. Mehrere Staatsanwälte und Kriminalbeamte versuchen dort, der Anzeigenflut Herr zu werden, sagt Oliver Walter, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Insgesamt 20000 IP-Adressen lägen den Beamten vor, derzeit würden bei den Providern die zugehörigen Namen ermittelt.

Schadensersatzfordeungen

Die Anzeigen betreffen daher offenbar verschiedene Angebote aus Tauschbörsen. "Zahlreiche Verfahren sind bereits eingeleitet worden", sagt Walter. Meist werde den Tauschbörsen-Nutzern angeboten, das Verfahren gegen Zahlung einer nicht näher genannten Geldsumme einzustellen - wovon die Beschuldigten in der großen Mehrheit der Fälle Gebrauch gemacht hätten. Ihre Zahl habe die "Grenze zum dreistelligen Bereich" erreicht.

Wer auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht reagiert, muss damit rechnen, Post vom Zuxxez-Anwalt zu bekommen: Die Tauschbörsen-Nutzer sollen sich demnach bei Androhung einer Strafe verpflichten, das Programm nicht weiter anzubieten. Und sie sollen 153,80 Euro an Schadenersatz zahlen - 50 Euro für das Programm, der Rest für den Anwalt.

Auf Forderungen in Höhe von 10000 Euro und mehr, wie sie die Musikindustrie in vergleichbaren Fällen von ertappten Nutzern fordert, habe man bewusst verzichtet, sagt Dirk Hassinger. "Wir wollen unsere Kunden nicht verschrecken, wir wollen ihnen höchstens einen Denkzettel verpassen."

Weitere Entwickler erstatten Strafanzeige

Hassinger ist überzeugt, dass etwa 50 Prozent der Tauschbörsen-Nutzer minderjährig sind. "Wenn die überraschten Eltern einen Anhörungsbogen von der Staatsanwaltschaft bekommen und mit ihren Kindern ein ernstes Wort reden, ist das völlig ausreichend." Nachdem sich die Karlsruher Aktion im Netz herumgesprochen hatte, sei die Zahl der "Earth 2160"-Quellen in Deutschland von 13700 auf unter 100 gesunken.

Zuxxez steht damit nicht allein. Auch andere Spieleentwickler wollen verstärkt gegen die Nutzer von Tauschbörsen vorgehen. Die Firma CDV, ebenfalls aus Karlsruhe, hat angekündigt, zusammen mit Logistep Verstöße gegen das Urheberrecht zu ermitteln.

Ob ein Teil der in Karlsruhe anhängigen Verfahren auf CDV zurückgeht, wollte die Firma am Montag nicht bestätigen. Staatsanwalts-Sprecher Walter sagte allerdings ein, dass es neben Zuxxez weitere Inhaber von Urheberrechten gebe, die Strafanzeige erstattet hätten - "wenn auch noch nicht in dem Ausmaß".

© SZ vom 13.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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